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Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Titel: Leichentücher: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Hautala
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winkte.
    Sie formierten sich in gerader Reihe und sahen zu, während zwei Offiziere sich heftig stritten.
    »Stillgestanden!«, brüllte einer der beiden, als sich Zigarettenrauch ausbreitete und die Mauser über die Schultern hingen, wie sie wollten.
    Die Auseinandersetzung zwischen den Offizieren artete in Gebrüll aus. Olavi hätte gerne jemanden, der besser Deutsch verstand, gefragt, worum es ging, wagte aber kein Wort zu sagen.
    Schließlich wurden sie wieder auf die Wagen beordert, die sie zu ihrer provisorischen Unterkunft zurückbrachten.
    »Was für ein Krieg soll das denn sein, verdammt«, meckerte jemand, als die Spannung nachließ und der Wagen über das Kopfsteinpflaster zum Ausgangspunkt zurückkehrte.
    »Ein Blitzkrieg«, antwortete ein anderer.
    Olavi hörte das Gelächter wie durch Watte, als wären seine Ohren halb taub und die Außenwelt läge plötzlich in weiter Ferne. Langsam streckte er die Finger und betete darum, dass sie rechtzeitig zurückkamen. Die Frau ging immer zur selben Zeit am Haus vorbei, pünktlich wie die Uhr. Sie zu verpassen erschien Olavi schlimmer, als wenn die Sonne nicht mehr aufgegangen wäre.
    Als Olavi in der Nacht erwachte, war es um ihn herum stockfinster. Er merkte, dass er sich nicht bewegen konnte. Die Panik hatte bereits im Schlaf eingesetzt, das langsam aufkeimende Gefühl, dass seine Gliedmaßen ihn im Stich gelassen hatten. Nun wuchs sie an, da er auch im Wachzustand keine Zuflucht mehr hatte.
    Olavi versuchte zu schreien, doch die Anstrengung führte lediglich dazu, dass die in der Dunkelheit treibenden Farben zerfielen. Erst der Gedanke an die schlanken Hände der Frau am Fahrradlenker erweckten seine Glieder wieder zum Leben. Diese Hände lenkten die Welt, führten ihn durch Dreck und Schlamm, es gab ein Ziel.
    Mit Tränen in den Augen lag Olavi im Bett und dankte der Frau, die ihn niemals auch nur angesehen hatte.
    Nur im Traum wagte Olavi, sich an den Steinfußboden unter seinem Rücken zu erinnern, an den großen Saal, in dem seine Gliedmaßen ihn zum ersten Mal im Stich gelassen hatten.
    Wenn ihr euch jetzt fürchtet …
    Die Stimme des Dolmetschers war durch den Saal gekreist, den ratternden Worten des Ausbilders folgend, hatte von zwei Seelen gesprochen, von der Überwindung des Grauens, von vollkommenen Soldaten.
    … werdet ihr euch bis ans Ende eures Lebens fürchten.
    Ansonsten herrschte völlige Stille, denn niemand vermochte zu sprechen. Eine Spritze war in den Arm des mutigen Mannes injiziert worden, der bereit war, zu kämpfen und zu sterben.
    Die Betäubung hatte sich rasch ausgebreitet. Dann war die Blindheit gekommen, als wäre plötzlich das Licht ausgeschaltet worden. Die Gedanken ließen sich nicht mehr zügeln, als hätte jemand das Zeitgefühl und die Erinnerung in tausend Stücke zerschlagen.
    Aus dem mutigen jungen Mann war ein Tier in einem zuengen Käfig geworden, tollwütig vor Entsetzen. Unbeweglich. Stumm.
    Nur die Stimme war geblieben.
    Tretet dem Tod jetzt entgegen, dann werdet ihr nie mehr Furcht empfinden.

29
    Auf dem Hof der Klinik sollte ein kleiner Wettlauf der Patienten stattfinden. Mikael hatte nichts davon gewusst, denn Maila war am Vortag auf die Idee gekommen, als er freigehabt hatte.
    »Darf Finne teilnehmen?«, rief Maila ihm zu, sobald er die Station betrat.
    »Woran?«, fragte Mikael verdattert.
    Maila erzählte ihm von ihrem Vorhaben, das in Mikaels Ohren völlig idiotisch klang. Er versuchte, seinen Ärger zu verbergen. Er wusste, warum er die Spätschichten so unangenehm fand. Man geriet gleich zu Beginn in das Chaos, das unruhige Patienten und übereifrige Pfleger der Frühschicht angezettelt hatten.
    »Groos hat erlaubt, dass Finne mitläuft«, versicherte Maila. »Sie sagt, sie mache sich um ganz andere Patienten Sorgen, die um einiges jünger sind als er.«
    »Will er denn teilnehmen?«
    »Ja.«
    Mikael zuckte mit den Schultern. »Na schön«, sagte er, obwohl ihm der Gedanke ganz und gar nicht behagte. »Brauchst du Aufseher?«
    »Autio hat versprochen zu kommen, und ich dachte, du könntest auch helfen. Wenn es dir recht ist.«
    »Klar.«
    Mikael ließ Maila stehen und ging ins Stationszimmer.
    Der für den Ausgang zur Verfügung stehende Hof war eine rechteckige Rasenfläche. Ein Maschendrahtzaun, der nach oben zu einwärts gebogen war, umgab den Platz.
    Maila scheuchte schließlich das Trüppchen der Läufer an den Start. Die Situation hatte etwas Bizarres, was Mikael ohne den Anflug eines Lächelns

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