Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
hast du das, Mum?«
»Von deinem Vater«, antwortete Doreen.
»Dad? Dad? Dad hatte nie einen müden Penny auf der Naht.«
»Dein Vater«, korrigierte Doreen, »hatte einiges auf der Naht. Und ich habe mit Pferdewetten ein bisschenmehr draus gemacht. Ich war früher gut im Pferdewetten. Dein Vater hat immer gesagt, ich wäre eine gute Spielerin gewesen.«
»Dad? Der hat in seinem Leben nie gewettet!« Herbert Hardcastle war ein Musterbeispiel an Anständigkeit gewesen, hatte nie getrunken, nie geraucht und nie gespielt.
»David«, sagte Doreen in diesem sanften Ton, den sie seit Jahren nicht mehr angeschlagen hatte. »Wir kriegen heute noch Besuch. Ich möchte, dass du ein bisschen aufräumst, damit es nett aussieht, so wie Olive es immer macht. Alles wird sich klären, mein Junge.«
»Wer kommt zu Besuch?«, fragte David, wobei er sich am Kopf kratzte.
»Wart’s ab.« Doreen drückte seine Hand. »Jetzt geh zum Laden, und hinterher saugst du hier mal durch, ja?«
44. Kapitel
Venice wurde von einem nicht sonderlich zarten Klopfen geweckt. Es war erst acht Uhr, doch als sie öffnete, kamen ihre drei Freundinnen putzmunter mit Karten, Geschenken, Girlanden und Blumen bepackt hinein und umarmten sie herzlich.
»Happy Birthday to You …«, sangen sie.
»Und es ist ein herrlicher Tag«, sagte Olive. »Ich war schon an Deck. Draußen ist es wunderbar. Guck mal.« Sie zog die Vorhänge auf. Das Wetter mochte schön sein, die Aussicht war es nicht: massenweise hohe Fabrikschornsteine hinter heruntergekommenen Schiffen, die in der diesigen Morgensonne nicht gewannen.
Eine Sekunde später wurde erneut an die Tür geklopft.
»Ich geh schon«, sagte Roz. Sie wusste, wer es war, weil sie alles arrangiert hatte. Oder zumindest teilweise. Herein kam Jesus mit einem Teewagen, auf dem vier lange Flöten mit Sekt-Orangensaft-Gemisch standen, eine große Platte mit handgemachten Trüffeln, ein Gebinde aus rosa Blumen und ein hübscher Strauß gelber Rosen. Jesus grinste und gratulierte Ven, bevor er die Frauen allein ließ, damit sie auf das Geburtstagskind anstoßen und sich über die Schokolade hermachen konnten.
»Mokkatrüffel!«, sagte Roz. »Die haben wir nicht bestellt – und die Rosen auch nicht. Ich wette, die sind von den Preisausschreibenleuten.«
»Ja, vermutlich.« Ven sah ziemlich verwirrt aus.
»Oh!«, rief Olive, die eine Karte unter dem Strauß entdeckte und einen Pfiff ausstieß. »›Von Captain Ocean-Sea und der Crew.‹ Er hat tatsächlich ›Ocean-Sea‹ geschrieben, nicht ›O’Shaughnessy‹.«
»Hohohooo«, machten Frankie und Roz.
Wieder wurde angeklopft, und noch mehr Blumen kamen. Diesmal stand auf der Karte Von Andrew und dem Team von Figurehead Cruises.
Danach traf ein weiterer Strauß von Royston und Stella ein.
»Wow, hier sieht’s aus wie im Krematorium«, sagte Roz lachend. »Und jetzt pack deine Geschenke aus.«
Von Roz und Olive bekam sie ein herzförmiges Medaillon aus Altgold mit winzigen eingravierten Rosen vorn, die den Buchstaben V umrankten. Frankie schenkte ihreine dicke, auffällige Strasskette mit passenden Ohrringen. Sie alle wussten, dass Ven gar nicht genug Schmuck besitzen konnte. Von Manus bekam sie ein Armband, dessen Glieder Katzen mit winzigen grünen Augen waren. Roz empfand einen dumpfen Schmerz, als Ven es auspackte. Er hatte das Geschenk sorgfältig ausgesucht, denn es passte perfekt zu Ven. Ihr war auf einmal zum Heulen, und sie hätte ihn zu gern angerufen.
Roz hatte ihr Handy heute Morgen eingeschaltet, weil sie ihm schreiben wollte Du fehlst mir . Aber was, wenn er nicht antwortete? Würde sie das verkraften? Also schickte sie ihm keine Nachricht. Sie klappte ihr Handy zu und malte sich aus, dass er in diesem Moment dasselbe tat: aus lauter Furcht vor Zurückweisung keinen Kontakt aufnahm. Diese Probetrennung war die blödeste Idee, die sie jemals gehabt hatte. Überhaupt hatte sie einiges wiedergutzumachen. Es würde weit mehr als ein Paar Flaschen Limoncello brauchen, diesen Schaden zu reparieren. Seit sie nicht mehr unentwegt über Frankie nachdachte, begriff sie, wie schrecklich sie Manus gegenüber gewesen war. Und es genügte nicht, fortan einfach nett zu sein, schon gar nicht aus der Ferne. Sie musste auch ihm Raum lassen.
»Zieh dich an, Ven, und lass uns schick im Ambrosia frühstücken, mit Bedienung, nicht so primitiv in der Buttery«, sagte Frankie, ehe sie sich noch einen Trüffel in den Mund steckte.
»Hier kann man nirgends
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