Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
erwähnte nicht, dass sie ihr Handy heute Morgen angestellt und nach einer Nachricht von ihm gesehen hatte. Wäre eine da gewesen, hätte sie ihn zurückgerufen. Aber es war keine gekommen, und Roz hatte ihr Handy beinahe in den Safe zurück geschleudert.
»Oh, Rozzy, trenn dich nicht von ihm! Du findest nie wieder einen so netten Mann wie Manus.« Ven fand Manus wunderbar. Roz war natürlich auch wunderbar, nur so furchtbar verloren. Aber sie hatte trotzdem noch immer eine echte Chance, sehr glücklich mit Manus zu werden, wenn sie seine Liebe nur zuließ. Nach ihrer unglücklichen Kindheit und all dem Mist mit ihren verschiedenen Männern hatte Roz sich nach Robert emotional endgültig abgeschottet. Leider schaffte sie es seitdem nicht mehr, sich wieder jemandem zu öffnen. Ven selbst hatte in puncto Männer auch wenig Glück gehabt. Früher hatte sie mal die leise Hoffnung gehegt, dass eines Tages ihr edler Ritter auftauchen würde. Und wenngleich sie nach außen zuversichtlich blieb und mit den anderen scherzte, dass auch sie irgendwann von einem blendend aussehenden Mann in den Sonnenuntergang entführt würde, glaubte sie nicht mehr daran.
»Ich habe nicht gesagt, dass wir uns trennen«, sagte Roz merklich gereizt.
»Vermisst du ihn?«, fragte Ven vorsichtig, denn sie wollte Roz nicht verärgern. Sie wusste, dass ihre Freundin hinter der schroffen Fassade ein verletzlicher Mensch war.
Vermisse ich ihn? Möchte ich, dass er mit mir in diesem Jacuzzi liegt? Wünsche ich mir, dass seine Sachen bei meinen im Schrank hängen? War ich enttäuscht, als ich das Handy einschaltete und nur eine Nachricht vom dämlichen Mobilfunkanbieter fand?
Das dachte Roz, sagte aber: »Ven, glaub mir, ich denke überhaupt nicht an ihn.«
30. Kapitel
Manus zog sich unter dem Wagen hervor, als er klackernde Absätze näherkommen hörte.
»Entschuldigung, können Sie mir vielleicht helfen? Mein Wagen ist gleich um die Ecke liegen geblieben, und ich habe meine Pannenversicherung gekündet. Vier Jahre habe ich die bezahlt, aber nie gebraucht, und jetzt, zwei Wochen nachdem sie abgelaufen ist, passiert mir das! Ich könnte schreien.«
Manus wischte sich die Hände mit einem Lappen ab und stand auf. Die durchnässte Frau mit der zittrigen Stimme und dem karamellblonden Haar vor ihm war zierlich, trug ein schickes blaues Kostüm, passende Schuhe und hatte eine Laptoptasche bei sich. Vor allem aber kam sie Manus irgendwie bekannt vor.
Ihr schien es mit ihm genauso zu gehen.
»Manus? Manus Howard? Erinnerst du dich an mich? Jonie Spencer. Wir waren zusammen auf der Holbank-Schule.«
»Wusste ich’s doch, dass ich dein Gesicht kenne!«, sagte Manus lächelnd. Jonie Spencer! Er hatte Geschichte, Französisch und Mathe mit ihr gehabt. Und er war erst in der Schule und später im 6. Semester an der Uni wieder in Jonie Spencer verknallt gewesen. Alle Jungen standen damals auf Jonie. Früher hatte sie das Haar immer kurz getragen, was ihr etwas von einer kecken Elfe verlieh. Jetzt war es lang und zu einem losen Zopf geflochten, doch ihr Gesicht war unverändert – natürlich war sie in den fünfundzwanzig Jahren gealtert, aber das ausgesprochen hübsch.
»Wie schön, dich zu sehen!«, sagte Jonie. »Du siehst gut aus.«
»Du auch«, erwiderte Manus ein bisschen verlegen. »Richtig gut.«
»Na ja, fünfundzwanzig Jahre älter, seit du mich zuletzt gesehen hast.« Jonie lächelte strahlend.
»Dann hast du wahrscheinlich ein Porträt auf dem Dachboden, das für dich altert«, scherzte Manus, obwohl es durchaus möglich war, denn sie hatte fast gar keine Falten. »Komm, sehen wir uns deinen Wagen an«, sagte er und ging voraus. War er so gewachsen? Wenn er sich recht erinnerte, war er früher nur minimal größer gewesen als Jonie, wohingegen er sie jetzt beinahe um anderthalb Köpfe überragte.
Sie fuhr einen schicken Mercedes CLK. Ja, das passte, denn der Wagen hatte Klasse und Jonie auch. Nachdem sie die Kühlerhaube geöffnet hatte, sah Manus sich den Motor an und bat sie, den Wagen zu starten.
»Deine Batterie ist am Ende. Ich lade sie dir auf und sehe sie mir in der Werktstatt genauer an. Heute wird das allerdings nichts mehr.«
»Schon okay, ich kann ein paar Tage ohne Auto leben. Ich bin dir wirklich dankbar. Von Autos habe ich keinen Schimmer und kriegte schon Panik.«
»Tja, du bist eine Frau, deshalb«, sagte Manus grinsend.
»Na, dann geh ich mal nach Hause und mach den Abwasch, wie es sich gehört, Sir.« Jonie
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