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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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hatte es ihr im letzten Jahr zu Weihnachten geschenkt. Dies schien der geeignete Augenblick zu sein, das Briefpapier einzuweihen und somit den Wendepunkt ihres Lebens zu markieren. Genau in diesem Moment würde Ivy zu dem für sie ursprünglich vorgesehenen Leben zurückkehren.
    Mit Hilfe eines Lineals zog sie feine waagerechte Bleistiftlinien und notierte, was sie sich (nicht mehr) wünschte:
    – Einen witzigen, klugen, mutigen, kultivierten Partner bis zum Lebensende
    – Kinder
    – Keine Orgasmusprobleme
    – Nicht ausgebeutet werden
    – Nie wieder Erbrochenes aufwischen müssen
    – Sich nicht abhängig machen
    – Geliebt / vergöttert werden
    – Ruhe
    – Genügend Schlaf
    – Zeit nur für mich
    – Eine Gehaltserhöhung
    – Gesundheit
    – Die Flugangst loswerden
    – Frieden
    – Intelligenz
    – Keine Falten
    – Eine wichtige, die Welt erschütternde Entdeckung machen
    – Nicht aufgeben
    Nicht aufgeben? Das war ja ein grauenhafter Plan!
    Ivy zerknüllte die Liste und warf sie in den kleinen Mülleimer im Bad. Der Deckel klappte mit einem blechernen Scheppern wieder zu. Dann, nach kurzem Zögern, holte sie den zerknüllten Zettel wieder aus dem Mülleimer und hielt über dem Waschbecken ein brennendes Streichholz daran, bis nichts als schwarze Asche von ihm übrig blieb. Noch war Ivy nicht bereit für den Wunsch aller Verzweifelten: nicht aufzugeben. Denn dann war es bereits zu spät, um noch die Kurve ins Glück zu kriegen. Im Nebenzimmer klopfte es an die Wohnungstür. Es war klar, wer das war. Und es war klar, dass Ivy nicht die Tür öffnen würde. Sie hielt die Luft an, um keinen Laut von sich zu geben.
    »Ivy, ich weiß, dass du da bist, mach auf.«
    Es klopfte wieder. Natürlich wusste Eve, dass Ivy zu Hause war. Sie lief ja seit einer Stunde über ihrem Kopf hin und her. Vielleicht konnte Ivy so tun, als würde sie schon schlafen. Oder als würde sie duschen. Oder sich die Haare föhnen. Das war alles zu aufwendig und würde Eve auch nur kurzfristig vertreiben. Wenn Eve um diese Uhrzeit klopfte, brauchte sie seelischen Beistand. Also ging Ivy zur Tür, öffnete sie und drehte sich wieder um, ohne ihre Nachbarin anzusehen, die mit strähnigem Haar, T-Shirt und engen Jeans auf der Schwelle stand. »Komm rein.«
    »Ich hab meinen Mann geschlagen.«
    Um Ruhe auszustrahlen, setzte sich Ivy auf ihre Bettkante und nahm die Farbkopien hoch, die auf dem Bücherstapel neben ihrem Nachtschränkchen lagen. Die Bildbände über Vincent van Gogh hatte sie sich in der letzten Woche unten in Woods Buchladen auf Kosten von Madame Tussauds besorgt. Seitdem galt sie als Woods Premiumkundin. Das Problem war nur: Ivy hatte die Quittung für diese enorme Anschaffung verloren und konnte sie somit nicht mehr bei ihrem Arbeitgeber einreichen. Jedes Mal, wenn sie zur Recherche Material einkaufte, verlegte sie die Belege, und ihr Gehalt schrumpfte auf ein Minimum zusammen. Sogar die Reise quer durch England, hoch nach Schottland, um an Tilda Swinton Maß zu nehmen, hatte sie ausgelegt, inklusive der vier Tage Aufenthalt im idyllischen Aurora-Hotel. Sämtliche Belege hatte sie verloren.
    Eve machte einen Schritt herein. »Ivy! Ich hab gesagt, ich habe Frank geschlagen.«
    Ivy schaute Eve entgegen, die nun hinter sich die Tür ins Schloss drückte. Ihr irritierter Blick fiel auf die am Boden liegende leere Whiskeyflasche. Ivy lächelte. »Setz dich.«
    »Ich hab auf ihn eingeschlagen, als die Jungs noch nicht im Bett waren. Die beiden Mäuse haben alles mitbekommen.«
    Eve setzte sich auf die Sesselkante und knetete verzweifelt die Hände. »Was soll ich denn jetzt machen?«
    »Dich bei ihm entschuldigen und ihm versprechen, dass das nicht wieder vorkommt.«
    Ivy blickte ihre Nachbarin aufmunternd an. Dabei notierte sie sich im Hinterkopf, dass sie dringend Fortier, ihren Chef, mal ansprechen musste, wie sie sich einig werden konnten, was die von ihr ausgelegten Beträge anbelangte. Die Farbkopien von van Goghs Selbstporträts hatte Willem extra für sie unten in Fortiers Vorzimmer angefertigt – dabei hatte Ivy ihn gar nicht darum gebeten. Ständig erledigte er solche Handlangerdienste für sie. Auch mit Willem musste sie sprechen.
    Ivy legte die Blätter beiseite und blickte Eve abwartend an. Es war nicht das erste Mal, dass ihre Nachbarin hier oben saß und berichtete, dass sie Frank geohrfeigt hatte. Um genau zu sein, hockte sie einmal im Monat hier oben auf der Sesselkante. Kurz bevor sie ihre Tage bekam. Eve lernte

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