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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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verkehrt, wenn ich zeitig ins Bett gehe.«
    Roz schürzte die Lippen. Wem wollte sie etwas vormachen? Frankie gab mal wieder die barmherzige Samariterin. Die heilige Frankie von Barnsley, Miss »Hochanständig«, allzeit aufopferungsbereit. Roz trank einen großen Schluck Wein, um ihren Ärger herunterzuspülen.
    »Wir entschuldigen uns, Leute«, sagte Frankie zu den anderen am Tisch, die mitfühlend und besorgt wirkten. »Einen schönen Abend noch.«
    »Wohin will ich denn, Frankie?«, fragte Ven.
    »Du willst dich ein bisschen hinlegen.«
    »Dann gute Nacht, ihr Lieben«, sagte Ven mit einem breiten, wenn auch leicht verunglückten Lächeln. »Gute Nacht, Mr. Ocean-Sea. Wir sehen uns noch. Hihi…« Sie begann grundlos zu kichern. Frankie zog sie mit sich zum nächsten Ausgang, und es gelang ihr sogar, Ven so geschickt hinaus zu bugsieren, dass die übrigen Gäste sie zweifellos für zwei nüchterne Frauen auf dem Weg zur Damentoilette hielten.
    »Du meine Güte«, sagte Irene. »Ich hoffe, ihr fehlt nichts Ernstes.«
    »Morgen wird sie vor Scham sterben, falls sie sich noch an was erinnert«, seufzte Olive. »Ven ist nämlich der reizendste, zurückhaltendste Mensch, den ich kenne. Es können nur die Tabletten sein, weshalb sie sich so verrückt benimmt.«
    »Das arme Ding«, murmelte Irene.
    »Nun, Dr. Floren ist ein sehr fähiger Arzt und wird sich gut um sie kümmern«, sagte Nigel.
    »Ja, ich weiß. Frankie war am zweiten Tag seekrank, und da hat sie ihn und seine magische Spritze kennengelernt«, erzählte Olive.
    »Seekrankheit ist furchtbar«, sagte Nigel in seinem Bariton. »Ich war erst einmal seekrank, als ich noch ganz neu war, und damals herrschte noch nicht einmal besonders starker Seegang. Manchmal denke ich, das ist extra passiert, weil ich eine Vorstellung von dem bekommen sollte, was meine Passagiere durchmachen.«
    Der Hauptgang wurde abgetragen, und es wurde Zeit, sich fürs Dessert zu entscheiden.
    »Oh nein, guck mal«, sagte Olive. »Was für ein Jammer. Heute gibt es Mokka-Profiteroles, die mag Ven doch so gerne. Sie liebt alles mit Mokkageschmack.«
    »Wir bitten den Kellner, eine Portion fertig zu machen, die Sie ihr in die Kabine bringen können«, schlug Nigel vor.
    »Ich glaube nicht, dass sie in der Verfassung ist, etwas zu essen«, entgegnete Olive. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie Desserts aussuchte, während Frankie mit der angeschlagenen Ven allein war. »Wollen wir nicht lieber den Nachtisch auslassen und nach Ven sehen?«
    »Falls Ven denkt, dass sie uns auch das Abendessen verdorben hat, ist sie erst recht kreuzunglücklich«, erwiderte Roz. Es war keineswegs egoistisch von ihr; sie wusste lediglich, wie Ven tickte.
    Olive war hin und her gerissen, musste allerdings zugeben, dass Roz recht hatte. Und so wählte sie ein Dessert aus dreierlei Schokolade und einen Kaffee aus und blieb am Tisch.
    »Die wie vielte Kreuzfahrt ist es bei Ihnen, Captain?«, fragte Eric, der es sich offenbar nicht verkneifen konnte.
    Gleich nach dem Essen lief Olive zu einem der vielen Telefone auf dem Schiff und rief in Vens Kabine an. Frankie meldete sich nach dem ersten Klingeln und erzählte ihr, dass Ven süß und selig schlummerte.
    »Schuld waren eindeutig diese Pillen, die sie in Korfu gekauft hat«, sagte sie. »Der Arzt meinte, dass sie viel zu stark sind und in England nie zugelassen würden. Zu den Nebenwirkungen gehören extreme Orientierungslosigkeit und sogar Halluzinationen. Auf keinen Fall darf man mehr als zwei innerhalb von vierundzwanzig Stunden nehmen, erst recht nicht in Kombination mit Alkohol. Und Ven hatte einen großen Portwein und einen Kognak, als wir beim Cream-Tea waren.«
    »Oh Gott, und jetzt?«
    »Jetzt braucht sie nur Schlaf. Sie nickte schon ein, als der Doktor noch mit ihr redete. Ein Steward hat sie in ihre Kabine gebracht.« Frankie lachte. »Ach, arme Ven! Hör mal, ich bleibe heute Abend lieber bei ihr. Das macht mir nichts aus, und ich lese gerade ein spannendes Buch. Amüsiert ihr zwei euch ruhig.«
    »Ich weiß nicht, während du den ganzen Abend in Vens Kabine festsitzt?«
    »Sei nicht albern«, sagte Frankie. »Ein ruhiger Abend auf einer Traumkreuzfahrt ist nun wahrlich kein Drama. Macht es euch nett.«
    Und so gingen Roz und Olive zu dem Comedian, der im Flamenco auftrat. In den Achtzigern war er viel im Fernsehen und einer von Olives Lieblingskomikern gewesen. Sie musste seine verrückte Frisur und diese Weltschmerzmiene nur angucken, schon

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