Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)
sie getan hat. Sie bedankte sich und rief Max an, noch bevor er und Baroni den Rosenhof verlassen hatten, wussten sie, wohin sie fahren mussten.
Baroni am Steuer. Max neben ihm.
Sie wohnt in der Stadt, im Villenviertel hinter der Altstadt, Max kennt die Gegend. Er wünscht sich, er könnte glauben, dass alles Zufall ist, dass nichts dahintersteckt. So gerne hätte er, dass Baroni recht hat, dass es vorbei ist. Alles. Dass sie sich keine Sorgen mehr machen müssen, dass sie keine Angst mehr haben müssen. Nicht davor, dass noch etwas passiert, und auch nicht davor, dass Vadim etwas zugestoßen sein könnte, dass irgendwo seine Leiche liegt. So gerne würde Max einfach Feierabend machen, den Bademantel an den Haken hängen und in der Friedhofssauna verschwinden. Nackt sein, allein. Schwitzen, alles loswerden, ihre Berührungen, ihre Haut. Er möchte sie abwaschen von sich, Leftera. Ihren Körper, die Spuren davon auf ihm. Er möchte sie loswerden, er möchte, dass sie aus jeder Pore verschwindet, dass sie mit dem Schweiß an ihm hinunterrinnt. Er möchte, dass sie weggeht, dass sie aus seinem Kopf geht, dass sie ihn in Ruhe lässt, er möchte dieses Bild nicht mehr vor sich sehen, Wilma Fickinger, der türkische Anton und sie. Er will es nicht.
Leftera. Nie wieder.
Max will keine Frau in seiner Nähe, keine. Egal, was sie weiß, egal, was sie damit zu tun hat, auch wenn sie unschuldig ist. Max will sie nicht mehr spüren, ihre Gier, ihre Lust, nichts davon. Ihr Mund so nah, ihre Stimme, ihr Atmen, wenn er einschläft. Wenn er aufwacht. Keine Sekunde mehr. Egal was passieren wird. Was sie sagen wird. Egal was.
Max und Baroni auf der Landstraße.
In fünfzehn Minuten sind sie bei ihr, in fünfzehn Minuten wird sie die Tür aufmachen. Max wird sie einfach fragen, sie darauf ansprechen, auf das Foto, auf Anton, er wird sie fragen, woher sie sich kennen. Er wird sie fragen, ob sie etwas damit zu tun hat. Er wird sie einfach fragen. Und er wird wissen, ob sie lügt. Ob sie die Wahrheit sagt. Er wird es in ihrem Gesicht sehen. Er wird sehen, was er bereits vermutet, was ihn erschreckt und abstößt. Dass Leftera eine Mörderin ist. Dass sie verantwortlich ist für alles. Weil sie es kann. Weil sie weiß, wie man mit einem Skalpell umgeht, weil sie weiß, wo die Organe sind, wie man sie entnimmt. Weil sie Medizin studiert hat für einige Jahre, bevor sie Obduktionsassistentin wurde. Sie hat es ihm erzählt in der ersten Nacht. Max weiß, dass sie dazu fähig wäre, weil sie sich einfach nimmt, was sie will. Weil sie kälter ist als die anderen beiden auf diesem Foto. Weil ihr Lachen gespielt ist. Weil in ihrem Blick Wut ist, vielleicht sogar Hass. Max hat es gesehen.
Er ekelt sich, wenn er daran denkt, was sie mit ihm gemacht hat, was er mit ihr gemacht hat. Dass sie ineinander lagen, sich küssten, dass sie sich vermischten. Sie und er. Leftera und Max. Nicht Hanni. Leftera. Ihre Finger, ihre Schenkel, ihr Nabel, ihre Achseln, alles so fremd, ihr Geruch, so neu und unheilvoll. Als hätte er gewusst, was kommen würde. Er hat es gerochen, er wusste nicht, was es bedeutete, aber er hat es gespürt. Dass irgendetwas nicht stimmt mit ihr, dass sie noch verrückter ist als er selbst. Dass das Haus, vor dem sie stehenbleiben, nicht zu den anderen in der Straße passt.
Zwischen kleinen Villen steht ein Bauernhof. Mitten im Wohngebiet, groß und alt. Baroni überprüft die Adresse, sie stimmt. Laut Tilda wohnt sie hier. Leftera, die kleine Obduktionsgehilfin, ihr Name steht auf dem Tor neben der Einfahrt. Sie wohnt hier, ein unglaubliches Grundstück mitten in der Stadt, ein Anwesen, das ein Vermögen wert sein muss. Dass Leftera sich mit ihrem Gehalt nur ein Jahr lang die Miete für diesen Hof leisten könnte, ist ausgeschlossen. Dass sie unter normalen Umständen hier wohnen könnte. Max hat es gewittert. Dass etwas nicht stimmt. Das Foto. Das Haus.
Sie steigen aus. Staunend stehen sie vor dem uralten Hof, staunend gehen sie durch das Tor und den wild verwachsenen Garten.
Was für ein Grundstück, sagt Baroni.
Das bedeutet nichts Gutes, sagt Max.
Er klingelt. Erwartungsvoll stehen sie vor der geschnitzten Holztüre. Wieder und wieder drückt Max seinen Finger auf den Klingelknopf, doch nichts passiert.
Sie muss zuhause sein, sagt er.
Lass gut sein, sagt Baroni und zieht Max von der Tür weg.
Max will bleiben, weiterläuten, er will wissen, wie alles zusammenhängt, doch Baroni setzt sich durch.
Wir machen das
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