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Leichte Turbulenzen - Roman

Leichte Turbulenzen - Roman

Titel: Leichte Turbulenzen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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einfach nicht dazu. Langsam musste sie doch begriffen haben, dass sie sich in dieser Zyklusphase besser von ihrem Mann fernhielt. Eve knirschte mit den Zähnen. »Gott, ich bin so genervt von ihm.«
    »Du weißt doch«, Ivy blinzelte hinüber zu den Farbkopien. Vincent im meergrünen Leinenanzug. »Das hört in ein paar Tagen wieder auf. Gerade findest du ihn nur aufgrund deiner Hormone schrecklich.«
    »Ich hab ihn geohrfeigt. Das hab ich noch nie getan. Ich habe Frank mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Jetzt hat er eine ganz rote Wange.«
    »Ja, genau wie letzten Monat.«
    »Da hab ich das auch schon getan?« Eve schien verwundert. »Meinst du, ich sollte mal eine Therapie machen? Vielleicht stimmt mit mir etwas nicht. So eine Antiaggressiontherapie.«
    »Hm?« Ivys Blick schweifte schon wieder hinüber zu den Farbkopien auf dem Bettüberwurf. In den kommenden Tagen musste sie allerhand Entscheidungen treffen. Wie breit seine Schultern, wie groß seine Füße und seine Hände gewesen sein mochten. Darüber gab es keinerlei Angaben, nicht einmal im Archiv von Saint-Rémy hatten sie brauchbare. Ebenso nicht über den Zustand seiner Zähne. Es existierte keine einzige Fotografie von van Gogh, abgesehen von der, die ihn im Gespräch mit seinem Freund Emile Bernard von hinten auf einem Stuhl sitzend zeigte. Aufgenommen 1886, in Asniètes.
    »Ivy? Hörst du mich? Ich hab gefragt, ob du meinst, dass vielleicht etwas mit mir nicht stimmt?« Eve schlug ihr Bein über und ließ den Fuß in der pinkfarbenen Socke wippen. »Hast du eine Zigarette für mich?«
    »Ich weiß nicht, vielleicht. Mal gucken.« Ivy erhob sich. Auf dem untersten Bord des Bücherregals stand eine verdellte Quality-Street-Blechdose, darin musste noch ein altes American-Spirit-Softpack von Javis vergammeln. Sie hob den festsitzenden Deckel ab, wobei sie sich beinahe einen Fingernagel umknickte, und reichte Eve die zerdrückte, mintfarbene Packung, aus der der getrocknete Tabak herausrieselte. Und ein Briefchen mit Streichhölzern aus dem Landmark Hotel, wo sie sich mit Javis vor zehn Jahren zu ihrem ersten Date in der Blauen Bar getroffen hatte. Eve lehnte sich zurück.
    »Okay«, sie blies den Rauch aus, »und jetzt sag mir, ob ich verrückt bin.«
    Ivy wollte nicht unhöflich sein, auch wenn sie sich gerade fragte, wie oft sie dieses Gespräch noch würde führen müssen. »Natürlich bist du das nicht. Du bist völlig normal. Du projizierst auf Frank einfach nur all die männlichen Verbrechen, die in den vergangenen zweitausend Jahren an Frauen verübt wurden, und verwechselst ihn mit den einstigen Tätern. Deswegen schlägst du auf ihn ein.«
    Eve sah sich nach einem geeigneten Aschenbecher um. »Wie alt sind diese Zigaretten, bitte?« Ihr Blick blieb an dem Schraubdeckel der Whiskeyflasche hängen. Sie nahm ihn ab und aschte in das kleine Gefäß. Ivy rechnete nach. »Mindestens drei Jahre.«
    »Woher weißt du das?«
    »Was meinst du?«
    »Die Sache mit der jahrtausendealten Leidensgeschichte?«
    »Von Alice, du weißt schon, meine Freundin, die mit den schulterlangen, hellbraunen Haaren. Die ist Psychologin.« Alles, was Ivy hatte, waren van Goghs Selbstporträts, an denen sie sich orientieren musste. Aus eigener Erfahrung wusste sie allerdings, man selbst nahm sich ganz anders wahr, als die Umgebung einen wahrnahm. Der liegende Akt, den Willem im fünften Trimester von ihr aquarelliert hatte, zeigte ein völlig anderes junges Mädchen als die Aktzeichnungen, die sie von sich selbst angefertigt hatte. Irgendwie bizarrer. Eve zündete sich eine neue Zigarette an.
    »Hast du das neulich in der Zeitung gelesen, dass schon eine Zigarette dein gesamtes Erbgut umschreibt und du deswegen bereits von der allerersten Zigarette Krebs bekommen kannst? Ich meine, ich habe während meines Studiums so viele Zigaretten geraucht, dass es jetzt sowieso schon scheißegal ist. Weißt du, was ich meine? Meine Gesundheit ist mir gerade sowieso scheißegal, weil ich mich so beschissen fühle. Am liebsten würde ich weglaufen nach Usbekistan oder Kirgisien und im Tianshangebirge in einer Blockhütte ein neues Leben anfangen. Ohne Frank, ohne die Kinder. Ganz allein. Du kannst dich so abartig glücklich schätzen, dass du ungebunden bist, Ivy. Ich rate dir, aus meiner heutigen Lebenserfahrung heraus, binde dich nie!« Eve atmete aus und stierte wütend vor sich hin.
    Ivy nickte lächelnd und hob die Farbkopie von Vincents rechtem Auge hoch. Sein Blick schien

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