Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)
anders, sagt er und zerrt Max durch den Garten hinter das Haus. Ohne zu zögern nimmt er einen Stein und schlägt ein kleines Kellerfenster ein.
Das ist jetzt auch schon egal, sagt er.
Max nickt nur und schaut zu, wie Baroni das zerbrochene Glas aus dem Rahmen schlägt, wie er sich bückt und seinen Körper durch das Loch in den Keller zwängt. Ohne zu zögern tut er es, Baroni will in dieses Haus, er will jetzt wissen, was wahr ist und was nicht, er will es zu Ende bringen, er will nicht mehr warten, bis noch etwas passiert, Baroni will endlich Ruhe, endlich zurück in seinen Stand. Dass er sich jemals danach sehnen würde, Würste zu sieden und den Bauerndeppen Bier zu verkaufen, das wäre ihm bis vor zwei Monaten keine Sekunde lang in den Sinn gekommen. Jetzt aber ist die Vorstellung eines normalen Alltags ohne Leichen etwas Wunderbares. Während er hinuntersteigt, redet er laut vor sich hin, er wünscht sich nichts mehr in diesem Moment, er wünscht sich Würste, er wünscht sich Senf, er wünscht sich Kren. Laut und wütend rezitiert er aus seiner Speisekarte, Wurst für Wurst zählt er auf, dazu schüttelt er ununterbrochen den Kopf.
Max hinter ihm. Er steigt ihm nach, hinunter in den Keller, ins Dunkel. In den Bauch von Leftera, in ihren Unterleib, wieder. Max setzt einfach einen Fuß vor den anderen, er lässt Baroni rudern, er folgt ihm, alles ist ihm recht, alles, das sie der Wahrheit näher bringt. Dankbar tut er das, was Baroni tut, kurz hat er Zeit zum Verschnaufen, kurz kann er einfach nur folgen, sich in Baronis Hände begeben, er kann sich ausruhen, einen kleinen Moment lang nichts entscheiden, nichts falsch machen. Baroni hat beschlossen, den nächsten Fehler zu machen, den nächsten Blödsinn, er hat das Fenster eingeschlagen, er ist nach unten gestiegen, er hat begonnen, laut ihren Namen zu rufen.
Leftera. Immer wieder, laut, eindringlich, langgezogen, kindlich fast, so als würde er nach einem Hund rufen, nach einer Katze.
Leftera, komm, Leftera, es gibt Fresschen, Leftera, sei artig und tu, was dein Herrchen dir sagt.
Baronis Stimme durch den Keller, die Stiegen nach oben. Die Beine von Max, kleine, leise Schritte, die Beine von Baroni, seine Füße poltern aggressiv über die Treppen, so als wäre es sein Haus, so als würde er eine alte Freundin besuchen, so als wäre nichts normaler als durch das Kellerfenster einzusteigen und nach oben zu stürmen.
Max hinter ihm. Er weiß, dass es sinnlos ist, seinen Freund zu bremsen, ihn zu stoppen, ihn dazu zu bringen, leiser zu sein. Baroni will es wissen, Baroni stürmt. Mit Gewalt, schnell und laut. Weil er weiß, dass Max keine Ruhe geben wird, bis endlich klar ist, was Leftera mit dem Ganzen zu tun hat. Baroni weiß es. Er kennt seinen Freund, er muss das jetzt tun. Volle Kraft, steht auf seiner Stirn.
Max denkt nicht. Er hört nur ihren Namen. Aus Baronis Mund. Aus seinem. Wie sich leise seine Lippen bewegen, wie auch er ihren Namen vor sich hin sagt, wie er ihn flüstert. Leftera, Leftera, Leftera, immer wieder ihren Namen, ihr Gesicht vor sich, wie sie ihn berührt, wie sie ihn küsst, wie sie auf ihm reitet. Laut und wild. Leftera. Und wie Baroni die Tür zum Erdgeschoss aufmacht. Wie Max ein letztes Mal ihren Namen hört. Und dann, wie das Licht ausgeht. Zuerst Baronis, dann seines. Wie er nur noch spürt, dass Baroni auf ihn fällt, dass Strom durch seinen Körper jagt. Dass auch er fällt. Tief und hart.
Sechsundzwanzig
Nebeneinander im Keller.
Baroni und Max am Boden, niedergeschlagen, am Ende einer kurzen Einbruchstour.
Max hat Leftera noch gesehen, den Elektroschocker in ihrer Hand, sie hat gewartet, bis sie die Tür zum Erdgeschoss aufmachten, dann hat sie den Knopf gedrückt. Ein Stromschlag für Baroni, einer für Max. Durch Mark und Bein, alles im Körper schrie, tat weh, jaulte auf. Max wurde von Baroni begraben, er riss ihn mit sich nach unten, über die Stufen auf den harten Steinboden. Alles passierte innerhalb von Sekunden, das Fallen, der Schmerz. Ohne Bewusstsein blieben sie liegen.
Über fünfzehn Minuten war es still im Keller. Schürfwunden an Baronis Schläfe, Kopfweh. So als hätten sie wieder getrunken, so als wären sie aufgewacht nach einer langen, wilden Nacht.
Max schlägt als erster die Augen auf. Er versucht sich zu orientieren, er sieht Baroni neben sich, er sieht die Gitterstäbe, er will sich ausstrecken, aber er kann nicht. Entsetzt rüttelt er Baroni.
Aufwachen, flüstert er.
Auch Baroni kommt zu
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