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Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph G. Kretschmann
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aufs Meer hinaus. Nichts tun zu können macht ihn genau so nervös wie mich. Der Anblick des Schakals war noch immer verwirrend. Ich hatte ihn als Menschen kennengelernt. Jetzt war da nichts mehr von dem Mann, den ich gekannt hatte. Auch sein Verhalten hatte sich verändert. Er war dunkler geworden, finsterer. Er hatte noch immer die feinen Manieren, die er schon als Mensch gehabt hatte, aber er war schweigsamer geworden, nach seiner Verwandlung. Aber er war ein loyaler Mitstreiter, das stand außer Zweifel. Er hatte es zur Genüge bewiesen.
    Ich hielt noch immer Halefs Beutel in der Hand. Ich war über Bord geschleudert worden, als ich den Beutel geholt hatte. Ich hatte die Armbrustbolzen mit den Spitzen aus Sternenmetall holen wollen, um sie gegen den Drachen zu benutzen. Sie gehörten immer noch Halef. Ich ging zu ihm hinüber und hielt ihm den Beutel hin. „Das habe ich von Bord mitnehmen können“, sagte ich. Halef wandte den Blick nicht vom Himmel ab. „Danke“, kam es leise grollend aus seiner Kehle. Der Regen lief an seiner Schnauze herunter, aber ich hatte den Eindruck, dass der Schakal weinte. „Ihr trauert?“, fragte ich. „Hassan-i-Sabbah ist tot.“, antwortete Halef. „Ich habe es gespürt.“ „Verflucht!“ Ich wusste um die Verbindung zwischen Halef und seinem Meister. Wenn der Schakal behauptete, dass der Alte vom Berge nicht mehr lebte, dann glaubte ich es ihm, ohne zu zweifeln. Ich hatte den schrulligen Araber gemocht. Bedauerlich, dass er nicht überlebt hatte. Andererseits … hatte Halef sich nicht schon zuvor geirrt? Der Alte war vielleicht noch für eine Überraschung gut. Ich sorgte mich viel mehr um Rebekka. Sie war mit Abstand die stärkste, schnellste von uns und trotzdem sorgte ich mich um sie.
    Bei dem Gedanken daran, dass ihr etwas zustoßen könnte, krampfte sich mein Magen zusammen. Am schlimmsten war das Abwarten. Wenn ich nur etwas hätte tun können! „Halef, darf ich mir diese Armbrust noch einmal ansehen?“ „Bedient Euch, Freiherr!“ Halef gab mir den Beutel zurück. Ich zog den Kasten heraus. Dabei fiel eine Flasche aus dem Beutel. „Ihr habt es nicht aufgebraucht?“ Ich hob die Flasche mit dem Blutwein auf. „Recht ergiebig, der Trank!“ „Ihr sagt es.“, gab Halef zurück. Er war wirklich nicht in der Stimmung, um kurzweilige Gespräche zu führen. Ich sollte ihn in Ruhe lassen. Ich klappte den Kasten auf und nahm die Armbrust heraus. Die Waffe war auffallend präzise gearbeitet. Das war das Werk eines Meisters seines Fachs. Die Metallbeschläge waren bis ins Detail mit feinsten Ziselierungen bedeckt. Die Bögen waren aus miteinander verklebten Hornstreifen, stärker als Stahl.
    Der vordere, große Bogen hatte sicher die doppelte Stärke des kleineren, hinteren, der den Schützen töten soll. Ich legte einen Finger auf den hinteren Bolzen und schob ihn von der Sehne fort. Vorsichtig angelte ich ihn aus der Führungsrinne und steckte ihn in die Tasche an meinem Gürtel. Ohne den Bolzen, der auf mein rechtes Auge zielte, war mir wohler. Ich legte die Waffe an. Sie war gut ausbalanciert und vorn nicht zu schwer. Ich peilte über den Bolzen ein imaginäres Ziel an, ließ aber wohlweislich den Finger vom Abzug. War da nicht ein Schatten in den Wolken? Ein Schatten, der sich gegen den Wind bewegte? Ich nahm die Armbrust von der Schulter und starrte mit zusammengekniffenen Augen in das Grau. Da war es wieder! Ich war sicher, das war der Drache! Wem sollten solch gewaltige Flügel sonst gehören? Der Sturm blies dem Monstrum heftig entgegen, was ihn bremste. Sonst wäre er schon hier gewesen. „Halef!“, brüllte ich in den Sturm hinein. „Der Drache! Er kommt!“ Rebekka hatte es also nicht geschafft! Was war mit meiner geliebten Vampirin?

80. Kapitel
    Das Boot explodierte förmlich vor ihren Augen. Es wären nur noch wenige Schwimmzüge gewesen, dann hätte sie sich an Bord ziehen können! Nur noch zehn oder fünfzehn Fuß! Dann brach der Rumpf auseinander, wölbte sich nach außen und zerplatzte in tausend Splitter, die wie ein hölzerner Regen herabprasselten. Fassungslos starrte Rebekka auf den gewaltigen Drachen, der sich aus den versinkenden Trümmern erhob. Sie war so sicher gewesen, dass sie ihn getötet hatte. Aber etwas war anders … das war nicht der Drache, gegen den sie gekämpft hatte! Dieser hier hatte einen grünlichen Panzer und die Flügel waren anders geformt, nicht so schmal und elegant wie der, gegen den sie gekämpft hatte. Aber wie

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