Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
um Kartoffelbreitaler mit einem Fischklecks in der Mitte handelte.
»Als wenn ich das nicht wüsste.« Olive tat übertrieben beleidigt. »Ist ja nicht so, als hätte ich bisher keinen Fuß aus Yorkshire rausgesezt.«
»Hmm. Ich habe nie verstanden, wieso du wieder nach Barnsley zurückgekommen bist, wo du doch denbesten Sommer deines Lebens in Kefalonia hattest, du Irre«, sagte Roz. »Ich nehme den Roastbeef-Salat.«
»Na ja, Mum rief an und hörte sich nicht gut an, und …« Olive zuckte mit den Schultern.
»Und?«
Olive holte tief Luft. »Und Mädchen wie ich machen keine verrückten Sachen wie griechische Männer zu heiraten.«
Ein Kellner kam an ihren Tisch und unterbrach das Gespräch.
»Hallo, Aldrin«, sagte Frankie, die ihn vom Abend zuvor im Olympia wiedererkannte. »Arbeiten Sie schon wieder?«
»Wir arbeiten immer, Madam«, antwortete er mit einem freundlichen Lächeln.
Die Weine im Café Parisienne waren offenbar von St. John Hite ausgesucht worden, dem heißen Weinkenner aus dem Fernsehen. Er hatte auch eine wöchentliche Kolumne in einer Sonntagszeitung. Ven fand seine Beschreibungen der Weine so umwerfend und erotisch, dass sie nach dem Lesen regelmäßig der Wunsch nach einer Zigarette danach überkam. Die Weinliste jedenfalls klang sehr nach ihm: ein Gaumenfest aus schweren schwarzen Früchten … zitronige Ekstase … ein Hauch von Himbeere … Ven war ziemlich sicher, dass St. John Hite gut im Bett war.
»Das sieht interessant aus«, sagte sie. Sie hatte eigentlich vorgehabt, für alle Champagner zu bestellen, aber nun hatte sie den kanadischen Eiswein entdeckt. Der Beschreibung nach wurden die Trauben erst gepflückt, wenn sie an der Rebe gefroren waren, was eine honigsanfte Geschmacksexplosion zur Folge hatte.
»Passt hervorragend zu Obsttorten«, las Ven von der Karte vor.
»Also zu uns vier Torten«, kicherte Frankie.
Sie bestellten ihr Essen beim Kellner und den Eiswein beim Weinkellner, der lustigerweise »Sober« hieß, »nüchtern«.
Roz’ trockene Bemerkung, ihr wäre sein Zwillingsbruder »Besoffen« lieber, brachte sie alle zum Prusten.
Roz, Ven und Olive guckten sich eine Weile im Restaurant um, während Frankie ihre Mermaidia Today las. Sie hatte gar nicht geahnt, wie viel man auf einem Schiff machen konnte. Es gab Vorträge, Kurse, ein Fitness-Studio, einen Swimmingpool drinnen und mehrere draußen, Kunstauktionen und private Partys. Ja, eine Frau namens Dorothy – offensichtlich war sie berühmt genug, dass man sie schon am Vornamen erkannte – lud ihre Freunde in den Planet-Room neben der Vista Lounge zum Kaffee ein. Und es gab auch einen Club für Singles.
Ein paar kleine Kinder, die sich bei den Händen hielten, zog an ihnen vorbei zu ihrem Club, angeführt von einem Mitglied der »Youth Brigade«. Olive ertappte sich dabei, wie sie den Kindern zulächelte. Sie selbst würde keine Kinder mehr bekommen, womit sie sich längst abgefunden hatte. Dennoch empfand sie hin und wieder einen schmerzlichen Stich. Heutzutage wurden selbst Frauen in den Fünfzigern auf natürliche Weise schwanger, folglich war sie mit neununddreißig nicht zu alt. Allerdings vermutete sie, dass mit ihr oder David etwas nicht stimmte, denn auch wenn sie meistens verhüteten, hatten sie doch einige Male ungeschützten Sex gehabt, ohne dass etwas passiert wäre. Wahrscheinlich wares auch besser so, weil sie sich gar keine Kinder leisten konnten – Olive hatte weder die Zeit noch das Geld.
Das Essen kam schnell. Alle probierten Vens Jakobsmuscheln, die einfach göttlich waren. Olive hatte sich für Pasta entschieden, Frankie für Croque Monsieur.
Die Desserts in der Glasvitrine sahen köstlich aus, doch keine von ihnen brachte mehr etwas unter. Frankie bereute, dass sie den ganzen Schinken und Käse verdrückt hatte, denn nun musste sie sogar beim Kaffee passen.
»Bereit für deine Abreibung?«, fragte Ven Olive.
»Nein, bitte nicht.« Olive wurde merklich blasser.
»Du wirst es genießen, du naives Ding«, sagte Frankie. »Und ich bin schon so gespannt, wie du mit Strähnchen aussiehst. Du willst doch wohl hoffentlich nicht kneifen, oder?«
»Nein, Sir!« Olive salutierte, und Frankie zog sie lachend mit sich in Richtung Spa.
Das Sanctuary Spa befand sich vorn auf Deck sechzehn, oder bugwärts , wie es seemännisch hieß. Gleich beim Eintreten wurden die vier Frauen von entspannend parfümierter Luft umhüllt. Das heißt drei von ihnen empfanden das als
Weitere Kostenlose Bücher