Leichentanz
gehabt. Ich wollte gerade für zwei Tage wegfahren. Wo drückt denn der Schuh?«
»Es gibt Probleme.«
»Laß hören.«
Der Manager sprach lange mit seinem einflußreichen Freund, und dieser Cedric hörte sehr genau zu. Zwar weihte ihn Döring nicht in alle Einzelheiten ein, doch an der Wichtigkeit seines Wunsches ließ er keinen Zweifel. Nur war der Mann im Ministerium über die Bitte des Managers nicht eben begeistert. Er sagte dies auch klar und deutlich.
»Du reißt mich da in Dinge mit hinein, die auch meinen Kopf kosten können.«
»Hör auf damit!«
»Doch, ich…«
»Cedric«, ermahnte Döring den Freund, »auch ich habe dir damals ein Netz gespannt, als du mit den beiden vierzehnjährigen Jungen in die…«
»Ich erinnere mich.«
»Das ist nett.« Döring grinste heimtückisch. »Würdest du denn noch einmal nachdenken und mir das Ergebnis dann mitteilen?«
»Ja«, stöhnte der Mann. »Kann ich dich in deinem Büro erreichen?«
»Das wird leider nicht möglich sein. Machen wir es so, daß ich dich anrufe, Cedric.«
»Einverstanden. Aber versprechen kann ich dir nichts.«
»Das weiß ich. Aber ich vertraue dir auch, mein Lieber. Wir sollten uns später dann mal wieder treffen…«
»Ja, ja…« Es klang allerdings wie ein Nein, und nur relativ zufrieden legte Frederick Döring auf.
Die ersten beiden Stufen des Plans konnte er abhaken. Auf Susan war Verlaß, das wußte er, auf Cedric ebenfalls, denn die angedeutete Drohung hatte er schon sehr gut verstanden. Er würde alle Hebel in Bewegung setzen, um gewisse Beamte in ihre Grenzen zu weisen.
Jetzt ging es um den dritten Teil.
Die Nummer, die er nun eintippte, hatte er im Kopf. Nur meldet sich niemand.
Keiner der beiden Maler hielt sich im Haus auf. Oder schliefen sie etwa noch?
Obwohl es ihm schwerfiel, wartete er zehn Minuten, bevor er einen erneuten Versuch startete.
Wieder hob niemand ab.
Aus Dörings Mund drang ein wütender Knurrlaut. Das lief nicht gut, überhaupt nicht, aber er mußte dringend mit diesen beiden Personen reden. Da gab es nur eine Möglichkeit. Er mußte sich in seinen Wagen setzen und zu ihnen fahren.
Zum Glück wußte er, wo sie wohnten.
Wenn er aber an den widerlichen Leichengestank in deren Haus dachte, kam ihm schon jetzt der Magen hoch, und Döring verfluchte sich und sein Schicksal.
Ihm blieb auch nichts erspart.
Durch eine zweite Tür verließ er sein Büro und landete geradewegs in der schmalen Kabine eines Lifts. Der brachte ihn direkt in die Tiefgarage, wo sein privater Jaguar stand…
***
Mrs. Leginsa war zwischen uns gegangen und hatte sich bisher sehr tapfer gehalten. Das änderte sich allerdings, als wir den normalen Teil des Friedhofs beinahe hinter uns gelassen hatten und wir bereits das Areal sehen konnten, auf dessen grünem Rasen die Grabsteine wie waagerecht oder senkrecht stehende, graue Flecken wirkten, unter denen diejenigen Menschen ihre letzten Ruhestätten gefunden hatten, die von der Gesellschaft ausgestoßen waren.
Ein relativ breiter Weg, der zwei Grabreihen teilte, endete dort, wo die grüne Fläche begann.
Wir blieben stehen.
Mrs. Leginsa spielte wieder mit ihrer Handtasche. Dann löste sie eine Hand davon, um den Arm auszustrecken. Mit der ebenfalls gestreckten Hand wies sie über die grüne Fläche hinweg und sagte mit leiser Stimme: »Hier ist es.«
Mit hohen Erwartungen waren Suko und ich nicht hergekommen, das stand fest, aber daß wir so gut wie nichts sahen, wunderte uns schon.
Suko hob die Schultern und sprach die Frau an. »Seien Sie mir nicht böse, Mrs. Leginsa, aber ich kann an diesem Gelände im Prinzip nichts Auffälliges feststellen.«
»Nein…?«
»Leider, auch wenn es Sie enttäuscht.« Sie räusperte sich. »Was ist denn mit Ihnen, Mister Sinclair? Denken Sie ebenso?«
»Ich glaube schon.«
»Tja. Da bin ich ratlos. Hoffentlich halten Sie mich jetzt nicht für eine alte Spinnerin, aber was ich Ihnen im Büro erzählt habe, entspricht haargenau den Tatsachen.«
Ich wiegelte ab. »Es ist auch nur der erste Eindruck, Mrs. Leginsa, mehr nicht. Es wäre vielleicht besser, wenn wir uns dieses Gelände aus der Nähe anschauen würden.«
»Das wollte ich soeben vorschlagen.«
»Dann lassen Sie es uns versuchen.« Bisher waren wir auf harten Wegen gegangen. Es änderte sich, denn wir hatten das Gefühl, einen weichen Teppich zu betreten, dessen Lage bei jedem Schritt nachgab und federte. Sehr weit brauchten wir nicht zu gehen, um erkennen zu können, daß
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