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Leichenschrei

Titel: Leichenschrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicki Stiefel
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Todes.
    Laura mit aufgeschlitztem Bauch. Gary erstickt. Der Kopf eines Mannes explodiert.
    Ich kniff die Augen fest zu, atmete tief ein und langsam wieder aus. Wieder und wieder.
    Der Mann war ein alter Fall; Laura und Gary waren neu. Angst schmeckt wie Scheiße. Lassen Sie sich nie etwas anderes weismachen.
    »Alles klar da drin?«
    »Nein«, hauchte ich.
    »Was?«
    »Ich sagte, ich bin gleich da.«
    Ich zog ein Handtuch unter dem Waschbecken hervor, trocknete mein Gesicht ab und schlang es um mein Haar. Ich zog mich aus und benutzte ein anderes Handtuch, um mich trocken zu reiben. Dann wrang ich so viel Wasser wie möglich aus meiner Kleidung. Ich zog die feuchten Sachen wieder an und öffnete die Tür.
    Hank stand neben der Couch und beugte sich über Drew.
    Ich durchquerte das Zimmer. »Wie geht’s ihm?«
    »Was glaubst du denn?«, sagte er und ging weg.
    Drews Flanellhemd war schweißnass. Genau wie Gesicht und Hände. Ich zog das Handtuch von meinem Kopf und trocknete ihn ab.
    »Lass mich mal.« Hank knöpfte Drews Hemd auf, zog es ihm aus und tauschte es gegen ein neues.
    Von draußen war ein Knirschen zu hören. Ein Wagen war vorgefahren.
    »Das ist Mabel«, sagte Hank. »Sie kümmert sich manchmal um Drew. Dann gehst du jetzt besser.«
    Ich wurde weggeschickt. Durchaus sinnvoll. Hank wusste, dass ich Drews Arme gesehen hatte, und ihm war nicht danach, mit mir darüber zu reden.
    »Ich ruf dich an«, sagte ich.
    »Gut.«
    Ich sah Drew ein letztes Mal an, kraulte Peanut hinter den Ohren und ging.
    Auf dem Weg kam mir eine ältere Frau mit einer Tüte voller Vorräte entgegen. Wir tauschten ein Lächeln.
    Meines war unecht.
    Ich fand kaum die Kraft, den Wagen anzulassen, ihn zu wenden und nach Hause zu fahren. »Bin ich froh, dass du da warst, mein Mädchen.« Ich kraulte Penny an der Schnauze.
    Drew. Der goldene Junge. Ich hatte die hässlichen roten Einstichstellen gesehen, überall auf der weichen Haut an der Innenseite der Ellbogen. Und die Kratzspuren an seinen Armen, wie die bei Heroinsüchtigen und Aids-Patienten mit Kaposisarkom.
    Welches von beiden war es wohl?

24
Nach und nach
    Schweren Herzens wählte ich Carmens Nummer. Und erreichte sie beim ersten Versuch. Ich Glückliche.
    »Hier ist Tally, Carmen. Könnte ich vorbeikommen?«
    »Wo sind Sie? Sie klingen schrecklich.«
    »Mir geht’s auch schrecklich. Ich bin auf der Bangor Road und fahre Richtung Stadt.«
    »Ich komme raus zu Ihnen. Schon unterwegs.«
    Ich fuhr in einer Staubwolke vor meinem Häuschen vor, wie im Film. Ich wollte nichts außer schlafen. Warum nur hatte ich Carmen angerufen?
    Auf dem Weg nach drinnen hob ich ein FedEx-Päckchen mit Gerts Berichten der letzten Woche auf, dann schälte ich mich noch im Vorraum aus meinen Kleidern. Schlotternd sprang ich kurz unter die Außendusche und schlüpfte dann in trockene Yoga-Kleidung. Trotzdem fror ich noch immer. Ich setzte Kaffee auf.
    Soweit ich wusste, trank Carmen nur Tee.
    Aber was wusste ich denn wirklich über die erwachsene Carmen Cavasos? Nicht viel. Das war mir zuwider. Das Verlangen, ihr zu sagen, wer ich wirklich war, fraß mich innerlich auf.
    Ein Wagen rumpelte in die Einfahrt.
    Zahltag. Carmen würde ganz schön sauer sein. Nun denn.
    »Hi.« Ich machte die Tür weit auf und versuchte zu lächeln.
    Carmen fegte an mir vorbei, ohne mich anzusehen, und in mir kochte die Angst hoch.
    »Gibt’s hier einen Kaffee?«, fragte sie.
    »Schon unterwegs.« Ich bedeutete ihr, auf dem Sofa Platz zu nehmen, und holte uns Tassen.
    Sie drehte sich einmal um sich selbst. »Ich war schon seit Jahren nicht mehr hier draußen. Sieht doch anders aus als zu der Zeit, als die Bradys noch hier wohnten.«
    »Ach, wirklich?«
    Carmen musterte mich über den Rand ihrer Nickelbrille hinweg. »Sagen Sie’s mir doch, Miss Tally Whyte.«
    Sie wusste Bescheid … sie musste einfach … oder?
    Ich setzte mich neben sie aufs Sofa. »Ich bin Emma, Carmen. Emma Blake.«
    Sie riss die Arme auseinander wie ein Gospel-Prediger. »Na endlich! Halleluja! Ich glaub’s nicht. Sie hat’s gesagt. Endlich.«
    »Du wusstest Bescheid.«
    Sie schürzte die Lippen. »Natürlich wusste ich Bescheid. Verdammt, Emma. Tally. Wie auch immer. Wir haben zusammen BHs ausgesucht. Wie könnte ich dich da nicht erkennen?«
    »Aber ich sehe gar nicht mehr wie Emma aus. Gerade Zähne, blonde Haare, groß und dünn und …«
    »Du warst immer dünn.«
    »Aber jetzt hab ich Busen.«
    »Weiß ich, ob der echt ist.«
    »Wie nett,

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