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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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glaubst, dass ich dich betrogen habe?«, fragte er mit erstaunter Miene. »Die ganzen Jahre schon?«
    »Na ja«, sagte sie, »du schienst mich nicht zu lieben oder mich nicht sehr zu wollen, und du warst so viel unterwegs. Es war offensichtlich, dass du deine Gelegenheiten hattest. Ich habe schlicht angenommen ... ich dachte ... nun, Menschen brauchen gemeinhin mehr, als du von mir wolltest.«
    »Wirklich?«
    »Etwa nicht?«
    Sie starrten sich an. Er schielte ein wenig von der Anstrengung, ihr Gesicht scharf zu sehen. »Hättest du«, fragte er, »mehr gebraucht?«
    Sie war ihm treu gewesen, immer, aber sie war auch stets bereit gewesen, das Gegenteil anzudeuten, wenn auch nur, um für Ebenbürtigkeit zu sorgen. »Ist das wichtig?«, fragte sie nach einer Pause.Biddy hatte einen weißen Pullover an; in Winns erschöpften, brillenlosen Augen sah sie aus wie ein Engel, der weich und unwirklich unter dem blendenden Feuerball der Lampe, schwebte. Er hatte keine Antwort auf ihre Frage, und sie schien keine zu erwarten. Er wollte aufhören, über diese Dinge zu reden, diese unangenehmen Dinge, er wollte aufhören, über sie nachzudenken. Er konnte Biddy nicht sagen, dass er sich nie fester mit ihr verbunden gefühlt hatte, dass sie zu vielfältig und dauerhaft miteinander verwoben waren, als dass sie von irgendwelchen Sünden zu trennen wären. Wir sind in all unseren Tagen enthalten, dachte er. Er war täglich Teil von Biddys Leben und sie von seinem. Sie saßen schweigend beisammen. Winn fiel ein, dass er eine Ersatzbrille im Schreibtisch hatte, und er hievte sich aus dem Sessel, um sie zu holen. Unbeholfen tapste er ins Arbeitszimmer und durchwühlte blind die Schubladen. Als er, sehend, wieder ins Wohnzimmer zurückkehrte, setzte er sich zu seiner Frau aufs Sofa und tätschelte durch die Decke ihre Füße. Die Schiffsuhr auf dem Bücherregal stand immer noch auf halb fünf. »Man wird mich nie im Pequod aufnehmen«, sagte er möglichst leichthin in dem Bemühen, sich wieder in die Fahrwasser der Normalität zu manövrieren. »Jack Fenn hat es mir gesagt. Ich habe ihn getroffen, als ich zur Toilette war.«
    »Wirklich?«, fragte sie. »Hat er gesagt, warum?
    »Anscheinend können sie mich einfach nicht leiden.«
    Sie nickte. Die Uhr tickte, aber die Zeiger blieben auf der Stelle stehen. Nach einer Weile sagte sie: »Du riechst nach Kuhdung.«
    Er zog sich das Hemd über die Nase und atmete ein. Ja, da war es, erdig und scharf, gemischt mit dem sauren Geruch seiner Achselhöhlen und einem schwachen Hauch vonAgathas Moschus. »Ich bin in einem Haufen Rindenmulch gelandet.«
    »Du hättest sterben können.«
    »Das glaube ich auch. Ich bin ziemlich tief gestürzt.«
    »Hattest du Angst?«
    »Ich hab mich, glaube ich, einsam gefühlt.«
    Als Livia zehn oder fünfzehn Minuten im Bett war, ging die Tür auf, und Celeste trat ein. Wo sie die ganze Zeit gewesen war, wusste Livia nicht. Wahrscheinlich war sie woanders eingeschlafen und nach dem Aufwachen die Treppe heraufgekommen wie ein verschlafenes Kind. Celeste ging ins Bad und ließ die Tür auf, und nachdem sie gepinkelt und die Spülung betätigt hatte, schaute ihr Livia durch halb geschlossene Wimpern zu, wie sie sich in Unterwäsche vor den Spiegel über dem Waschbecken stellte, wo sie zunächst ihr Gesicht aus der Nähe betrachtete und anschließend einen Schritt zurück trat und sich von einer Seite zur anderen drehte, um ihren flachen Bauch und die Form ihres künstlichen Busens im weißen Spitzen-BH zu begutachten. Dann guckte sie über die Schulter und musterte ihr Gesäß. Ihre Beine waren so braun wie eine Pekingente, und obwohl sie so dürr war wie ein Windhund, hing ihre Haut stellenweise schlaff nach unten und hatte viele kleine, tiefe Falten – am Übergang zwischen dem Hintern und den Oberschenkeln zum Beispiel, und an der Innenseite ihrer Knie.
    Celeste schlüpfte unter die Decken des anderen Bettes und begann ihre nächtliche Sägearbeit. Livias Gedanken drifteten zu Teddy, doch sie schob sie fort, und schon trieben sie wie ein kleines Boot, das von tückischen Stromschnellen angezogen wird, zu Sterling weiter. Als sie ihnen wieder einenSchubs gab, schienen sie zu ihrem Vater schwimmen zu wollen, aber blieben stattdessen an Daphnes Bauch hängen, bei dem kleinen Mädchen in der Fruchtblase und dem Gefühl, wie der winzige Fuß von innen gegen Daphnes Haut getreten hatte. Der Wal lag auf dem Meeresboden, als Festmahl für Krebse und Fische und Würmer.

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