Leichentanz
glauben?«
»Ihnen schon, Sir.«
»Nein, auch mir nicht. Man wird mir nicht glauben wollen, wenn Sie verstehen. Wir sollen und müssen uns aus diesem Fall heraushalten. So lautet die Anordnung.«
»Die auch für uns gilt?«
»Jetzt schon.«
Natürlich dachte ich nicht im Traum daran, mich an diese Richtlinien zu halten. Das wußte auch Sir James, als er mein Lächeln sah und dann meine Frage hörte: »Es geht doch eigentlich nur um die Ansammlung dieser Gebeine, Sir.«
»Ja.«
»Über zwei Ghouls hat der Anrufer nichts gesagt.«
»Nein.«
Als ich das Lächeln auf den Lippen meines Chefs sah, wußte ich, daß er mit mir einer Meinung war. »Ich denke, daß mir keiner verbieten kann, etwas über einen Ghoul zu sagen. Schließlich stellt er eine Gefahr für Menschen dar. Man muß ihn ausschalten.«
»Das ist Ihr Job, John.«
»Hervorragend, Sir. Wir werden uns weder um die Gebeine kümmern noch um die beiden Festgenommenen. Wir tun so, als wäre dieser Mord gar nicht geschehen.«
»Stimmt.«
»Und was ist mit mir?« fragte Mrs. Leginsa flüsternd. »Können wir denn so weitermachen wie geplant?«
»Ich denke schon.«
Auch Sir James hatte keine Einwände. Er sagte nur, bevor er uns verließ: »Sie sollten sich duschen und umziehen, bevor Sie zu unserem Zeichner gehen. Der Geruch könnte ihn in seiner Kreativität stören.«
»Das tue ich gern.«
»Dann höre ich wieder von Ihnen.«
Er nickte uns zu und verschwand.
Suko ballte die Hand zur Faust. »Das ist doch eine… eine… ich verstehe die Welt nicht mehr.«
»Sie und die Politik, Suko. Wobei ich die Welt mit dem Begriff Wirtschaft, Industrie oder wirtschaftliche Interessen umschreiben möchte.« Ich grinste breit. »Sollte es der Zufall allerdings ergeben, daß wir auf gewisse Spuren stoßen, wäre es mir nicht unbedingt unangenehm.«
»Okay, mir auch nicht.«
Ersatzkleidung hatte ich im Büro. Auch eine Zahnbürste, einen Rasierapparat und so weiter. Es kam oft genug vor, daß ich beim Yard übernachten mußte. »Wir sehen uns dann beim Zeichner«, sagte ich und öffnete die rechte Tür eines schmalen Aktenschranks, in dem die Sachen hingen.
Suko und Mrs. Leginsa verschwanden. Abgelöst wurden sie von Glenda, die mit ihrem Tupfenrock so herrlich frisch aussah und sich die Nase zuhielt, als sie neben mich trat. »Willst du dich wieder landfein machen?«
»Das hatte ich vor.«
»Wie schön. Und dann?«
Ich schloß die Tür. »Werde ich versuchen, in der neuen Kleidung, zwei Ghouls zu vernichten.«
Sie lächelte leicht wissend. »Dann zieht ihr euch also nicht zurück, wie man es vorgesehen hatte?«
»Nein, das tun wir nicht, Glenda. Wir haben festgestellt, daß das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun hat.«
»Aha«, sagte sie nur und lächelte weiter…
***
Da Frederick Döring wußte, wo die beiden Maler wohnten und er sich in der Gegend auch etwas auskannte, hatte er schnell einen Parkplatz gefunden. Nicht vor dem Haus, nicht vor dem Grundstück, zwar in der Nähe, aber dennoch weit genug davon entfernt, denn er wollte auf keinen Fall beobachtet werden.
Zu Fuß näherte er sich seinem Ziel.
Es war eine ruhige Straße, in der alte Häuser standen. Weiter zum Ende hin bildeten sie eine Einheit, da standen sie Wand an Wand. In seiner Gegend aber waren sie damals auf großen Grundstücken gebaut worden, die heute einen großen Wert hatten. Viele Häuser standen zum Verkauf, weil die Bewohner überaltert waren, und Makler gaben sich hier die Klinke in die Hand.
Nicht so bei den Ghouls.
Sie dachten nicht daran, das Haus zu verkaufen. Obwohl es in einer doch relativ belebten Gegend lag, war es die reinste Idylle, ein völlig verwildertes Grundstück.
Von außerhalb des Grundstücks konnte niemand in das Haus hineinsehen. Selbst von seinen Mauern war nicht viel zu erkennen, nur das Dach ragte über.
Bevor Döring das Grundstück betrat, schaute er sich um. Er war immer sehr vorsichtig, wenn er sein Gebiet verließ, denn auf fremdem Territorium fühlte er sich unwohl.
Niemand beobachtete ihn. Er konnte das rostige Tor aufstoßen und huschte sofort durch den Spalt. Natürlich gab es einen Weg, der zum Haus hinführte, der aber war kaum zu erkennen, weil das Unkraut und Bodenpflanzen ihn wie ein Tuch bedeckten.
Schon wenig später mußte sich Döring mit seinen Händen Lücken schaffen, um weiterzukommen, und er blieb stehen, als sein Blick zum erstenmal auf die graue Fassade fiel.
Düster, trist, selbst die Fensterscheiben
Weitere Kostenlose Bücher