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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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Carmen. Wirklich nett.«
    »Das hast du verdient.«
    Sie stach mit einem Finger nach mir. »Du hast mich ganz schön verletzt, du. Meine beste Freundin. Erzählt mir nicht mal, dass sie wieder in der Stadt ist. Stattdessen beschließt sie, ein Mantel-und-Degen-Drama zu spielen, mit mir. Wie konntest du …«
    »Aber Carmen, ich … Deine Mutter, der Laden, dass sie dann in der Mühle arbeiten musste. Du musst mich doch hassen.«
    Sie verdrehte die Augen. » Tú idiota! «
    »Ich bin kein Idiot. Ich kenne dich, Carmen Cavasos. Du trägst einem Sachen nach. Jahrelang. Jahrzehnte. «
    Sie zuckte die Achseln. »Also gut. Gut. Dass ich stinksauer auf dich war, hat vielleicht ein Jahrzehnt gedauert. Aber ich bin drüber weggekommen.«
    »Das nehm ich dir nicht ab.«
    »Also gut. Eineinhalb Jahrzehnte. Mom ist schließlich doch noch zu mir durchgedrungen, kurz bevor sie starb.«
    »Oh, Himmel. Das tut mir leid.«
    »Sie hat dich sehr gerngehabt, weißt du.«
    »Ich hatte sie auch sehr gern.« Ich kämpfte mit den Tränen. »Aber worüber bist du dann so wütend?«
    »Wütend?« Carmens üppiger Busen wogte. »Ich bin nicht wütend, ich bin völlig außer mir, so sauer bin ich. Da kommst du zurück in die Stadt – nicht, dass ich davon wüsste, denn du meldest dich ja bei niemandem. Und dann tauchst du einfach in meinem Restaurant auf und tust so, als wärst du nicht du. Und jedes Mal, wenn ich dich danach treffe, ziehst du das gleiche Spielchen ab, und mit jedem Mal bin ich wieder außer mir. Die ganze Zeit warte ich darauf, dass unsere Madam Mystery endlich ihre Karten aufdeckt. Anscheinend glaubst du ja, ich hätte eine Gehirnamputation gehabt, sodass ich dich nicht erkenne. Du solltest erschossen werden!«
    »Das wäre ich auch fast.«
    Carmens Tasse schwebte auf halber Höhe. »Was?«
    Ich erzählte ihr von meinem Bad im Emerald Lake.
    »Du hast dich nicht verändert. Du kriegst überall Ärger, wo du auftauchst.«
    »Das stimmt nicht.«
    »Ha!«
    »Fang nicht wieder an!«
    »Warum nicht?«
    Ich setzte ein ernstes Gesicht auf. »Weil ich eine bedeutende Psychologin bin. Bescheiden. Demütig. Tatsache ist, ich bin der demütigste Mensch, den du dir vorstellen kannst.«
    Sie lachte schallend. »Oh Mann! Du hast mich schon immer zum Lachen gebracht. Aber, du … Verdammt! Ich lass mich von dir nicht einwickeln. Nie und nimmer. Kein Wort. Kein einziges Wort hab ich in all den Jahren von dir gehört. Warum?«
    Ich wurde wieder ernst. »Es ist so manches geschehen. Schlimmes. Mit Dad, mit mir, und ich …« Ich beherrschte mich … beherrschte mich … Und dann brach der Damm, die Tränen flossen, und ich rief: »Bitte verzeih mir, Carmen Cavasos.«
    Sie verzog ihr Gesicht zu einer finsteren Grimasse. »Ach, zum Teufel.«
    Und dann breitete sie ihre Arme aus und umarmte mich so fest, dass ich fast erstickt wäre. Wie früher auch. Nur noch besser als in meiner Erinnerung.
    Carmen erhob ihre Kaffeetasse, die inzwischen mit Bourbon gefüllt war. Bis oben. Wie meine auch. Kann sein, dass es unser zweiter war. Oder dritter. Oder …
    »Hab Bob gesagt, dass ich heut Nacht nicht heimkomme.«
    Sie artikulierte jedes Wort, als wäre es eine Perle. Nein, ein Diamant. Vielleicht auch ein Rubin. »Ein Rubin, meinst du?«
    »Hä?«
    »Nichts«, sagte ich. »Ich hab dich vermisst, Carm. Die ganze Zeit über.«
    »Ich dich auch. Aber mehr. Hab nie wieder jemanden mit deinem schrägen Sinn für Humor getroffen.«
    »Sehr gut. He, ich hab ein Foto, das ich dir zeigen will.« Ich stand auf, und alles drehte sich. Ich stützte mich ab und erlangte meine Würde wieder. »Ich glaube, wir lassen das mit dem Bourbon jetzt besser sein.«
    Ich öffnete die Tür zu dem Zimmer, das ich als Büro nutzte. »Heilige Scheiße.«
    »Ganz meine Meinung«, sagte Carmen.
    Das Zimmer war verwüstet. Alles zerstört. Überall lagen Sachen. Vorsichtig schloss ich die Tür wieder. Ein allzu vertrauter Schauder lief mir über den Rücken, und dann kam die Wut, die alles andere auslöschte.
    Hank blieb, während die Forensiker am Werk waren. Ein solcher Einbruch war in Winsworth keine Kleinigkeit.
    Der Widerling, der bei mir eingedrungen war, hatte Scheiben und Lampen zerschlagen, meinen Terminkalender zerrissen und mit einem schweren Gegenstand um sich geworfen, der an den Wänden Spuren hinterlassen hatte. Ich war sicher, der Besitzer des Häuschens würde entzückt sein.
    Auf dem Teppich waren Exkremente verschmiert, was mir die Wut hinter dieser Tat vor Augen

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