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Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Titel: Leichentücher: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Hautala
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früher hatte sie bisweilen mehr als eine Dreiviertelstunde in Anspruch genommen. Die Beschränkung hatte Finne gezwungen, seine Technik zu perfektionieren. Die ganze Operation war eine einzige fließende Bewegung, die mit dem Verstreichen des Rasierschaums begann und mit dem Klappern des ins Waschbecken fallenden Plastikrasierers endete. Unter der Dusche verbrachte der Alte höchstens zwei Minuten.
    »Wie heißt du noch mal?«, fragte Finne, als er fertig war und sich mit einem verschlissenen Frotteetuch abtrocknete.
    Mikael schreckte aus seinen Gedanken auf.
    »Mikael Siinto«, antwortete er und beugte sich vor. »Ich arbeite schon fast acht Jahre hier.«
    »Siinto …«, wiederholte Finne und presste das Handtuch auf die Augen. »Ist das dein richtiger Nachname?«
    »Ja.«
    »Na, dann hör mal zu, Siinto«, sagte Finne und überprüftedas Ergebnis seiner Arbeit im Spiegel. »Weißt du, wie du die Sache erledigen musst, wenn die Zeit kommt?«
    »Welche Sache?«
    »Mich für die letzte Reise herzurichten.«
    Finnes Stimme blieb fest, es war ihm mit seinem Anliegen ernst.
    »Dafür bin ich nicht zuständig«, sagte Mikael. »Die Zentralklinik übernimmt das, wenn es so weit ist.«
    »Wozu brauchen wir die Zentralklinik? Du verstehst dich doch darauf.«
    Finne stand vor dem Spiegel und bewegte die Finger, als spielte er auf einem unsichtbaren Instrument. Ihre flinken Bewegungen ließen Mikael an Schnitte denken, an Natronsalz, an Katzen. Mit diesen Händen waren die Taten begangen worden. Die Hautzellen hatten sich erneuert und die Nägel waren nachgewachsen, aber es waren dieselben Hände.
    »Hier wird die Psyche behandelt«, sagte Mikael.
    »Aber trotzdem verteilt ihr diese Pillen.«
    Mikael nickte. »Die Medikamente? Die beruhigen die Psyche.«
    »Nein, nein. Sie konservieren den Sekhu«, widersprach Finne und zog sich die Unterhose an. »Ich spüre, wie sie helfen. Ohne sie müsste ich im Jenseits kopfüber gehen, sodass mir der Magen zum Mund herausquillt.«
    »Es ist Ihre Krankheit, die Sie auf diesen Gedanken bringt.«
    Finne zog das Gummiband an der Hose enger, hielt aber mitten in der Bewegung inne und sah Mikael an, blickte ihm nicht in die Augen, sondern auf den Hals oder den Brustkorb.
    »Bedrückt dich etwas?«, fragte er.
    Mikael runzelte die Stirn. »Wie bitte?«
    »Bist du bedrückt?«, wiederholte Finne.
    »Mir geht’s ganz gut. Wieso?«
    »Deine Atmung ist … beschissen, wie Laukkanen zu sagen pflegt.«
    Mikael dachte an Laukkanen, dann an seine Atmung. Er hätte gern den Kragen hochgezogen, doch irgendetwas in ihm sträubte sich dagegen.
    »Mein Atem ist völlig in Ordnung«, sagte er und reichte Finne das Unterhemd. Er wünschte sich, der Mann hätte an seinem hartnäckigen Schweigen festgehalten, auch wenn es ihn bisher in seiner Berufsehre gekränkt hatte.
    Finne hörte nicht auf, ihn anzustarren. Mikael hatte sich erst eine halbe Stunde zuvor vergewissert, dass der blaue Fleck auch wirklich vom Kragen verdeckt wurde. Er war verblasst und ohnehin kaum noch zu sehen.
    »Sind Sie fertig?«, fragte Mikael. »Wir müssten zurück auf die Station.«
    Finne nickte, wandte den Blick aber nicht von Mikaels Hals. Er trat einen Schritt näher und hob die Hand.
    Mikael zuckte instinktiv zurück. Seine Rechte machte sich bereit, Finne am Arm zu packen. Nach Aulis’ Attacke hatte er selbst beim Einkaufen so reagiert, als ihn versehentlich jemand berührte. Finne ist ein alter Knacker, ermahnte Mikael sich. Siebenundvierzig Jahre älter als ich, mehr als siebzehntausend Tage.
    Er ließ die Hand sinken. Finnes ausgestreckter Finger näherte sich seinem Kinn, fuhr darunter.
    »Was machen Sie da?«, fragte Mikael und lachte auf.
    Finne gab ihm keine Antwort. Seine Fingerspitze berührte Mikaels Adamsapfel. Er bewegte die Lippen, doch außer seinem Atem war kein Laut zu hören.
    Mikael wich zurück, langsamer und besonnener als zuvor. Er legte eine Hand auf den Arm des Alten.
    »Jetzt ist es besser«, erklärte Finne.
    »Dann gehen wir«, sagte Mikael und stand auf. Die Plastikbeine des Stuhls schrabbten über den Boden und machten dabei ein Geräusch, das an das Aufheulen eines Tieres erinnerte.
    Finne streifte das Unterhemd über. Als der kahle Kopf imHalsausschnitt erschien, lag ein müdes Lächeln auf seinem Gesicht.
    Sie verließen das Bad, und Mikael vergewisserte sich, dass die Tür ordnungsgemäß verschlossen war. Finne schlurfte geradewegs in sein Zimmer, wo er sich bis zur nächsten

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