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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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erlittenen Verletzungen hab ich mich kalt gemacht, um mich vor dir zu schützen. Ich gebe zu, anschließend muss es für dich schwierig gewesen sein, mich noch irgendwie zu erreichen. Ich dachte: Das kann’s doch nicht gewesen sein. So soll Beziehung aussehen? Diese Enge. Dieser Stillstand. Künstlerisch war ich vollkommen lahmgelegt. Keine Inspiration. Verstehst du? Offenbar hat mich deine Liebe regelrecht erdrückt, zugegeben: Du konntest machen, was du wolltest, ich empfand dich als eine einzige Zumutung. Tut mir leid, Ivy. Auf der anderen Seite wollte ich mal wissen, wie weit ich gehen kann und du mich trotzdem noch liebenswert findest.«
    »Okay.« Ivy schluckte. »Das tut mir wiederum leid. Ich hab nicht gewusst, dass ich dich so gequält habe. Das wollte ich bestimmt nicht.« Ihre Lippe zitterte. Schon glitt die erste Träne an ihrem Nasenflügel hinunter und tropfte in den Ausschnitt ihres Sommerkleides.
    »Oh, bitte! Nicht weinen!« Javis lachte verlegen. Er legte seinen Arm um Ivys Schulter und zog sie an sich. »He! Nicht weinen! Ist doch alles längst vergessen.«
    Es half nichts. Aus Ivy brach die Erschütterung hervor. Die nackte, kalte Erschütterung über das Ausmaß an Kaltblütigkeit und Faktenverzerrung. Ständig war sie zu seinen Theaterproben mitgegangen, hatte anschließend mit ihm darüber diskutiert und ihn motiviert. Nie zuvor hatte er sie so fest umarmt, niemals hatte er sie so gehalten, wie ein Mann es eigentlich tun sollte, um seine Frau zu schützen, zu trösten und ihr beizustehen. Niemals hatte er darauf reagiert, wenn sie geweint hatte, außer mit Verachtung und Hohn. Jetzt war es ihr egal, vor Javis zu weinen. Die Neugier war viel zu groß, zu erfahren, wie viel erlittener, durch ihn verursachter Schmerz sich in ihr über all die Jahre eingekapselt hatte. Er sollte sich in diesem Augenblick in seinem ganzen hässlichen Ausmaß zeigen. Wie ein Schwarm wütender Insekten, quoll er aus ihr hervor und erfüllte surrend und brummend den gesamten Raum, bis auch das letzte Insekt seine Flügel im knisternden Feuer des Kamins versengt hatte.
    Javis reichte Ivy ein Papiertaschentuch, das er inzwischen aus der Gästetoilette geholt hatte. »Wir haben uns einfach in einer sehr schwierigen Phase unseres Lebens kennengelernt und uns beide nicht geschont. Außerdem haben es uns die Leute, die uns umgeben haben, auch nicht unbedingt leichter gemacht.«
    Ivy war zu müde, um Einspruch zu erheben. Sie wusste nicht, von welchen Leuten er sprach. Bis zu dem Moment, in dem sie ihn zum ersten Mal getroffen hatte, war sie mit sich im Reinen gewesen. Dieser Javis hatte sich im Lauf der Jahre eine verdrehte Geschichte zurechtgelegt, die es ihm erlaubte, grundsätzlich im Recht zu sein. Augenscheinlich war er das Opfer ihrer missglückten Verbindung. Ivy wollte nur noch ihre geliebte Polly-Pocket-Dose haben. Sie knautschte das feuchte Taschentuch in ihrer Hand, sodass feine Zellstoffkrümelchen auf den Teppich rieselten. Sie hätte nicht herkommen sollen, um sich einen erneuten Tritt abzuholen. Sie sah ihn direkt an, in seine hellblauen Gletscherseeaugen. »Du hast mir damals das Herz gebrochen, Javis.«
    »Ich dir? Du hast mich doch abserviert, weil Alice dir eingeredet hatte, ich sei nicht gut für dich.«
    Es war kaum auszuhalten, wie dieser Javis die Vergangenheit verzerrte, während er sich entspannt ein weiteres Glas Whiskey eingoss. »Wenn ich mir meine verwüstete Kindheit so ansehe, dann wundert mich gar nichts mehr. Ich habe durch die Trennung meiner Eltern, einfach nie gelernt zu lieben.« Er stellte sich ans Fenster und blickte versonnen hinaus in die regnerische Nacht. Jetzt verlieh er seiner Stimme eine süßlich melancholische Tiefe. »Weißt du, in letzter Zeit ist mir überhaupt erst bewusst geworden, wie viel von Anfang an in meinem Leben schiefgelaufen ist, wie viel ich schon als Junge durchleiden musste. Ständig wurde ich von meinen Eltern für ihre Zerwürfnisse verantwortlich gemacht. Wenn ich mir heute vor Augen führe, unter welchen emotional schwierigen Umständen ich aufgewachsen bin, könnte ich mir den Strick nehmen. Es ist hart, aber irgendwann musste ich einsehen, dass ich vermutlich niemals glücklich werden kann. Es ist einfach zu viel Mist gelaufen. Davon erholst du dich nicht. Kannst du gar nicht.« Er seufzte. »Na ja, Ivy. Es kann ja nicht jeder so behütet und idyllisch aufwachsen wie du. Auf dem Land, mit ein paar Schafen, mit Eltern, die sich nicht plötzlich scheiden

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