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Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition)

Titel: Leichte Turbulenzen bei erhöhter Strömungsgeschwindigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Shipstead
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Tages konnte ich sie nicht mehr ertragen.«
    »Francis, so was würde ein Gentleman niemals über eine Frau sagen«, warf Dicky junior von der anderen Seite des Kreises ein; er klang wie Oatsie.
    Wieder zwinkerte Francis Livia zu. »War nur ein Scherz.«
    Bemüht locker sagte sie: »Wie kannst du mir gegenüber von ›Titten‹ sprechen, während du einen auf Mondschein und Rosen machst? Sei einfach normal, Francis.«
    »Tut mir leid. Du hast gefragt.«
    Livia warf Dominique einen flehenden Blick zu. »He,Francis«, rief Dominique. »Ich hab gehört, du warst in einem Kloster?«
    Piper, die sich nach und nach immer mehr in ihren Pullover verkrochen hatte, bis nicht nur Beine und Füße, sondern auch Hände, Kinn, Mund und Nase verschwunden waren, schoss wie eine Schildkröte aus ihrem Ausschnitt hervor. »Du warst in einem Kloster?«, fragte sie.
    Francis nickte bescheiden. »Ja.«
    »Nur für vier Tage«, sagte Dicky.
    Francis spielte mit den Perlen seines Armbands. »Die klösterliche Lebensweise war nichts für mich. Aber der Buddhismus ist nach wie vor ein sehr wichtiger Teil von dem, was ich bin.«
    Livia verdrehte die Augen, die anderen sahen es, und Francis sah, dass sie es sahen, und schaute sie an. Sie begegnete seinem fragenden Blick mit einer Miene unschuldiger Aufmerksamkeit.
    »Und um ehrlich zu sein«, fuhr er fort, »war die Rückkehr in die Außenwelt ein schwieriger Übergang. Ich betrachtete die Menschen um mich herum – Leute, die zur Arbeit gingen, zur Post oder zu Whole Foods –, und fand es deprimierend, dass niemand innehielt und den Augenblick wahrnahm. Als bestünde das ganze Leben nur aus ›das ist mein Parkplatz‹, ›geht es nicht schneller‹, ›ich will den letzten Bagel‹. Ich weiß nicht. Ich habe mich ziemlich verloren gefühlt. Ich glaube immer noch, dass der Augenblick das Wichtigste ist. Du musst im Augenblick sein . Der Augenblick ist die Einheit des Seins.«
    »Ah«, sagte Piper und zog sich wieder in ihren Pullover zurück, »bist du Vegetarier?«
    »Heute Abend, ja. Ich habe eine Hummerallergie.«
    »Du hast bergeweise Räucherlachs verdrückt«, sagte Dicky und versuchte, einen Rülpser zu unterdrücken. »Lachs ist kein Gemüse.«
    »Meditierst du?«, fragte Piper. »Glaubst du an die Wiedergeburt?«
    Livia merkte, dass Francis genervt war. Sie hatte ihm ganz ähnliche Fragen gestellt, als sie sich kennengelernt hatten, und seither miterlebt, wie andere versuchten, seine Variante des Buddhismus zu verstehen. Viele Leute wurden neugierig bei der Vorstellung, dass ein WASP von der Upper East Side dem Materialismus den Rücken kehrte und sich auf Lotusblüten und Banyanbäume verlegte, aber da Francis nicht so weit gegangen war, seinen Glauben durch irgendwelche Praktiken zu untermauern, endete es meist damit, dass seine Inquisitoren sich auf den Arm genommen fühlten und er sich ausgebremst und missverstanden fühlte. »Eigentlich nicht«, sagte er.
    »Francis wird als Mistkäfer wiederkommen«, sagte Dicky.
    »Und du als Schweinearschloch«, gab Francis zurück.
    »Man kann nicht als Teil von etwas wiedergeboren werden, sogar ein falscher Buddhist sollte das wissen.«
    »He«, sagte Greyson. »Jetzt mal sachte.«
    »Aber solltest du nicht daran glauben?«, fragte Piper. »Gehört das nicht dazu?«
    »Unglücklicherweise«, sagte Francis, »wurde ich mit einem logischen Verstand geboren. Es fiel mir schon immer schwer, meine spirituelle Seite mit meinem Intellekt zu vereinbaren.«
    »Mach dir nichts draus, Piper«, sagte Greyson. »Wir haben es alle schon versucht. Wir glauben, er war bloß scharf auf das Armband.«
    Francis streckte sein Handgelenk aus. »Das war ein Geschenk von einem Lama in Nepal.«
    »Du hast es in der Canal Street gekauft«, sagte Dicky.
    »Nein, das ist nicht wahr.«
    »Und deine Brille ist reine Dekoration.« Dicky spuckte die Worte förmlich aus.
    »Na und?«, sagte Francis. »Mir gefällt sie!«
    Peinliches Schweigen. Dominique sah Livia an und zuckte die Achseln.
    »Vielleicht sollten wir für heute Feierabend machen«, sagte Greyson, und dann kam Sterling über den Rasen auf sie zu.
    »Wo hast du denn gesteckt?« Livia versuchte, einen gespielt herablassenden Ton anzuschlagen, fürchtete jedoch, dass sie schrill klang.
    Er setzte sich neben sie und füllte so die einzige Lücke in dem Kreis. Sofort wich Francis zurück und zog seinen Sessel ein Stück weg. Sie waren zu acht, und wie sie da saßen, im Windschatten des Hauses zusammengekauert,

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