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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sie bei ihrer Rückkehr alle nicht mehr anstellen wollten, dann war das eben so. Nichts auf dieser Welt konnte Olive noch davon abhalten, an Bord zu gehen. Sie ritt auf einer gigantischen Wutwelle, die sich weigerte, sie zurück ans sichere Ufer zu spülen.
    Vens uralte Tigerkatze sprang auf Olives Koffer und erschreckte sie zu Tode.
    »Ethel, musst du mir solch einen Schrecken einjagen!«, sagte sie und kraulte die schnurrende Katze unterm Kinn. Ven hatte Ethel aus einem Tierheim geholt, als die Katze neun Jahre alt war, und inzwischen war sie weit über dreizehn. Ethel hatte keine Zähne mehr und schläfrige Augen. Sie bewegte sich eigentlich nur nochvon Vens Schaukelstuhl zum Futternapf und zurück, mit einigen Klobesuchen im Garten zwischendurch. Und sie hielt immerzu nach Leuten Ausschau, die ihr den Kopf kraulten. Diese Katze hat ein schöneres Leben als ich, dachte Olive plötzlich.
    »Meine Cousine Jen holt Ethel morgen früh, dann darf sie das Luxusleben auf der Farm genießen und sich von den Kindern dumm und dösig streicheln lassen.«
    »Jen ist ein Schatz«, sagte Olive.
    »Oh ja, das ist sie. Arm wie eine Kirchenmaus, aber ein Herz aus Gold.« Ven lächelte ihre Freundin strahlend an. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass du mitfährst, Olive. Du wirst eine wunderschöne Zeit haben.«
    Gott, das hoffe ich, dachte Olive. Sie ahnte, dass sie bei ihrer Rückkehr die Hölle erwartete. Deshalb musste sie dafür sorgen, dass die Reise diese Strafe wert war.
    Als Ven ihre Freundin mitsamt ihrer Putztasche am Ende der Land Lane absetzte, war sie außer sich vor Freude, dass die Götter sich doch noch Olives erbarmt hatten. »Bis morgen früh«, sagte sie zu Olive und war beinahe versucht, ihr das Geheimnis zu verraten. In letzter Sekunde entschied sie sich jedoch dagegen. Sollte alles schiefgehen, würde sie allein die Schuld übernehmen.
13. Kapitel
    Olive betrat das Haus und fand sich einer Doreen gegenüber, deren Gesicht an einen Shar-Pei auf Essig-Diät erinnerte.
    »Wo warst du denn? Ich warte hier, dass du mich zu Bett bringst.«
    »Tut mir leid«, sagte Olive auf ihre übliche unterwürfige Art, obgleich sie ihrer Schwiegermutter zu gern den Marsch geblasen hätten. Stattdessen half sie Doreen pflichtbewusst in ihr voluminöses Nachthemd und half ihr auf die Toilette. Derweil dachte sie genüsslich an die glorreichen zweieinhalb Wochen, die vor ihr lagen, und in denen sie all dies hier nicht tun müsste. Danach klappte sie die Wohnzimmercouch zum Doppelbett aus. Vor einigen Jahren hatte Doreen nämlich beschlossen, dass es zu viel für sie war, zum Schlafen die Treppe hinaufzusteigen. Sie legte Doreens Gebiss ins Glas, machte ihr heiße Milch mit sechs Teelöffeln Kakao-Pulver, schaltete das große Licht aus. Jetzt brannte nur noch die kleine Lampe neben dem Bettsofa, damit Doreen vor dem Schlafen ein paar Seiten in ihrem neuesten Schmalzroman lesen konnte. Als Olive in die Küche ging, bemühte sie sich, weder auf Kevins Wäsche zu achten, die er von ihr bis morgen gemacht haben wollte, noch auf den Gestank, den seine Socken verströmten. Die Waschmaschine war steinalt, aber simpel zu bedienen. Sogar ein Vollidiot konnte sie beladen und einen der beiden Knöpfe   – »Kurzwäsche« oder »Normalwäsche«   – drücken. Tja, für Kevin war das vielleicht immer noch zu hoch.
    Olive hatte den ganzen Tag außer dem einen StückZitronenkuchen nichts gegessen und beschloss, dass sie noch etwas zur Stärkung brauchte, bevor sie zusammenbrach. Sie hatte eine gigantische Shepherd’s Pie vorbereitet, die sich die anderen zum Abendessen aufwärmen sollten. Aber selbstverständlich war davon jetzt nur noch die leergekratzte Auflaufform übrig, die auf der Arbeitsplatte stand. Olive wollte sie zum Einweichen in die Spüle stellen, als sie es sich anders überlegte. Sollen die das doch machen . Grinsend steckte sie sich zwei Scheiben Brot in den Toaster und löffelte etwas Instantkaffeepulver in einen Becher. Es war sinnlos, auf Koffein zu verzichten, denn sie würde sowieso nicht schlafen können.
    Nachdem sie sich gestärkt hatte, nahm Olive ein rasches Bad und packte etwas Unterwäsche, Toilettenartikel, ihre besten Schuhe, ein paar hübsche Tops, ihr einziges passables Kleid und ihren Pass in eine der Taschen, die sie sonst für ihre Putzsachen benutzte. David schnarchte wie ein Schwein, während sie im Schlafzimmer herumschlich. Er behauptete dauernd, dass ihm die Schmerzmittel überhaupt

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