Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
›primitiv‹ essen«, entgegnete Roz. »Ausgeschlossen.«
»Okay, gebt mir fünf Minuten«, sagte Ven, sprang von ihrem Bett und raffte einige frische Sachen zusammen, mit denen sie im Bad verschwand.
»Rosen vom Captain?« Frankie sah die anderen beiden verwundert an. »Ich glaube nicht, dass die jeder kriegt, der an Bord Geburtstag hat.«
»Es ist ihr Vierzigster«, sagte Roz. »Und er sitzt beim Essen neben ihr.«
»Trotzdem …« Ein schelmisches Funkeln trat in Frankies Augen. »Das wäre ziemlich verrückt, nicht, sollte sich ein hübscher kleiner Flirt mit einem großen, gut aussehenden Dunkelhaarigen ergeben, noch dazu in einer sexy Uniform? Ven hätte wirklich mal ein bisschen Spaß verdient.«
»Ta-taa!« Ven kam in einem weißen Top mit einem hübschen Rüschenausschnitt und einem hellgrünen Minirock aus dem Bad. Die Farben brachten ihre Sonnenbräune bestens zur Geltung. Außerdem trug sie das Medaillon; den Schmuck von Frankie wollte sie sich für den Abend aufsparen. Sie legte ein wenig Lippenstift auf, schnappte sich ihre Handtasche und sagte: »Da drinnen haben mir die Ohren geklingelt. Ihr habt doch garantiert über die Blumen vom Captain geredet, oder?«
»Klar haben wir«, antwortete Roz, die ihr zur Tür folgte. »Was wohl heute Abend passiert? Ich frage mich, ob du vielleicht einen Zigeunergeiger bekommst anstelle des Kellnerständchens.«
»Oh Gott!« Ven verzog das Gesicht. »Das hatte ich schon völlig verdrängt.«
45. Kapitel
In der Land Lane Nummer 15 wischte David Staub, um alles für den mysteriösen Besucher vorzubereiten. Seit Olive weg war, hatte sich über alles ein grauer Film gelegt, und das nervte David. Für ihn war ein sauberes Haus bisher selbstverständlich gewesen, und nun musste er erkennen, dass sich Dreck nicht von allein entfernte. Er schüttelte das Staubtuch aus, worauf eine Flusenwolke aufstob. Die Fuseln schwebten eine Weile durch die Luft, ehe sie sich wieder auf die Möbel legten. So wurde er die nie los. Was für eine Zeitverschwendung! Wie irgendjemand sich mit Putzen seinen Lebensunterhalt verdienen konnte, war ihm unbegreiflich.
Um zwölf hatte Kevin Mittagessen für alle gekocht. In den letzten paar Tagen hatte er sich zu einem Gordon Ramsay in der Küche gemausert – oder zumindest einer Billigversion von ihm. Er hatte kochendes Wasser in drei Töpfe Instantnudeln mit Pilzen geschüttet und umgerührt. Dann kippte er sie zu einigen Scheiben Truthahnfrikadellen auf eine Platte und garnierte alles mit reichlich Tiefkühlpetersilie und einem Spritzer Sojasauce. Zum Nachtisch gab es für jeden ein Stück Biskuitrolle und einen Klecks Sprühsahne, aus dem ein Schokostäbchen von Cadburys einem Totempfahl gleich aufragte. Nach dem Essen machte er sich für ein paar Stunden rar. Doreen hatte ihn gebeten, nicht zurückzukommen, bis der geheimnisvolle Besuch gegangen war. Nun saß Doreen in ihrem hübschesten Kleid im Wohnzimmer, hatte sogar etwas Make-up aufgelegt und sich ihr Haar mit dem Lockenstab geringelt. Ihre nicht vorhandenen Augenbrauen waren durch zwei hohe brauneBögen ersetzt worden, ihre Lider in einem Siebzigerjahre-Abba-Blau und ihre Lippen mit sehr rosa Lippenstift bemalt, von dem David ziemlich sicher war, dass er im Dunkeln leuchtete. Sie sah aus wie eine furchteinflößende Bauchrednerpuppe, die zum Leben erwacht war.
»Pack jetzt das Staubtuch weg und setz den Kessel auf, David.«
»Wer kommt zu Besuch, Mum?«
»Wart’s ab.«
Wie auf Kommando ertönte gleichzeitig mit dem schrillen Pfeifen des Kessels ein rhythmisches Klopfen von der Tür. Doreen bedeutete David stumm, hinzugehen, während sie sich gerade hinsetzte und über ihre Locken strich.
David war nicht sicher, ob er die Tür öffnen wollte, denn seine Fantasie spielte völlig verrückt. Es könnte die Polizei sein, die seine Mutter als Verdächtige im großen Eisenbahnraub festnehmen wollte. Als David jedoch einmal tief Luft geholt und die Tür geöffnet hatte, erlebte er die größte Ernüchterung aller Zeiten. Draußen stand Vernon Turbot, dem das Fischgeschäft um die Ecke gehörte. Ganz sicher hatte Davids Mutter sich nicht für den Fischmann aufgedonnert, als erwartete sie Danny La Rue.
Oder doch? Immerhin war Vernon in einem eleganten schwarzen Anzug, mitsamt Trauerbinde an einem Arm, und brachte einen hübschen und zweifellos auch sehr teuren Strauß roter Rosen.
»Hallo, Junge«, sagte Vernon. Er hatte denselben warmherzigen Ton wie sonst, wenn David in
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