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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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ist alles.« DieHärte verwandelte sich in Quarz. In ihrer Miene lag etwas, das er selbst oft genug aufgesetzt hatte, eine Mischung aus Warnung, Verachtung und Tadel. Wieder dachte er traurig, dass sie verwandte Seelen waren, sie und er. Sie drehte den Kopf zu seinen Fingern, die auf ihrer Schulter lagen, denselben Fingern, die er so hastig aus ihrem geheimnisvollen und enttäuschenden Innern gezogen hatte. »Bitte fass mich nicht an. Ich will nicht nach Möse riechen.«
    Er ließ die Hände sinken, und sie ging mit abgewandtem Gesicht an ihm vorbei. Ein kurzes, verärgertes Schulterzucken, dann lief sie nach draußen und ließ ihn mit der schmutzigen Wäsche und seinem Spiegelbild im Fenster allein.

8 · Das Ende einer Party
    Z u Livias Entsetzen wurde sie von Francis angebaggert. Als er betrunken war, spielte er den verwegenen Lebemann – lasterhaft und bewusst anachronistisch, eine Art edwardianischer Lüstling –, und auf einmal kam er richtig in Fahrt. Er beugte sich mit verschwörerischer Miene zu ihr, die Augen hinter der Hornbrille voll leidenschaftlichem Feuer.
    »Kann ich dir ein Geheimnis anvertrauen?«, fragte er zwinkernd und rückte mit seinem Sessel näher, bis seine wal-gemusterten Knie ihre unbedeckten berührten.
    »Tu, was du nicht lassen kannst.«
    Er ergriff ihre Hand und führte sie so nah an seinen Mund, dass sie seinen Atem auf ihren Knöcheln spürte. »Du musst schwören – bei Daphnes Baby schwören –, dass du es für dich behältst.«
    »Ich schwöre nicht bei Daphnes Baby.«
    Ohne zu zögern, sagte er: »Ich erzähl’s dir trotzdem.«
    »Wenn’s unbedingt sein muss.«
    »Du bist das hübscheste Mädchen hier.« Er küsste ihre Finger.
    Sie stieß ein schrilles Lachen aus; sie konnte ihr Pech einfach nicht fassen. Vor dem Abendessen hatte sie noch gedacht, Sterling wäre ihr sicher, doch dann war Agatha angerückt,und er hatte weder Livias Schweigen noch ihren Rückzug zu einem weit entfernten Sessel zur Kenntnis genommen. Zu allem Elend war Sterling nun auch noch verschwunden – wohin, wusste Livia nicht –, und Agatha war ebenfalls nirgends zu sehen. Dieser Umstand war auch den anderen Übriggebliebenen auf der Terrasse nicht entgangen, der Party-Nachhut: Greyson, Dicky junior, Francis, Charlie, Dominique und Piper. Piper lag mit berauschtem Blick seitlich zu einer Kugel zusammengerollt in ihrem Sessel und kicherte über alles und nichts, den limonengrünen Zopfpullover über die Knie gezogen, so dass nur noch die Zehen unten herausschauten. Dominique pulte das Etikett von ihrer Bierflasche, während Dicky junior redete; sie hielt den Kopf in seine Richtung geneigt, damit es so aussah, als höre sie ihm zu.
    Nachdem sie Sterling aus den Augen verloren hatte, war Livia notgedrungen zu dem Entschluss gekommen, es mit Plan B zu versuchen, und das bedeutete vermutlich Charlie. Die Vorstellung eines Techtelmechtels war ihr ans Herz gewachsen, und mittlerweile war sie bereit zu nehmen, was sie kriegen konnte, natürlich innerhalb gewisser Grenzen. (Und das schloss Francis nicht ein.) Doch Charlie war einer von diesen verwirrenden Jungs, die den ganzen Abend nett zu einem waren und einem dann einen Kuss auf die Wange drückten und allein nach Hause gingen. Sie hatten sich unterhalten, und sie hatte ein paar flirtende Untertöne einfließen lassen, aber nach einer Weile hatte er sich entschuldigt und war zu Piper gegangen, dabei war Piper nicht mal Single. Livia sank in sich zusammen wie ein missglücktes Soufflé. Es sollte doch nicht so schwer sein, einen willigen Partner zu finden. Eigentlich müsste sie, ein Mädchen voneinundzwanzig Jahren – ein Mädchen von einundzwanzig Jahren, das erst kürzlich einen Skandal verursacht hatte und zwei Kleidergrößen schlanker geworden war – sich vor Verehrern doch kaum retten können.
    »Nein, das bin ich nicht«, sagte sie zu Francis, »und das weißt du genauso gut wie ich.«
    Mit einer einzigen schnellen Bewegung senkte er den Kopf und schmiegte seine Wange in ihre offene Hand. Peinlich berührt blickte sie sich um. Charlie lächelte ihr zu. »Doch, bist du«, sagte Francis. »Ich bin hin und weg.«
    »Seit wann?«
    »Seit ich dich im Mondschein sah.«
    Sie schnaubte und zog ihre Hand weg.
    »Es stimmt!«
    »Ich dachte, du hättest eine Freundin.«
    »Das ist vorbei.«
    »Was ist passiert?«
    »Ihre Titten waren zu groß.«
    »Was?«, rief Livia ungläubig. »Sind sie etwa gewachsen?«
    »Nein, sie waren schon immer zu groß. Eines

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