Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
ausgeführt, den er einst Freund genannt hatte, aber dieser war nur ihretwegen hierher nach Poenari gekommen!
Vlad ließ den toten Körper seines Opfers auf den kalten Steinboden gleiten. Sie hatte ihren Zweck erfüllt. Er fühlte mit den Fingern nach der Wunde im Nacken. Das Loch hatte sich geschlossen, das Blut tat seine Wirkung. Vlad winkte den Vampirsklaven heran, der die Frau zu ihm gebracht hatte. „Schaff den Kadaver hinaus. Wirf sie zu den anderen.“ Der Vampirsoldat packte die tote Frau bei den Haaren und zerrte den nackten Körper aus dem Saal.
Draußen hob er die Frau hoch, legte sie sich über die Schulter und trug sie den Gang hinunter. Am Endes des Gangs öffnete er eine grob gezimmerte Tür, die sich zu einer Treppe hin öffnete. Die Treppe führte hinunter in die Vorratskeller der Festung. Der Vampir trug die Tote bis zu einem Gewölbe, das von einer eisernen Tür verschlossen war. Er öffnete diese Tür. Ein bestialischer Gestank schlug ihm entgegen, aber der Vampir nahm ihn nicht wahr. Er war nur eine Puppe, eine Marionette des Pfählers. Er warf die Tote zu den anderen Leichen. Zu den Frauen, die Vlad als Opfer ausgewählt, die er getötet hatte. Dort verfaulten die Körper von über zwei Dutzend Frauen, die Vlads Vampirhorden ihm zugetragen hatten, die sie aus den umliegenden Dörfern geraubt hatten.
Der Vampirsklave zog die Tür hinter sich zu und ging wieder hinauf zu seinem Herrn. Hätte er noch eine n Moment länger ausgeharrt, hätte er gesehen, wie die Ziegel in der Stirnwand sich lösten und aus der Wand fielen. Aber er wartete nicht. Draculea saß auf seinem erhöhten Sessel, als der Vampir in den Saal zurückkam. Außer ihm waren noch mehrere andere Soldaten in den Saal gerufen worden. Sie alle waren Offiziere, aber das bedeutete nichts. Sie waren ebenso hirnlos, ebenso willenlos wie der, den Vlad geschickt hatte, die Tote zu entsorgen. Sie alle, jeder Einzelne, gehorchten nur Vlad Draculea, ihrem Schöpfer. Er war ihr Herr und nur ihm gehorchten sie.
„Ruft alle Männer zu den Waffen. Ihr werdet die ganze Gegend durchkämmen. Bringt jeden, den ihr findet, zu mir. Hierher, nach Poenari. Und ihr bringt sie mir lebend! Keiner der Männer wird sich an ihnen vergreifen. Habt ihr verstanden?“ Vlad funkelte die Anwesenden mit bösartigen Augen an. Ein Murmeln war die Antwort. Diese Vampire, die er schuf, waren stumpfsinnig. Gespräche waren mit ihnen kaum zu führen. Sie waren kaum in der Lage, mehr als „Ja“ und „Nein“ von sich zu geben. Die Vampire drehten sich um und verließen den Saal. Vlad blieb allein zurück. Die Soldaten mochten nicht zu eigenen Entscheidungen in der Lage sein, aber sie würden jeden Befehl buchstabengetreu und ohne Widerspruch in die Tat umsetzen.
Kurz darauf drangen die Geräusche von schweren Stiefeln aus dem Burghof herein. Nicht alle waren mit Pferden ausgerüstet, die meisten der einfachen Soldaten waren Fußsoldaten, Infanterie. Nur wenige Wachen blieben bei Vlad auf Poenari zurück. Weshalb sollte er mehr als unbedingt nötig hierbehalten? Wer würde es wagen, ihn hier oben anzugreifen? Vlad blieb allein in seinem Sessel, in seinem Saal zurück. Mit gerunzelter Stirn starrte er in den leeren Saal und grübelte darüber nach, was er als Nächstes tun sollte. Das Blut seines letzten Opfers hatte ihn gestärkt und den Drachen in ihm beruhigt. Aber die Wut in ihm war ungezügelt. Die Wut von Vlad Tepes, dem Pfähler …
Der letzte Stein fiel. Halef Omar keuchte, so überwältigend war der Gestank, der ihm entgegenschlug. „Reicht mir eine Fackel!“, rief er nach unten und Karl Stabener hielt ihm eine brennende Fackel hoch. Der Schakalköpfige leuchtete in den Raum hinein. Ihm bot sich ein grauenerregender Anblick. In dem Kellergewölbe stapelten sich Dutzende verwesender Leichen. Die nackten Körper getöteter Frauen, alle jung und alle blutleer. Einige lagen da, als wären sie eben erst zu Tode gekommen, andere mit verdrehten Armen und Beinen, mit gebrochenen Gliedern oder eingeschlagenen Schädeln. Halef hielt sich eine Hand vor die empfindliche Nase, aber das konnte den Gestank des Todes nicht dämpfen. Die Luft war geschwängert mit dem Verwesungsgeruch des verrottenden Fleisches. Mühsam musste er das Würgen unterdrücken, das seinen Magen umzudrehen drohte. „Was habt Ihr?“, fragte Stabener von weiter unten aus dem Schacht, als er das Zögern Halefs bemerkte. „Ist etwas mit den Fässern? Sind wir an der falschen Stelle
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