Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
Frau mit dem schlohweißen Haar an, schneller zu laufen. Er musste Anfang siebzig sein, bewies jedoch eine beeindruckende Entschlossenheit, als Erster in den Bus zu steigen.
Roz wunderte, dass unter den Reisenden alle Altersgruppen vertreten waren. Sie hatte eher erwartet, dass Kreuzfahrten ausschließlich etwas für reiche alte Leute waren. Stattdessen fanden sich unter den Mitreisenden zwei Familien mit kleinen Kindern, eine davon sogar mit einem Baby, ein junges, händchenhaltendes Paar mit Just Married -Aufklebern auf dem Gepäck sowie eine sehr vergnügte Gruppe bestehend aus sieben Erwachsenen und einem kleinen Jungen mit seinem eigenen Koffer.
Der Busfahrer war der dickste Kerl, den Ven jemals gesehen hatte. Er hatte einen Nacken wie ein Baumstumpf, hielt sich, als hätte er den Bügel im Hemd vergessen, und über seinem Gürtel quoll ein Tsunami von einem Bauch hervor. Trotzdem hob er die schweren Koffer in die Ladeluken, als wären sie federleicht, und stapelte sie aufeinander wie Tetris-Klötze.
Olive, Ven und Roz stiegen in den Bus und gingen an Mr. B-Deck vorbei, der gerade einem anderen armen Tropf erzählte: »Ja, Irene und ich waren schon auf dreißig Kreuzfahrten. Und dies ist schon unsere achte auf der Mermaidia …«
»Mir tun jetzt schon die Leute leid, die mit ihm an einem Tisch landen«, scherzte Roz und brachte die anderen zum Lachen, indem sie ihn nachäffte. »Das ist das achtundvierzigste Mal, dass ich Hummer in diesem gottverdammten Restaurant esse. Und es ist das siebenhundertste Mal, dass ich nichts als Mist an Bord kriege.«
Der Busmotor startete, und Olive seufzte erleichtert auf. Sie würde sich erst richtig entspannen können, wenn sich der Bus in Bewegung gesetzt hatte und keine Gefahr mehr bestand, dass David und ihre Schwiegerfamilie sie einholten. Langsam fuhr der Bus aus dem Bahnhof und Richtung Stadt.
»Guten Morgen, alle zusammen«, ertönte die vergnügte Stimme des Busfahrers aus den Lautsprechern. »Sind wir alle in Ferienlaune?«
»Ja!«, rief es fröhlich im Chor. Olive indes war speiübel, während sie sich ängstlich umschaute, ob die drei Hardcastles möglicherweise wie hungrige Zombies auf den Bus zugehumpelt kamen.
»Schön. Ich bin Clive, Ihr Busfahrer, und ich wünsche Ihnen eine gute Reise. Vorher muss ich noch ein paar kleine Hinweise loswerden …«
Clive erzählte, wo die Notausstiege waren, dass sie ihre Sitzgurte anlegen sollten, er sie aber nicht dazu zwingen könnte, falls sie nicht auf ihn hören wollten, und wie sie im Notfall die Fenster mit dem Spezialhammer einschlugen. Dann berichtete er noch, dass er am Abend zuvor erst spät zu Hause gewesen wäre, weil er den Bus noch waschen und sich das Abendessen in der Mikrowelle aufwärmen musste. Es gab Leber mit Zwiebeln und Erbsen, aber keine frischen, sondern die guten aus der Dose.
»Echt, ich wette bei einem Date mit dem vergeht die Zeit wie im Flug«, sagte Roz, ehe sie über den Gang zu Olive sah, die unruhig auf ihrem Platz hin und her rutschte: »Ol, jetzt beruhige dich doch! Du bist in Sicherheit.«
»Schon gut, das hört gleich auf«, versprach Olive, als der Bus beschleunigte und auf die Autobahn fuhr. Sie streckte die Hand aus, um zu beweisen, dass sie nicht mehr zitterte. »Hier, guck, ich bin ganz entspannt.«
Clive erzählte ihnen noch, wo sie unterwegs anhalten würden, um weitere Passagiere einzusammeln, dass hinten im Bus eine Toilette war und wie man sie spülte (indem man sich auf den Schalter am Boden stellte), und dass er in zehn Minuten zu einer Pinkelpause anhielt.
»Oh Mann, mein Beckenboden ist definitiv im Eimer, aber selbst ich kann es länger als zehn Minuten aushalten«, sagte Ven.
»Wie kann dein Beckenboden im Eimer sein? Du hast keine Kinder!«, sagte Olive. Keine von ihnen hatte Kinder. Ven, weil sie nie den richtigen Mann fand, mit dem sie welche wollte; Olive, weil sie nie von David schwanger geworden war; und Roz war schlicht nicht der mütterliche Typ. Angeblich war Manus absolut zufrieden damit, dass sie zu zweit blieben. Jedenfalls behauptete er das. Frankie, tja, bei Frankie war das etwas anderes. Früher hatten sie sich vorgenommen, dass jede von ihnen mal vier Kinder haben würden und alle sechzehn beste Freunde sein würden, genau wie sie.
»Weiß sie , dass wir auf deine Geburtstagskreuzfahrt gehen?«, fragte Roz plötzlich. Leider musste sie schon wieder an Frankie Carnevale denken.
»Frankie, meinst du?«, fragte Ven, obwohl sie natürlich
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