Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)
her parieren und angreifen. „Ihr werdet niemals siegen!“, schrie Vlad mit sich überschlagender Stimme. „Ihr ...“
Seine Stimme brach und ein seltsames Gurgeln kam aus seiner Kehle. Er röchelte, ließ seine Waffe fallen und griff sich an den Hals. Dann stürzte er nach vorn und Rebekka konnte den Kriegshammer sehen, der hinten in seinem Rücken steckte, dicht oberhalb des Halsansatzes. Der Vampir griff nach dem Stiel der Waffe, riss sie aus der Wunde und stieß ein heiseres Bellen aus. Vlad starrte hasserfüllt den Freiherrn an, der schwer atmend hinter ihm stand. „Ich werde nicht zulassen, dass Ihr weiter mordet, Vlad!“, knurrte der Deutsche.
Rebekka sprang nach vorn, vorbei an dem Woiwoden und packte den heruntergefallenen Hammer. Aber bevor sie ihn hochschwingen konnte, um ihn gegen den verwundeten Vampir einzusetzen, fuhr Vlad herum. Verletzt oder nicht – er war noch immer gefährlich stark und schnell. Vlad mochte wahnsinnig sein, aber er wusste, wann es besser war, den Rückzug anzutreten. Ehe Rebekka den Kriegshammer gegen ihn einsetzen konnte, war er in der Dunkelheit verschwunden. Rebekka war versucht, ihn zu verfolgen, aber dann hätte sie von Steinborn allein lassen müssen. Sie ließ den Hammer sinken und starrte in die Finsternis. Von Vlad war nichts mehr zu hören.
„Danke!“, sagte sie und blickte von Steinborn tief in die Augen. „Ohne Eure Hilfe … ich glaube, Vlad hätte gesiegt. Er ist so unglaublich … brutal!“ Von Steinborn nickte. „Das war er schon immer, aber nun ist er zu einer Bestie geworden.“ Rebekka hob den Kriegshammer. „Woher hattet Ihr ihn? Hassan-i-Sabbah war doch in seinem Besitz ...“ Der Freiherr lachte trocken. „Das ist wohl wahr! Er steckte in seinem Herzen!“
„Was?“ Rebekka riss erstaunt die Augen auf. „Wo ist er?“
„Liegt dort am Wegesrand ...“ Von Steinborn deutete ins Dunkel. „Tot ...“
Zusammen gingen sie zu Hassans leblosem Körper. Mit weit aufgerissenen Augen lag der Alte vom Berge da. In seinem Panzer waren zwei Löcher zu sehen, eines in der Schulter und eines dort, wo das Herz saß.
„Wir müssen hier weg!“, sagte von Steinborn tonlos. „Bald wird es hier von Vlads Vampiren wimmeln. Er wird sicher mit Verstärkung zurückkehren.“ Rebekka bückte sich, packte Hassans leblosen Leib und stemmte ihn sich auf die Schulter. „Wir müssen ihn mitnehmen.“
„Aber er ist tot!“, entgegnete der Freiherr. Rebekka schüttelte den Kopf. „Erinnert Euch! Er kann so wenig sterben wie ich oder Vlad!“
Es dauerte eine Weile, bis sie das Heerlager erreichten, wo Nazir auf sie wartete. Rebekka lud den Körper des Alten vom Berge in dem Zelt auf der Anhöhe ab. Sie legte ihn auf den Boden, denn er hatte noch immer seine Greifengestalt. Nazir half ihr wortlos dabei, die Rüstung zu entfernen. Hassan zeigte noch immer kein Lebenszeichen. Wie lange würde er so bleiben? Oder hatte sie sich geirrt und der Alte war doch tot? Rebekka umklammerte den Kriegshammer und ließ sich auf die Pritsche sinken. Von Steinborn hatte sich von dem Branntwein eingeschenkt und setzte sich neben sie.
„Was sollen wir nun machen?“, fragte Rebekka leise. „Vlad wird sicher nach uns suchen und auch bald hier auftauchen.“
„Ich weiß es nicht.“ antwortete von Steinborn. „Ich habe keine Ahnung ...“
Mit der Anderwelt war das eine seltsame Sache. Sie hatte ihre eigenen, undurchschaubaren Regeln. Eine Verbindung war dort etwas anderes als in der Menschenwelt. So, wie bei einem Schrei im Gebirge das Echo noch nachhallte, wenn der Schrei schon vorbei war, so klang auch die Verbindung zwischen zwei Wesen nach, die durch die Anderwelt verbunden gewesen waren. Nostradamus spürte, dass etwas geschehen war. Der Prophet schloss die Augen und horchte in sich hinein. Ein dumpfes Gefühl von Unheil schwebte im Dunkeln über ihm. Etwas war geschehen! Aber was? Der Alte fluchte still in sich hinein. Wenn er doch nur dort wäre, bei Rebekka und von Steinborn, bei Hassan-i-Sabbah, und ihnen helfen könnte! Aber er war hier, in Paris, in Frankreich, hunderte von Meilen entfernt.
Wäre er vor Ort, dann ständen ihm Möglichkeiten zur Verfügung, ihnen zu helfen. Was konnte er von hier aus schon tun? Vielleicht konnte er wenigstens Rebekka oder den Freiherrn erreichen! Nein, von Steinborn schied aus. Die Pistolenkugel war verbraucht und sie war die einzige Verbindung zu von Steinborn gewesen. Aber ein paar Haare von Rebekkas Locke lagen noch in dem
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