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Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman

Titel: Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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war malerisch, führte über steile Hangstraßen umgeben vonüppig grünen, mit orangenen Hausdächern getupften Hügeln. Zu beiden Seiten der Straße gingen schmale, gewundene Wege ab, die danach schrien, erforscht zu werden.
    Nach fünfzehn Minuten lud der Bus sie an der Stadtmauer ab, die erstaunlich heil und undurchdringlich aussah. Hier sollte Ven mal die Handwerker herzerren, die ihren Kamin vermurkst hatten, und ihnen zeigen, was richtiges Handwerk war.
    Sie gingen über eine der Zugbrücken durch das Pila-Tor, wo zwei Wachen in farbenprächtigen Uniformen standen und es stoisch hinnahmen, von sämtlichen Touristen fotografiert zu werden. Es herrschte ein buntes Nationalitätengewimmel: jede Menge amerikanische und japanische Touristen, die mit ihren umgehängten Kameras wie Karikaturen eines Klischees wirkten, und laute, wild gestikulierende Italiener.
    Wie sie feststellten, bestand das Pila-Tor aus zwei Teilen. Nachdem sie durch den ersten Torbogen hindurch waren, tat sich ein weiteres, engeres Tor auf, durch das sich Leute rein- und rausdrängelten. Sie brauchten ewig, bis sie hindurch waren, doch es lohnte sich, die Stadt zu bestaunen, die sich nun vor ihnen ausbreitete. Während Ven den bezaubernden Onofrio-Springbrunnen bewunderte, kicherten Frankie und Roz über einen Wasserspeier an einer nahen Mauer, der frappierende Ähnlichkeit mit Bruce Forsyth hatte, dem britischen Moderator. Die Altstadt war für Autos gesperrt, was wohl auch gut so war, denn zwischen all den Touristen wäre sowieso kein Platz mehr für Wagen gewesen.
    Langsam wanderten sie die Hauptstraße entlang, die Stradun. Bis zum Mittelalter war hier eine Meerengegewesen, die dann aufgeschüttet wurde, und das Kopfsteinpflaster war von den Unmengen Touristenschuhe glatt poliert wie Marmor. Nach links führte eine schmale Straße zu einer verwinkelten Treppengasse, und Olive wäre gern hinaufgestiegen, nur war es viel zu heiß, als dass man schwindelerregende Höhen erklimmen wollte. Olive sagte, sie sähe wie die Winkelgasse von Harry Potter aus, aber trotzdem wollte keine der anderen mit ihr raufsteigen und nachsehen, ob es dort ein »Flourish & Blotts« gab.
    Die britischen Touristen fielen schon deshalb auf, weil sie sich als Einzige nicht erbarmungslos durch die Menschenmassen kämpften. Als sich zwei Leute in der Schlange am Eisstand vor Ven drängelten, war sie viel zu höflich, als dass auch bloß »Verzeihung, ich glaube, ich war vor Ihnen« über ihre Lippen gekommen wäre. Frankie hingegen kannte diese Scheu nicht. Nachdem sie Ven aus dem Weg bugsiert hatte, rief sie dem Verkäufer sehr laut ihre Bestellung zu und hielt kurz darauf strahlend vier große Eiswaffeln in den Händen.
    »Ich hatte ganz vergessen, wie viel Spaß es macht, rotzfrech zu sein«, sagte sie. Die Ereignisse der letzten Jahre hatten sie stärker eingeschüchtert, als man es bei einer Halbitalienerin für möglich halten würde. Offenbar genügten einige rüpelhafte Touristen, ihr schlummerndes Temperament zu wecken.
    Sie saßen auf den Stufen der St.-Blasius-Kirche und beobachteten eisschleckend die Szenerie. Zwei Bronzeklöppel in Soldatenform schlugen die große Glocke im Kirchturm, deren heller Klang durch die klare heiße Luft schwebte. Danach fotografierten sie sich gegenseitig vor dem Sponza-Palast, wozu mehrere Versuche nötig waren, weil ihnen immer wieder andere Touristen vor die Linse liefen. Dem Himmel sei Dank für Digitalkameras, dachte Frankie, als sie zwei Aufnahmen von einem japanischen Hintern löschte, der in dem Moment vor ihrer Kamera aufgetaucht war, in dem sie losknipste. Sie wanderten durch ein Gewirr von kleinen Gassen und über einen wuseligen Markt, auf dem Frankie zwei Flaschen Grappa für ihren Dad kaufte und einen riesigen Lavendelbeutel, in den sie genüßlich ihre Nase steckte. Bei dem Duft musste sie sofort an ihre Schulzeit denken: Wie viele Lavendelkissen hatte sie dort in der Vorweihnachtszeit genäht, um sie als Geschenke mit nach Hause zu nehmen? Sie liebte diesen Geruch, der untrennbar mit glücklichen Zeiten verbunden war.
    Die Sonne kochte am Himmel. Ven hätte sich nicht gewundert, wäre sie bis zum nächsten Hinsehen geschmolzen. Und natürlich beklagte sich auch eine Gruppe britischer Touristen vom Schiff, die an ihnen vorbeikam, prompt über die Bruthitze, woraufhin Ven lachen musste. Sie reisten an Orte wie diesen, um in der Wärme zu sein, stöhnten dann über die Hitze, und kaum waren sie zu Hause, schwärmten

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