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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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geahnt, dass es sich so anfühlt.«
    »Mit der Spritze können Sie nichts verkehrt machen«, sagte der Mann gegenüber. »Die wirken Wunder. Ich habe schon Kupfer-Armbänder und sämtliche Tabletten ausprobiert, die es gibt, und nichts hilft so wie eine Spritze.«
    »Hoffentlich. Mir hat jemand gesagt, ich soll Ingwerkekse essen, aber die gibt es hier nicht«, antwortete der Wikinger. »Und wie ich feststellen durfte, ist Shortbread kein Ersatz.« Eine frische Welle erbärmlicher Übelkeit überrollte ihn, und er stöhnte. »Lange halte ich das nicht mehr aus.«
    »Ich auch nicht«, sagte Frankie. »Ich war eben bei der Kosmetikerin und beim Friseur. Rausgeworfenes Geld.«
    »Im Elisabethanischen Zeitalter war dieser weiße Leichenlook sehr modern. Ist bestimmt nur eine Frage der Zeit, bis er sich wieder durchsetzt.« Frankie musste tatsächlich lachen, was sie in ihrer Verfassung nicht für möglich gehalten hätte.
    »Ist das hier Ihre erste Kreuzfahrt?«, fragte der Mann gegenüber.
    »Ja«, antworteten Frankie und der Wikinger im Chor, weil sie bei dem Silberblick ihres Gegenübers nicht erkennen konnten, wer von ihnen gemeint war.
    »Bei mir ist es die neunte«, sagte der Mann. »Nächsten Monat geht es mit der Queen Mary nach New York. Das wird dann die zehnte.«
    Der Wikinger warf Frankie einen Seitenblick zu, der zu fragen schien, Muss jeder an Bord herumprotzen, wie viele Kreuzfahrten er schon hinter sich hat? Und obwohl sie sich hundeelend fühlte, hätte sie beinahe gekichert.
    Die Tür zum Behandlungsraum öffnete sich, und der Patient kam heraus. Er rieb sich oben am Hinterteil.
    »Oh, es wird also nicht in den Arm gespritzt«, schloss Frankie.
    »Tja, für mich kann’s kaum peinlicher werden«, sagte der Wikinger. »Ich habe eben auf die Treppe gekotzt.«
    »Oh nein!«
    »Okay, in eine Tüte auf der Treppe, aber vor einer ganzen Schar kleiner Kinder, die es faszinierend fanden. Ich schätze, die engagieren mich demnächst als Pausenfüller.« Er streckte Frankie die Hand hin. »Ich bin übrigens Vaughan, oder besser gesagt: Der sagenhaft würgende Vaughan, wie man fortan auf Plakaten lesen wird.«
    »Francesca   – Frankie für Freunde.« Lächelnd schüttelte sie ihm die Hand.
    »Italienerin?«
    »Dreiviertel. Väterlicherseits ganz, mütterlicherseits nicht. Meine Großmutter war aus Rom, mein Großvater aus Barnsley.«
    »Barnsley und Italien, eine spannende Mischung«, sagte Vaughan. »Tja, bei mir kommt eine Hälfte aus Norwegen, eine aus Cornwall, also bin ich mal still.«
    Ah, Norweger!, dachte Frankie. Da lag sie mit ihrem Wikinger ja nicht ganz falsch.
    Mr. Neun-Kreuzfahrten wurde aufgerufen, so dass Frankie und Vaughan allein zurückblieben.
    »Und bei Ihnen ist es also auch die erste Kreuzfahrt?«, fragte Frankie mit einem schelmischen Funkeln in den Augen.
    »Merkt man das nicht?« Vaughan grinste. »Meine Tochter hat in eine Familie mit lauter Hardcore-Kreuzfahrern eingeheiratet. Von denen hat sie sich anstecken lassen und mich mitgeschleppt. Angeblich soll ich dringend ›chillaxen‹. Ich weiß allerdings nicht, wie entspanntich in einem Anzug rüberkomme. Bis vor einem Monat habe ich nicht mal einen besessen. Ihre Schwiegereltern haben mir eine Liste mit allem geschickt, was ich brauche, und ihr Schwiegervater hat mir ein paar Sachen aus seinem Kleiderschrank gespendet.«
    Er hatte hübsche Augen, stellte Frankie fest. Blau. Viel mehr von seinem Gesicht konnte sie wegen der vielen Haare jedoch nicht sehen.
    Sie schwiegen eine Weile, weil das Schiff sich abermals heftig bewegte.
    »Alles okay?«, fragte Vaughan und reichte ihr eine zerknüllte Spucktüte aus seiner Hosentasche.
    »Nein«, antwortete Frankie und atmete vorsichtig. »Ich will zurück in mein nettes kleines Haus, das sich nicht bewegt. Wie kann irgendwer der Meinung sein, so was wären schöne Ferien?«
    »Ist Ihre   … ähm   … bessere Hälfte nicht seekrank?«
    »Ich bin mit drei Freundinnen hier«, sagte Frankie. »Wir haben diese Reise schon geplant, als wir noch zur Schule gegangen sind. Das hier hatten wir allerdings nicht vorausgesehen.«
    »Ich freue mich schon auf Malaga. Für festen Boden unter den Füßen könnte ich morden.«
    Zu Frankies Erleichterung ging die Behandlungszimmertür wieder auf, und heraus kam Mr. Neun-Kreuzfahrten. Sie war die Nächste, bezweifelte jedoch, dass etwas anderes als ein Flug nach Hause ihren Magen beruhigen könnte.
    »Viel Glück«, rief Vaughan, als Frankie dem Arzt folgte.

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