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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gewesen, hatte vollkommen unter dem Pantoffel gestanden, was ihm aber zu gefallen schien. Und auch wenn er kein Arbeitstier gewesen war, hatten sie ohne schicke Sachen oder große Reisen ein schönes Leben gehabt. In den Ferien ging er mit David zum Angeln. Sie nahmen einen Berg Sandwiches und Thermosflaschen mit Tee mit und blieben den ganzen Tag, manchmal auch die ganze Nacht weg. David konnte sich nicht an einen einzigen Streit seiner Eltern erinnern. Andererseits redeten sie insgesamt wenig miteinander. Doreen war oft beim Bingo, und sein Vater verbrachte viel Zeit in seinem Schuppen. Sie hatten friedlich nebeneinander her gelebt, »kamen gut miteinander aus«, würde man sagen, genau wie David und Olive. Jedenfalls glaubte er, dass seine Frau zufrieden war, denn sie quakte eigentlich nicht viel.
    Seit aber Vernon Turbot vor zwei Tagen hereingeschneit war, war seine Mutter aufgeblüht und völlig verwandelt. Sie wirkte viel netter, frischer und beinahe zwanzig Jahre jünger. Ihr Gang hatte auf einmal etwas Beschwingtes, und ihre Stirn, die schon faltig war, solange David denken konnte, wirkte auf einmal ganz glatt. Vernon Turbot war wandelndes Botox für sie.
    »Ich gehe nicht, weil ich dich nicht liebe«, sagte Doreen unvermittelt. »Das tue ich, wirklich. Ich liebe dich und Kevin sehr, vor allem natürlich dich, weil du ja mein Junge bist.«
    Wusch! Aus heiterem Himmel musste David fast heulen, und er hustete heftig, um diesen Anfall von Gefühlsduselei zu überspielen.
    Doreen fuhr fort: »Weißt du, es gibt zwei Sorten von Leuten, mein Sohn, solche, die ohne Leidenschaft ganzzufrieden leben können, und solche, denen es immer bestimmt war, die große Leidenschaft zu erleben. Ich bin eine von denen, die fühlen müssen, dass ihr Herz für jemanden schlägt, und Vernon ist genauso. Herbert war anders. Er war mit seinem Schuppen, seinem kleinen Garten und seiner Angel rundum zufrieden. Meine Eltern waren auch so; meine Mutter hatte ihr Strickzeug, mein Vater seine Spaniels. Ich schätze, du kommst nach ihnen.« Sie seufzte. »Ich weiß nicht, was ich mir aussuchen würde, wenn ich die Wahl hätte. Vieles wäre so viel einfacher gewesen, hätte ich damit zufrieden sein können, dass das Aufregendste in meinem Leben eine neue Rundstricknadel ist. Wie’s ist, habe ich schon zu lange nach mehr gedürstet, und jetzt trinke ich mich an Vernons Teich satt.«
    Wieder huschte ein scheußliches Bild durch Davids Kopf, das er schleunigst wegschüttelte, ehe es sich in sein Gedächtnis einbrannte. Wenn er seine Mutter reden hörte, war er richtig froh, dass er nach seinen Großeltern schlug. Wer zur Hölle wollte denn diese ganzen komplizierten Gefühle und schlummernden Leidenschaften? Gott sei Dank kamen er und Olive ohne den Müll aus, der das Leben nur verwirrend machte.
    »Du bist ein Kind der Liebe, im wahrsten Sinne des Wortes.« Doreen lächelte. »Aus unserer Liebe geboren. Herbert konnte keine Kinder zeugen. Er hat immer gewusst, dass du nicht von ihm bist, vor allem weil du das Ebenbild von Vernon in jungen Jahren bist, aber das hielt ihn nie davon ab, dich zu lieben. Er hat nie ein Wort darüber verloren, dass er nicht dein leiblicher Vater ist.«
    »Mum, hör auf«, flehte David heiser. Dann sah er siean und bemerkte die glitzernden Tränen auf ihren Wangen. Und er konnte nicht anders, als zu ihr zu gehen und sie in die Arme zu nehmen. Liebevoll drückten sie ihre fülligen Leiber aneinander, bis sie beide die Fassung wiederfanden und zu einem verlegenen gegenseitigen Rückenklopfen wechselten.
    »Na, schon gut«, schniefte Doreen, »wir sehen dich morgen, wenn Vernon mit dir in seine Geschäfte fährt. Bestimmt bringt er dich und ein paar Portionen Fish & Chips mit zu mir nach Hause. Seine Fish & Chips waren schon immer die besten. Dieser Harry Ramsden kriegt sie nie so hin wie Vernon.«
    »Ja, Mum, bis morgen«, sagte David und nickte, weil er Mühe mit dem Sprechen hatte. »Das wird nett.«
    Von draußen war aufgeregtes Hupen zu hören.
    »Tja, los geht’s.« Doreens Augen leuchteten, als sie ihre Handtasche nahm. Dann drehte sie sich zu ihrem Sohn um und sagte: »Eins noch: Ich war Olive nicht die beste Schwiegermutter. An ihr habe ich viel von meinem Kummer und meiner Langeweile ausgelassen, mehr als an dir. Sag ihr, dass es mir leidtut, ja? Sie ist ein gutes Kind. Wenigstens hast du jetzt ein bisschen Geld, damit du mit ihr verreisen und ihr ein paar hübsche Sachen kaufen kannst. Behandel sie so, wie

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