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Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Titel: Leichentücher: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Hautala
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wenn Sie das nächste Mal mit Finne sprechen«, sagte Hannele Groos.
    »Sie meinen, ich soll glauben, was er redet?«
    »Nein, aber Sie sollen ihm nicht entgegentreten wie einem Verrückten. Das ist unsere größte Schwäche. Wir können uns nicht in die Situation der Patienten einfühlen, weil wir sie für Idioten halten.«
    Mikael nahm eine Bewegung an der Tür wahr. Helminen stand mit geröteten Augen auf der Schwelle.
    »Ach, guten Abend«, sagte Helminen, an Hannele Groos gewandt.
    »Guten Morgen«, gab sie zurück, ohne ihn anzusehen.
    »Ist was passiert?«, fragte Helminen.
    »Nein. Ich bin nur mal vorbeigekommen, weil ich nicht schlafen konnte«, antwortete Groos. »Hier soll es so etwas wie ein einschläferndes Feng Shui geben.«
    Helminen schluckte und warf einen Blick in den Aufenthaltsraum, als wäre er ein Vorbild an unermüdlicher Aufmerksamkeit und jederzeit auf alles gefasst. Mikael war überzeugt, dass Helminen nicht wusste, was Feng Shui war.
    Hannele Groos stand auf und gähnte hinter vorgehaltener Hand.
    »Ab sofort müssen Sie darauf gefasst sein, dass die Diensthabende ab und zu auf der Station erscheint, auch nachts. Wenn Helminen noch einmal während der Schicht pennt, gibt es Ärger, und zwar nicht zu knapp.«
    Helminen gab keine Antwort. Er sah die Chefärztin stumm an, ohne eine Miene zu verziehen.
    Hannele Groos verließ die Station.
    »Puuh, was für eine Schnüfflerin«, sagte Helminen im Flüsterton, obwohl die Tür hinter Groos längst zugefallen war. Über Jokela hatte man hinter dessen Rücken immer unverblümt hergezogen, aber die Frau hatte etwas Furchterregendes an sich, das den Verdacht weckte, sie besitze ein übernatürliches Gehör.
    »Hast du was Schönes geträumt?«, fragte Mikael.
    »Leck mich am Arsch. Ich bin immer wachsam, auch wenn ich mal die Augen zumache. Verdammt noch mal, ich wache bei jedem Patientenfurz auf.«
    Mikael ließ sich nicht auf einen Streit ein, aus irgendeinem Grund wollte er auf der Stelle aus dem Stationszimmer hinaus. Er ging am Eingang zur Station vorbei und schaute durch das Fenster in das dunkle Treppenhaus, hoffte, einen Blick aufGroos’ weißen Kittel zu erhaschen. Das gelang ihm nicht, doch stattdessen kam ihm eine Erkenntnis. Als er bei dem albernen Trick in den Aufenthaltsraum geblickt hatte, war der Kreis, den er gesehen hatte, klar gewesen, eine geschlossene Linie. Keine Punkte.
    Für den Rest der Nacht war von Helminen kein Schnarchen mehr zu hören. Mikael lehnte sich im Fernsehzimmer des Männerflügels ans Fensterbrett und versuchte, nicht im Stehen einzuschlafen. Ein Hase, der über den eingezäunten Hof lief, schreckte ihn aus dem drohenden Halbschlaf. Das Tier stand unter einer der beiden Lampen und drehte die Ohren. Mikael wartete, bis der Hase im Dunkel verschwand, und machte dann eine Runde durch den Männerflügel. Er warf einen kontrollierenden Blick in jedes Zimmer, ließ sich anschließend in einen Sessel im Fernsehzimmer fallen und schloss die Augen. Hannele Groos’ Lachen hallte durch die Dunkelheit hinter seinen Lidern.
    Irgendwann in den frühen Morgenstunden schrak Mikael hoch; er begriff, dass er im Sessel vor dem dunklen Bildschirm eingeschlafen war. Am Rand seines Blickfelds zuckte etwas, eine schnelle, bruchstückhafte Bewegung, Traumfetzen, die nicht sterben wollten. Sekundenlang verspürte er Panik, als wäre er in einem dunklen Aufzug erwacht. Er fixierte seine Schuhspitzen.
    Im Dienst. Wach. Am Leben.
    Als er sich die Wangen rieb, begriff er plötzlich, dass er dort eine Berührung gespürt hatte. Ein langsames Streicheln, das am Ohr ein Kitzeln hinterlassen hatte. Das hatte ihn geweckt. Es war ein vertrautes Gefühl. Vertraut, aber nicht in Worte oder Bilder zu fassen.
    Mikael beugte sich vor und blickte sich um. Das Fernsehzimmer war leer. Nur das Spiegelbild seines weißen Kittelszappelte auf dem dunklen Bildschirm, als ob niemand darin steckte.
    Vielleicht war Helminen herangeschlichen, um sich auf seine Kosten einen Spaß zu machen, sich für die Frotzelei über sein Schnarchen zu rächen, und stand nun mit angehaltenem Atem auf dem Flur. Mikael spürte, wie der Gedanke einen Adrenalinstoß auslöste.
    Er stand auf und sah zum Fenster hin. Die Lampen im Hof bildeten bläuliche, an den Rändern zerfließende Lichtkreise. Außerhalb davon herrschte pure Schwärze. Er seufzte tief, wie um sich gegen Helminens Versuch, ihn zu erschrecken, zu wappnen, und machte einen Schritt in Richtung Flur.
    Dann blieb er

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