Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)
sie das. Oder er wollte es. Der ehrenwerte Minister, der stille Teilhaber, der Mann mit den besten Kontakten. Vielleicht war er es, der alles gelöscht hat, vielleicht hat er sie dazu gezwungen, Max hat noch zwanzig Minuten, um es herauszufinden. Er muss mit ihm reden. Allein. Jetzt. Er muss herausfinden, ob er Bescheid weiß, er darf keine Minute länger warten.
So als wäre es sein Handy, sucht er nach der Nummer des Ministers. Sie hat ihn mit Vor- und Nachnamen abgespeichert, Max wählt. Kurz nur ist da das Freizeichen, dann hebt er ab. Verschlafen und überrascht begrüßt er seine Freundin Wilma. Ohne Umschweife kommt Max zum Punkt.
Wilma Rose ist tot, sagt er. Und Sie sollten besser auf der Stelle in ihre Wohnung kommen. Jetzt.
Dann legt Max auf. Einen kurzen Moment lang hat Max das Entsetzen im Gesicht des Ministers gesehen, die aufgerissenen, fragenden Augen. Max hat die Antwort des Ministers nicht abgewartet, er hat einen kleinen Augenblick gezögert, dann hat er aufgelegt, sich im Chefsessel nach hinten fallen lassen und ein gelbes Bärchen in seinen Mund geschoben. Er zerbeißt es und fragt sich, warum sie sich die Pulsadern aufgeschnitten hat, warum sie sich keine Todesspritze verpasst hat, warum sie nicht vom Hausdach gesprungen ist, warum sie nicht mit dem Auto gegen einen Baum gefahren ist. Warum sie sich auf das Kuhfell gelegt hat und nicht in ihr Bett. Je länger Max sie anschaut, desto selbstverständlicher wird das Bild vor ihm am Boden. Wilma Rose und Max Broll, eine Frau im Dirndl, ein Mann im Bademantel, barfuß, seine Beine auf dem Schreibtisch.
Max bleibt einfach sitzen. Auch, als er hört, wie jemand durch die Wohnungstür kommt, durch den Gang. Max rührt sich nicht und schaut zu, wie die Augen des Innenministers versuchen, die Situation zu erfassen, wie sein Verstand versucht zu begreifen. Wie er blass in der Tür steht. Wie er Wilma Rose anstarrt. Wie er Max anstarrt. Wie er keinen Schritt weiter macht. Wie er das Blut anstarrt, die Gummibärchen, die Max aus der Tüte nimmt. Wie er versucht, die Kontrolle zu behalten.
Was ist das hier, fragt er.
Hier ist die Endstation, sagt Max.
– Was machen Sie hier?
– Ich suche Vadim, den Moldawier, den deine Freundin hier ins Land bringen hat lassen, damit er unten im Keller ausgeweidet wird. Du weißt ja Bescheid, oder?
– Was reden Sie da? Was ist hier passiert, was ist mit ihr? Woher kommt das ganze Blut?
– Sie hat sauber geschnitten, sie war ja schließlich auch Chirurgin. Das mit den Pulsadern, das machen viele falsch, aber sie hat es perfekt hinbekommen.
– Ich will sofort wissen, was hier vor sich geht.
– Ich mir nicht sicher, ob das Blut aus dem Kuhfell jemals wieder rausgeht.
– Hören Sie auf damit.
– Ich fange gerade erst an.
– Was wollen Sie hier? Was haben Sie damit zu tun? Warum sitzen Sie an ihrem Schreibtisch? Und nehmen Sie verdammt noch mal Ihre Füße vom Tisch.
– Ich denke, du hast jetzt andere Sorgen.
– Ich werde die Polizei rufen.
– Habe ich schon. Ich wollte nur noch kurz mit dir alleine reden, bevor deine Schergen hier aufräumen.
– Hören Sie auf, mich zu duzen.
– Sonst hast du keine Probleme, oder was?
– Wer sind Sie überhaupt?
– Ich bin der Totengräber hier im Dorf. So wie es ausschaut, muss ich deine Freundin hier vergraben.
– Ich möchte, dass Sie mir jetzt sagen, was hier passiert ist. Auf der Stelle.
– Was du möchtest, ist mir scheißegal.
– Warum hat sie das getan?
– Das weißt du besser als ich.
– Nichts weiß ich. Warum ist hier überall Blut, warum bewegt sie sich nicht? Sie soll aufstehen, sie soll damit aufhören, Wilma.
– Das ist ja rührend, der Herr Minister ist außer sich.
– Ich werde Sie verhaften lassen.
– Reizend.
– Was haben Sie damit zu tun?
– Ich gar nichts, aber du, so wie es aussieht. In deiner hübschen Klinik wurden drei Menschen umgebracht, vielleicht sogar mehr. Und es wurden illegal Organe entnommen und in der Folge transplantiert. Deine Freundin hier hat ihren Hals wohl nicht voll bekommen.
– Was reden Sie da?
– Das war ja klar. Du hast also keine Ahnung, wovon ich rede.
– Wenn Sie etwas mit ihrem Tod zu tun haben, mache ich Sie fertig.
– Umgekehrt. Ich mache dich fertig.
– Falls Sie es noch nicht begriffen haben, ich bin der Innenminister.
– Und ich bin der Totengräber.
– Verschwinden Sie.
– Ich habe die gute, alte Fickinger gefunden, du als oberster Polizist im Land müsstest wissen,
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