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Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph G. Kretschmann
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die Welt zurück und werde wieder einen Namen tragen.“
    „Ich danke Euch für eure Antwort!“ Halef Omar verbeugte sich vor dem Mann und dieser erwiderte den förmlichen Gruß. Dann tranken sie schweigend Tee. Die anderen beiden Assassinen gingen Wache. Hassan-i-Sabbah war noch immer in die Schriften auf den Platten vertieft. Die Sonne sank hinter den Horizont und Dämmerung senkte sich über die Lichtung. Die Assassinen entzündeten improvisierte Fackeln und steckten sie in regelmäßigen Abständen um das Feld mit den Steinplatten in den sandigen Boden. Im Schein der Flammen schritt Hassan-i-Sabbah weiter herum und schrieb. Halef folgte dem Alten mit den Augen. Was ging nur in dem alten Mann vor? Dann blieb er abrupt stehen.
    Hassan kniete nieder. Er beugte sich vor und legte den Kopf auf die Seite. Dann sprang er auf, ergriff eine der nahestehenden Fackeln und beugte sich erneut über die Platten. „Das ist es!“, rief der Alte und begann auf den Knien liegend wieder zu schreiben. Halef trat neben den Alten. „Was habt Ihr entdeckt?“
    „Noch mehr Schriften! Alte Schriftzeichen, verborgen zwischen den neueren, die darüber geschrieben worden sind! Ich hätte es nie bemerkt, wenn das Licht nicht schräg auf die Platten gefallen wäre! Die Schatten! Die Schatten machen die Zeichen erst sichtbar! Ja, die Botschaft ist unter der Botschaft!“
    Der Alte war aufgeregt wie ein Kind. „Lasst mich nun weitermachen!“, gebot er, ohne den Blick zu heben. Halef ging wortlos zurück zum Feuer. Halef Omar legte sich auf seine Decken und nach einer Weile war er eingeschlafen. Halef fuhr hoch. Wie spät mochte es sein? Das Feuer war heruntergebrannt, aber der Schwarzgekleidete, der Wache hielt, legte genug Holz nach, um es am Brennen zu halten. Hassan-i-Sabbah saß Halef gegenüber und lächelte ihn an. „Ihr seid wach!“, stellte er fest. Halef setzte sich auf und rieb sich die Augen. „Habt Ihr die Zeichen deuten können?“
    Hassan-i-Sabbah nickte lächelnd. „Ich weiß nun, wo der orientalische Drache versteckt wurde. Einst gab es eine Festung, eine uralte Festung, errichtet, um die Grenzen eines Reiches zu schützen, das niemand mehr kennt. Die Festung wurde geschleift bis auf die Grundmauern, aber die Verliese, die Keller, die Fundamente sind noch immer da. Sie ruhen unter der Erde und bergen den steinernen Drachen. Die Platten waren ein Teil dieser Festung.
    Auf ihnen stand einst die Geschichte der Festung Zaris. Auf ihnen wurde vom Drachenorden in arabischer Schrift festgehalten, was mit dem Drachen geschah. Auch, was geschah, nachdem ich den Drachen mit dem Gorgonenhaupt gebannt hatte. Ich bin damals nach Alamut zurückgerufen worden und war nicht dabei, als sie den Drachen in sein Versteck brachten.“
    „Aber das ist fast ein Jahrhundert her!“, rief Halef verwundert. „Wie könnt Ihr …?“
    „Dabei gewesen sein?“, beendete Hassan den angefangenen Satz. „Ich bin älter, als Ihr glauben mögt, mein Freund! Um einiges älter!“

17. Kapitel
    Er war von brüllender Wut erfüllt und Hass war sein einziges Licht in der Finsternis, in der er existierte. Er atmete nicht, er aß nicht, trank nicht, lebte nicht, doch war er auch nicht tot. Er existierte, zur Untätigkeit verdammt, gelähmt, gebannt, verflucht. Er sollte frei sein, er sollte das mächtigste Wesen auf dieser von den Göttern verfluchten Welt sein, aber er war besiegt worden. Nur Blut konnte ihn wieder zu alter Macht führen, menschliches Blut! Er wollte sich bewegen, sich strecken und seinen mächtigen Kampfschrei in das Firmament brüllen, aber er war nicht einmal in der Lage, eine Faser seines gigantischen Leibes zu bewegen. Der Hass wuchs in ihm, steigerte sich zur Raserei.
    Aber es war eine innere Raserei. Sein Körper gehorchte ihm nicht. Blutrote Wut und glühender Hass zerfraßen ihn. Sinnlose Wut, sinnleerer Hass. Er war zur Untätigkeit verdammt. Er konnte nur warten, dass etwas geschah. Die Anderwelt war ihm verschlossen, die Menschenwelt unerreichbar. In seiner Isolation war er zurückgeworfen auf sein eigenes Sein. Eine unerträgliche Marter, Schmerzen jenseits dessen, was ein Mensch auch nur erahnen konnte. Und in ihm wuchs ein schwarzes Loch, das er mit all seinem Hass füllte, mit all seiner Wut und all seiner Schlechtigkeit. Vor Äonen hatten sie ihn gerufen und er war gekommen. War es seine Schuld, sein Fehler, dass er nicht so war, wie sie, die Menschen, ihn erträumt hatten? Er war, was er war, ein Gott des Todes, ein

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