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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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namens Ulga. Sie war mit einem der Kellner zusammen, aber es war nichts Ernstes, weil er nach dem Sommer wieder nachMumbai gehen würde. Sie hingegen wollte zurück nach Rumänien, um dort ein Café zu eröffnen. Anscheinend war das ihr Herzenswunsch. Olive fand ja, Ulga war komplett bekloppt, den Friseurberuf aufzugeben. Wenn jemand anderen Frauen mit einer Schere und ein bisschen Farbe das Gefühl geben konnte, sie hätten eben eine fünfzehnstündige Schönheits-OP gehabt, sollte er dieses Talent nutzen.
    »Haben Sie schon ein Kleid für heute Abend?«, fragte Ulga, während sie Olives Haar hinten ein wenig ausfranste.
    »Mehrere, aber ich weiß noch nicht, für welche Farbe ich mich entscheiden soll. Ich habe ein rotes, ein grünes und ein schwarzes Kleid.« Es fühlte sich ziemlich gut an, das zu sagen. Immerhin war es das erste Mal in ihrem Leben, dass sie tatsächlich behaupten konnte, eine Auswahl an eleganten Kleidern zu besitzen.
    »In der zweiten Woche gibt es ein Schwarz-Weiß-Dinner«, sagte Ulga. »Vielleicht sollten Sie Ihr Schwarzes am Anfang und am Ende der Kreuzfahrt anziehen.«
    »Schwarz-Weiß-Dinner klingt ja toll.«
    »Das klingt nicht nur so. Alle Gala-Abende sind sehr schön.«
    Aus dem Augenwinkel sah Olive Frankie von einem der Friseurstühle aufspringen. Neben ihr saß Ven, der gerade das Haar geföhnt wurde, und sie wies mit einem Finger auf ihren Mund, um Olive zu bedeuten, wohin Frankie wollte. Das Schiff schaukelte heute deutlich mehr als gestern.
    »Ihre arme Freundin ist seekrank, glaube ich«, sagte Ulga. »Das ist ein scheußliches Gefühl. Als ich auf den Schiffen anfing, war ich auch oft seekrank.«
    »Mich wundert, dass ich nicht seekrank werde«, murmelte Olive. Sie hatte erwartet, schrecklich seekrank zu werden, merkte aber nichts.
    »Das liegt daran, wenn man nicht im Takt mit dem Schiff ist«, erklärte Ulga. »Und es ist scheußlich.«
    Auf der Spa-Toilette überlegte Frankie, wie sie vom Schiff herunterkommen konnte, um an einem ruhigen Strand zu sterben. Dieses Geschaukel machte sie fertig. Und es half kein bisschen, dass der Salon hoch oben an dem einen Schiffsende war anstatt weiter unten in der Mitte, wo es weniger übel schaukeln dürfte.
    Ein leises Klopfen kam von der Tür, dann Vens Stimme.
    »Frankie, bist du okay?«
    »Nein«, war alles, was Frankie sagen konnte, bevor sie wieder würgte und stöhnte.
    »Soll ich dir Tabletten gegen Seekrankheit besorgen?«
    »Die habe ich schon genommen und mit ausgekotzt. Ich hatte sie extrafrüh eingeworfen. Hat ja prima geholfen.«
    »Meine Friseurin meint, du kannst zum Arzt gehen und dir eine Spritze geben lassen. Die sollen sehr gut wirken.«
    Frankie wollte gerade sagen, dass sie einfach nur ins Bett wollte und auf die Gala abends wohl verzichten müsste, als sich ihr Magen mit dem Schiff zusammen aufbäumte. Vielleicht war diese Spritze doch einen Versuch wert. Von allein ging dieser Albtraum bestimmt nicht vorbei. Sie öffnete die Kabinentür.
    »Wo ist die verdammte Krankenstation?«, ächzte sie.

    Zwei Männer mittleren Alters saßen im Wartezimmer der Krankenstation auf Deck vier, ihren grauen Gesichtern nach zu urteilen waren sie ebenfalls wegen Seekrankheit hier. Sie lächelten Frankie mitfühlend an und bemühten sich, gefasst zu wirken, als sie sich ihnen gegenüber hinsetzte. Wenigstens schunkelte es mittschiffs und weiter unten nicht ganz so stark. Der ideale Platz für Seekranke.
    Von draußen erklang eine weibliche Stimme: »Dad, rein mit dir!«
    »Ich will mich nur hinlegen, dann geht’s wieder«, entgegnete eine männliche Stimme.
    »Dad, du hast gelegen, und es hat nichts genützt. Jetzt geh da rein, sonst versaust du dir den ganzen Abend.«
    »Bevormunde mich nicht dauernd!«
    »Rein!«
    Der Wikinger wurde von einer hübschen jungen Frau ins Wartezimmer geschoben.
    »Soll ich bei dir bleiben?«, fragte sie.
    »Wer ist hier der Vater und wer das Kind?«
    »Tja, das frage ich mich auch manchmal«, antwortete die junge Frau seufzend und wandte sich an Frankie. »Würden Sie mir bitte einen Gefallen tun und dafür sorgen, dass mein Dad hier nicht abhaut, bevor er eine Spritze gegen Seekrankheit bekommen hat?«
    Frankie nickte. »Ich tue mein Bestes.«
    Der Wikinger hatte sich gerade neben sie gesetzt, als der erste Patient aufgerufen wurde.
    »Ganz schön raue See heute, was?«, sagte der Wikinger. Seine Stimme klang erstaunlich weich. »Ich hätte mich niemals auf ein Schiff zerren lassen, hätte ich

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