Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph G. Kretschmann
Vom Netzwerk:
Drachen, Assassinen, Geheimnisse und Gefahren, von denen er sich kein Bild gemacht hatte, wirbelten in seinem Geist durcheinander. Wo war er da nur hineingeraten? Es kam ihm vor, als stecke er tief in einem Abenteuer von Sindbad, dem Seefahrer. Erst gegen Morgen fand auch er endlich Schlaf. Kurz nach Sonnenaufgang wurde er wieder geweckt. Halef fühlte sich wie gerädert. Die Männer tranken Tee zum Frühstück und brachen das Lager ab. Schnell waren ihre Habseligkeiten auf den Pferden verstaut und sie ritten ins Tal hinab. Kurz vor Mittag erreichten sie die Lichtung, auf der der Turm stand, der Halef Obdach geboten hatte. Die Assassinen sicherten die Umgebung, während Halef Omar und Hassan-i-Sabbah sich im Turm umsahen. Halef zeigte dem alten die Bodenplatten und seine in Stein geritzten Notizen. Der Alte besah sich die Bodenplatten genau. Die Platten waren willkürlich verlegt worden, ohne dass auf ihre Beschriftung geachtet worden wäre.
    Hassan-i-Sabbah kniete nieder und zog einen Dolch mit breiter Klinge unter seinem Kaftan hervor. Er schob die Klinge in den Zwischenraum zwischen zwei unbeschriftete Platten und drückte langsam eine davon nach oben. „Hilf mir bitte hierbei!“, forderte er den wartenden Halef auf. Der Jüngere bückte sich und zog mit den Fingerspitzen an der Steinplatte, die Hassan schon hochgedrückt hatte. Gemeinsam gelang es ihnen, die Platte vom Boden zu lösen. Halef zog die Platte hoch, bis sie auf der Seite stand. „Wie ich es mir dachte!“, rief Hassan aus. „Ich glaube, dass alle Bodenplatten beschriftet sind!“ Halef ließ die Platte langsam auf ihre Rückseite sinken. Nun konnte auch er die Zeichen auf der Seite sehen, die bislang auf deren Unterseite versteckt gewesen waren. Vielleicht hatte der Alte recht.
    Hassan rief die schwarz gekleideten Assassinen zu Hilfe. Fast den ganzen Nachmittag verbrachten die fünf Männer damit, die Platten vom Boden zu lösen und ins Freie zu tragen. Auf dem Gras vor dem Turm legten sie sie mit der Schriftseite nach oben aus. Es zeigte sich, dass Hassans Vermutung richtig war. Alle Platten trugen Zeichen. Sie mussten sie aber noch in die richtige Reihenfolge bringen, was gar nicht so einfach zu bewerkstelligen war. Sie hatten über fünfzig schwere Platten vor sich und es war ungewiss, ob das alle waren. Es konnten durchaus noch viel mehr Platten zu dem Ursprungstext gehört haben.
    Den Männern schmerzten die Rücken. Ihre Hände waren zerschunden, aber sie arbeiteten wortlos. Nur Hassan-i-Sabbah gab gelegentlich eine Anweisung, wohin die eine oder andere Platte gelegt werden sollte. Gegen Abend waren die Platten offenbar so sortiert, dass sie einen Sinn ergaben, denn der Alte ließ die Assassinen nun endlich das Lager errichten. Klaglos bauten die Männer die Zelte auf, sammelten Holz für ein Feuer und bereiteten Tee und Nahrung zu.
    „Bringt mir mein Schreibzeug, Halef Omar, ich bitte Euch.“, murmelte Hassan-i-Sabbah, ohne den Blick von den beschrifteten Platten zu lösen. Halef ging zu den Satteltaschen und kramte die Rolle mit Tinte, Feder und Pergament heraus. Auch eine Schreibplatte aus glattem Holz befand sich in den Taschen. Halef spannte einen Bogen Pergament auf das Brett und brachte Brett, Feder und Tinte zu dem Alten.
    Hassan begann zu schreiben. Er lief zwischen den Platten hin und her und schrieb die Textfragmente auf das Pergament. Er murmelte leise vor sich hin, aber Halef konnte kaum etwas verstehen. So begab er sich zu den Schwarzgekleideten. Die Männer boten ihm Tee an, den Halef gern annahm.
    „Darf ich Euch etwas fragen?“ Halef sah dem Mann am Feuer in die Augen. Der erwiderte seinen Blick eine geraume Weile, dann sprach er mit ruhiger Stimme: „Fragt, Herr.“
    „Weshalb … wollt Ihr Assassine werden? Ich würde das gern verstehen.“ Der Schwarzgekleidete schloss einen Moment lang die Augen. Er atmete ein paarmal tief durch. „Der Orden verteidigt das, was wahr und richtig ist. Es ist eine Ehre, ausgebildet zu werden. Ich wollte immer nur ein Kämpfer für die Wahrheit und Gerechtigkeit sein. Ich habe das unter Sultan Mohammed, dem Vater, versucht, aber die Herrschaft war ungerecht. Ich habe versucht, dem Koran zu gehorchen, aber die Männer, die mich befehligten, waren nicht so eifrig darin. So kam ich zum Orden. Ich wurde geprüft und ausgewählt. Ich habe noch ein Jahr zu lernen, dann bin ich fertig ausgebildet. Dann werde ich ein wahrer Kämpfer für Gerechtigkeit und ein Assassine sein. Dann gehe ich in

Weitere Kostenlose Bücher