Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
Kreuzfahrt.«
Frankies Herz hüpfte bedenklich in ihrer Brust. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte, deshalb guckte sie wieder in ihr Buch. Ebenso gut hätte es in Hieroglyphen geschrieben sein können, denn die Zeichen ergaben überhaupt keinen Sinn.
Vaughans Hand erschien in Frankies Sichtfeld und nahm ihr behutsam das Buch ab, ehe er es umgedreht auf den Tisch legte.
»Hitler und ich haben anscheinend eine Menge gemeinsam.« Immerhin brachte er sie mit diesem Satz dazu, dass sie ihn wieder ansah. Hatte er das wirklich gesagt?
»Ist wohl nicht der geschickteste Auftakt.« Vaughan kratzte sich am Hinterkopf. Was er auch zu sagen hatte, es kam ihm sichtlich schwer über die Lippen.
»Meinst du, dass du eine Freundin hast, die Eva Braun heißt, und einen geheimen Bunker in deinem Haus?«, entgegnete Frankie trocken, woraufhin er ein bisschen lächelte.
»Nicht ganz. Kennst du diesen Song über Hitler, Goebbels und Himmler?«
Frankie schüttelte den Kopf langsam. »Bedaure, ich habe keinen Schimmer, wovon du redest.«
Vaughan atmete einmal tief ein und legte los.
»Darüber, wie viele Eier sie haben.«
Frankie war etwas überfordert. Eben hatte sie noch eine romantische Geschichte gelesen, und jetzt sollte sie sich über die Hodenanzahl von berüchtigten Nazi-Größen unterhalten?
Er wartete, dass sie von allein drauf kam. Sie wollte gerade wiederholen, dass sie nicht wusste, was er meinte, als sich der Nebel lichtete. »Meinst du den Song, ›Hitler hatte nur ein Ei, Goebbels zwei, aber die waren klein …‹«
»Genau den.«
Diesmal war es Frankie, die sich am Kopf kratzte. Hier ging es doch nicht ernsthaft bloß um …
»Du hast keine zwei Eier?«
»Schhh!« So wie Vaughan sich ängstlich umsah, hatte Frankie richtig geraten – wenn auch ein wenig laut.
»Na und?« Sie lachte ungläubig. »Was hat das denn mit irgendwas zu tun?«
»Ach, Frankie, es ist nicht nur das«, sagte Vaughan, ohne sie anzusehen. »Vor einigen Jahren hatte ich, du weißt schon, das große K… da unten. Meine Partnerin verließ mich hinterher. Sie hatte Angst, sich anzustecken.«
»Man kann sich nicht mit Krebs anstecken!«, konterte Frankie scharf.
»Weiß ich doch.« Vaughan hob beide Hände. »Aber trotzdem, na ja, weiß der Geier, was ihr durch den Kopf schwirrte, jedenfalls hat sie mich deshalb verlassen. Jetzt geht es mir gut, toi, toi, toi. Aber seitdem war ich mit keiner Frau mehr zusammen. Ich war immer der harte Typ, Bikes, Tattoos und so …«
Für einen Sekundenbruchteil kam Frankie der Gedanke, dass er sie anmachen wollte. Manche Männer hielten es für geschickt, Frauen zu erzählen, dass sie »keinen hochkriegen«, nur damit es die dämliche Kuh doch versuchen und sie heilen will. Und dann – oh Wunder! – stellten sie fest, dass er sehr wohl konnte. Viermal. Aber Vaughan spann ihr nichts vor. Jeder Idiot erkannte, wie viel Überwindung es ihn kostete, ihr davon zu erzählen.
»Ich hab mir die Haare lang wachsen lassen, wollte mich dahinter verstecken. Mit nur einem Ei kam ich mir nicht mehr wie ein echter Mann vor. Und es ist allemal besser, alleine zu bleiben, als eine erniedrigende Abfuhr zu riskieren.«
Gary Barlow hatte recht: Es dauerte bloß eine Minute, sich zu verlieben. Frankie war der lebende Beweis, denn sie sah den Schmerz in Vaughans großen Augen und musste zugeben, dass sie jetzt schon fast geliefert war.
»Du bist die erste Frau, die ich überhaupt wieder angesprochen habe«, sagte er.
»Und was habe ich gesagt, dass dich so abgestoßen hat?«, fragte Frankie, während sie eine Hand ausstreckte und seinen Arm berührte.
»Das mit deinen Ex-Freunden, die keine Eier hatten. Eier sind eben gleichbedeutend mit Mann, keine Eier heißt Vollhorst, falls du verstehst, was ich meine.«
»Oh Gott, daran hatte ich nicht im entferntesten gedacht!«, hauchte Frankie entgeistert. Im nächsten Moment platzte ein erschrockenes Lachen aus ihr heraus, was vor allem an der gespannten Stimmung liegen musste. »Entschuldige, dass ich lache, Vaughan. Du hast mehr Eier als die alle zusammen, du Blödmann!Aber werde bitte nie Mathelehrer, okay?« Gott, er war umwerfend, verwundbar und stark, und sie wollte ihn packen und mit Haut und Haaren verschlingen.
»Es schreckt dich nicht ab?« Er hatte merklich Mühe, ihr zu glauben.
Frankie stand auf und streckte ihm ihre Hand hin.
»Komm mit in meine Kabine«, sagte sie mit einem Funkeln in den Augen. »Ich zeige dir, wie sehr mich das
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