Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)
Haar kurz und ungelockt, trug sie einen blauen Hosenanzug, eine Perlenkette und an einer Schnur eine Brille, deren Gläser so rund und dick waren wie Bullaugen. Das war Oatsie, Dickys Mutter. Auf Maudes Seite erschien zuerst die Gummispitze eines Stocks, suchte den Boden und wurde gefolgt von zwei winzigen Füßen in weißen Leinenschuhen, dann dürren Unterschenkeln in sonnenbraunen Nylonstrümpfen und schließlich einer kleinen gebrechlichen Frau in einem rosa Chanelkostüm, gekrönt von einer Wolke Barbara Bush-Haar. Das war Mopsy. Ihrezitternden Hände klammerten sich unentschlossen an den Stock, dann an Maude und dann an die Autotür. Maude gab ihre Mutter an Dicky ab und trat an den Kofferraum. »Bloodies!«, rief sie aus und holte eine Stofftasche hervor, die sie so hoch in die Luft hievte, wie es ging, damit Winn sie sehen konnte. »Ich hatte solche Lust drauf. Ich habe sie schon zu Hause gemixt und im Flugzeug mitgebracht, Wahnsinn, oder? Daphne kann das Rezept bekommen, wenn ich sterbe, aber keinen Moment eher. Sie sind unschlagbar.«
»Das glaube ich dir aufs Wort«, rief Winn.
Die beiden älteren Söhne hatten ihr Problem endlich ausdiskutiert, und Dicky junior eilte herbei, um seiner Mutter die Tasche abzunehmen, während der andere, der unstete Erstgeborene Sterling, beleibt und in Baumwollkrepp, am Jeep stehen blieb und noch schnell ein paar Mal an einer Zigarette zog. In der Sekunde, als er sie auf den Kies warf, bellte Oatsie: »Sterling, heb die Kippe auf!«
Sterling gehorchte und warf sie hinten in den Jeep, bevor er zum Haus schlenderte. Winn ließ sich von Dicky senior die Hand zerdrücken und tanzte Wangen küssend zwischen den Großmüttern und Maude hindurch. Er ließ sich von Dicky junior, der das Haus misstrauisch beäugte, die Tasche mit den Thermosflaschen geben, und wurde Sterling vorgestellt, dem einzigen Mitglied des Duffclans, das er noch nicht kannte.
»Greysons Trauzeuge«, sagte Winn. »Du wohnst in Hongkong?«
»Richtig«, sagte Sterling.
»Wir freuen uns, dass du die Reise auf dich genommen hast. Ich weiß, wie viel es Daphne und Greyson bedeutet, dass du hier bist.«
»Klar doch.«
Sterling war erst Anfang dreißig, aber sein Gesicht war lüstern und aufgedunsen, und über seinem Gürtel hing die gemütliche, runde Wampe eines älteren Mannes. Seine Augen hinter den schönen langen Wimpern waren zwar von einem ungewöhnlichen Karamellbraun, aber sie verrieten nicht den geringsten Humor. Sein Blick war seltsam starr, ja, kalt.
»Proper Dews«, sagte Oatsie, das Schild über der Haustür lesend. »Witzig.«
»Nein, wie lustig«, sagte Maude. »Hast du dir das ausgedacht, Winn? Du bist so kreativ. Von dir muss Daphne ihre Fantasie geerbt haben. Vielen Dank für die Einladung, wirklich. Das ist zu nett. Und Greyson hat gesagt, du kochst? Wirklich, du bist zu großzügig.«
»Übertreib nicht, Maude«, sagte Oatsie.
»Was für ein Tag. Was für ein Tag«, stimmte Dicky senior mit ein.
»Ja, nicht?«, sagte Maude. »Könnt ihr es fassen, dass die Hochzeit schon so bald ist? Und diese beiden wunderbaren jungen Menschen dann zusammen ins Leben gehen? Was haben wir für ein Glück, oder? Nicht wahr?«
»Ja, das stimmt«, sagte Dicky senior.
»Doch«, sagte Dicky junior.
Maude plapperte weiter auf Winn ein, als verwechselte sie ihn mit einem Talkshowmaster. »Ich muss sagen, Daphne ist für mich schon jetzt wie eine Tochter. Wirklich wahr. Und dass es endlich eine zweite Frau in der Familie gibt, ich kann dir nicht sagen, wie wundervoll das ist. Nach den vielen Jungens, ich kann dir gar nicht sagen – ahhh, Hallo ! «
Endlich war Biddy erschienen. Das Küssen hob erneut an,und auch Maudes Gezwitscher über ihr Rezept für Bloodies und die Großzügigkeit der Van Meters ging in die zweite Runde.
»Was für ein Tag«, sagte Dicky senior.
»Kommt rein«, sagte Biddy.
Mopsy ergriff Winns Arm von hinten und packte überraschend hart zu. »Ich fürchte, ich muss ...«, sagte sie.
Er beugte sein Ohr hinunter: »Was?«
»Sie muss sich hinsetzen«, sagte Dicky junior laut. »Sie kann sich nicht lange auf den Beinen halten. Komm, Gran. Hier lang.« Er machte ihre Hand von Winn los.
»Oh, dieses Haus«, rief Maude aus, sobald sie zur Tür hinein war. »Zu hübsch. Und wie schön ihr es eingerichtet habt. So ein schönes Bild.«
»Das hat ein Freund gemalt«, sagte Winn. »Es hängt nur da, weil Biddy darauf besteht.«
»Das will ich hoffen«, sagte Oatsie und musterte das
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