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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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Finger.
    Will nahm Scooter auf den Arm, dann setzte er sich mit Scooter auf den Lehnstuhl. »Joy, Schatz, wasch das mal ab«, sagte er und reichte ihr die Puppe.
    »Bibo!«, heulte Scooter.
    Joy war eiligst wieder da, verdrehte hinter Wills Rücken die Augen und küsste ihren kichernden Sohn auf die Wange.
    »He, Miss Tally«, sagte Will. »Wie wäre es mit einem Stück Rhabarberkuchen? Hab ihn selbst gemacht. Milch? Etwas anderes?«
    »Das klingt wundervoll, und ich bedaure, das sagen zu müssen, aber ich bin ziemlich satt.«
    »He, Joy«, sagte er. »Pack Miss Tally ein Stück Kuchen ein.«
    »Mm. Klingt lecker.« Sein Auftreten überraschte mich ein wenig. Der schluchzende Mann von gestern war einem fröhlichen Burschen gewichen, dessen wettergegerbtes Gesicht sich zu einem Lächeln verzog. Nicht unüblich, das Ganze, aber damit hatte ich nicht gerechnet. »Und, Will. Wie geht es Ihnen heute?«
    Er zog einen Streifen Juicy-Fruit-Kaugummi aus der Tasche und steckte ihn in den Mund. »Sie meinen, wegen Gary, vermute ich. Besser. Viel besser. Letzte Nacht habe ich gebetet und es akzeptiert.«
    »Und das hat geholfen.«
    Er stützte das Kinn auf Scooters Kopf. »Das hat es, Miss Tally. Wissen Sie, als meine Tochter an Aids starb, bin ich durch die Hölle gegangen. Dann habe ich der Natur ihren Willen gelassen und Frieden gefunden. Und diesen Frieden habe ich auch bei Gary.«
    »Das ist ein Trost, da bin ich sicher.«
    »Das ist es. Und dieser kleine Knabe hier.« Will summte Pete Seegers »If I Had a Hammer« und ließ Scooter auf seinem Knie hüpfen.
    Joy reichte mir einen Pappteller mit einem eingepackten Stück Kuchen und Will eine Dose Limo. Er nahm einen tiefen Zug. »Hat Joy Ihnen von meinem Gemüse erzählt?«
    »Das hat sie«, sagte ich.
    Joy stand hinter Will und hatte die Arme um seinen Nacken gelegt. Will tätschelte ihre Hand. »Dieses Jahr sahnen wir richtig ab, was, Schatz? Oh ja. Beim Jahrmarkt von Blue Hill gewinne ich.«
    »Das klingt wundervoll.« Ich stand auf. »Sollten Sie je mit mir sprechen wollen …«
    »Ich danke Ihnen für das Angebot«, sagte Will.
    Joy und Will folgten mir nach draußen. Scooter saß auf den Schultern seines Vaters.
    »Solider Wagen.« Will deutete auf meinen Truck. – »Ich schätze ihn sehr.«
    Ich schüttelte seine ausgestreckte Hand und drückte Joy dann kurz. Scooter schlug in meine Hand ein.
    »Sie rufen an, wenn Sie mich brauchen, ja? Die nächsten Tage werden sicher schwer, insbesondere wegen all der Vorbereitungen für Garys Bestattung.«
    »Vorbereitungen?«, sagte Will. »Ich fürchte, davon wird es keine geben. Nach dem, was er Laura angetan hat, schmort Gary in der Hölle. Ich habe mit ihm nichts mehr zu tun.«
    Ich hatte Wills schockierende Worte noch im Ohr, als ich zurück zur Penasquam Road fuhr und dann auf der Suche nach der Straße zu Drew Jones’ Camp nach links abbog. Ich drückte Penny an mich, die mich mit ihrer Zunge und ihrer Liebe begrüßte.
    Ich hatte schon schlimmere Sätze gehört, aber es irritierte mich, wie Will Sacco seinen Schwiegersohn verurteilte. Wie leicht er bereit war zu glauben, dass Gary der Mörder war. Seine Weigerung, ein Familienmitglied zu beerdigen, störte mich. Sogar im Wissen um einen Mord beerdigten die meisten Familien ihre Toten.
    Gary hatte also die Nacht bei Drew verbracht. Das war eine Überraschung. Warum hatte er Drew dann nicht geholfen, seinen Hund zum Tierarzt zu fahren? Vielleicht war er erst eingetroffen, als Drew schon zum Tierarzt unterwegs war. Die meisten Menschen in Winsworth schlossen ihre Türen nicht ab. Wenn Gary und Drew befreundet waren, dann hätte Gary einfach eintreten und es sich bequem machen können.
    Drew Jones schien mit jedem zu tun zu haben, der mit Laura Beals Tod in Verbindung stand. Es kam mir fast so vor, als liefen bei ihm die Fäden zusammen. Wenn man aber anderen glauben durfte, dann war seine Rolle durchaus zu vernachlässigen.
    Nach einer halben Meile in dieser Richtung entdeckte ich das Schild, das zu Drews Camp führte. Genau darunter war ein anderes Schild angebracht, ein viel größeres, auf dem stand: EMERALD SHORES – EIN PROJEKT DER FIRMA BEAL.
    Ich schüttelte den Kopf. Noah Beal machte immer noch weiter. Ich schoss an Drews Straße vorbei und bog nach links ab. Ich wollte Noahs neuestes Projekt sehen, das Teil eines weit verzweigten Geldbaumes war, den mein Vater einst gepflanzt hatte.
    Ich hielt an und ließ Penny nach draußen, um sie ihr Geschäft verrichten zu

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