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Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Leichentücher: Psychothriller (German Edition)

Titel: Leichentücher: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Hautala
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überholt und näherte sich Laukkanen. Seine Schritte waren geschmeidig, aber kurz. Er fuchtelte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten. Was für ein lächerlicher Gedanke, dieser Mann könne eine Flucht auch nur in Erwägung ziehen. Obwohl er das Hauptfeld der Läufer schnell hinter sich gelassen hatte, war er doch unverkennbar ein alter Mann.
    Während Laukkanen wie ein Traber blindlings voranstapfte, wich Finne hin und wieder auf den Rasen aus. Mikael sah bereits kommen, dass es früher oder später eine Kollision geben, dass Finne Laukkanen irgendwann in den Weg laufen würde, und überlegte einen Moment lang, ob er einschreiten sollte.
    Laukkanens Schulter traf Finne hart. Noch hielt der Alte das Gleichgewicht, obwohl sein Oberkörper sich bedrohlich neigte.Laukkanen, durch den Zusammenstoß aus seiner Trance gerissen, stieß Finne zur Seite und lief weiter.
    Finne dagegen stürzte. Wie in Zeitlupe gaben seine Gelenke nach, bis seine Wange den Rasen berührte.
    Maila rannte zu Finne hin. Mikael folgte ihr. Laukkanen und die anderen setzten ihren Lauf fort, als wäre nichts geschehen.
    »Sind Sie verletzt?«, fragte Maila.
    Finne reagierte nicht. Sein Gesicht war verzerrt, er rang nach Luft. Sein Mund war dabei so seltsam geöffnet, dass die wenigen noch verbliebenen Zähne sichtbar wurden. Tot , dachte Mikael und trat einen Schritt zurück.
    Dann aber zuckte Finnes einer Arm. Er setzte sich auf, kam schließlich mühsam auf die Beine. An der Wange prangte ein grünbrauner Fleck.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Maila und suchte Finnes Blick. Aber sie bekam keine Antwort. Finne wandte den Kopf ab und fixierte die Läufer, vor allem Laukkanen, dessen Gesichtsausdruck verriet, dass er gar nicht kapiert hatte, was passiert war.
    »Antworten Sie«, mischte Mikael sich jetzt ein. »Haben Sie Schmerzen?«
    Finne sah ihn unverwandt an. »Nein.«
    Seine Stimme war kalt. Fahrt zur Hölle, ihr Balsamierer, schien sie zu sagen. Mikael hatte noch nie eine solche Wut in Finnes Gesicht gesehen, hatte nicht erwartet, dass die Augen des Alten sich in derartigem Hass verengen würden.
    In diesem Moment drehte Finne sich um und lief auf Laukkanen zu, der inzwischen von Autio aufgehalten worden war.
    »He!«, rief Mikael und rannte Finne hinterher. Er hörte Mailas Schritte hinter sich.
    Finne hatte Laukkanen beinahe erreicht.
    »An den Grubenrand …«
    Mehr verstand Mikael nicht, er sah nur, dass Finne zwei Meter vor Laukkanen plötzlich stehen blieb, und auf dessen Gesicht zeigte.
    »Du solltest dich entschuldigen«, sagte Autio zu Laukkanen, bereit, ihn vor Finne zu schützen. Die anderen Patienten standen neugierig um sie herum.
    Laukkanen keuchte noch vor Anstrengung und sah aus, als wäre ihm großes Unrecht widerfahren. Er hatte alles gegeben, und nun wurde er ausgeschimpft. Einen winzigen Moment lang glaubte Mikael, ein Kind vor sich zu sehen, das so etwas hundert, nein tausend Mal erlebt hatte, einen hyperaktiven Jungen, der widersprüchlichen Anweisungen ausgeliefert war.
    Finne ließ die Hand sinken und murmelte etwas. Mikael hatte den brennenden Wunsch, zu wissen, was Finne sagte, verstand seine Worte aber nicht. Jedenfalls war es Finne gelungen, Laukkanens Schuldgefühle zu wecken. Der junge Mann schluckte und entschuldigte sich.
    Finne starrte Laukkanen noch eine Weile an. Dann machte er eine kleine schwingende Handbewegung.
    »Bringt ihn weg«, sagte er ruhig, als erteilte er seinen Untergebenen einen Befehl. Dann drehte er sich um und ging zum Haus zurück.
    »Das hätte böse ausgehen können«, sagte Autio in lehrerhaftem Ton und sah Laukkanen streng an. »Du hast einen alten Mann umgestoßen.«
    Mikael wollte sich die Strafpredigt nicht anhören. Außerdem musste er nach Finne sehen.
    Finne stand an der Tür und machte eine Miene, als hätte er schon seit Stunden auf Einlass gewartet. Mikael zog den Schlüssel aus der Tasche. »Du hast einen grünen Fleck an der Backe«, sagte er.
    Finne hob die Hand und rieb sich die Wange. Betrachtete seine Finger. Rieb erneut. Sein Gesicht war nun vollkommen ausdruckslos, nur sein Mund bewegte sich. Tonlose Wörter ließen die Lippen zucken, doch sie waren nicht für die Ohren seines Pflegers bestimmt.
    Mikael nahm Finne in Augenschein, fragte ihn, ob er Schmerzen habe, bat ihn, Hand und Finger zu bewegen. Der Alte gehorchte zögernd, widerstrebend. Ein Gesprächskontakt war nicht herzustellen. Finne sah beharrlich an Mikael vorbei. Antwortete mit Nicken, Kopfschütteln

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