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Leichtmatrosen: Roman (German Edition)

Leichtmatrosen: Roman (German Edition)

Titel: Leichtmatrosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Liehr
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er sah nur nach unten, wo das Geplätscher aufgehört hatte.
    »Müssen wir nicht noch den anderen Tank befüllen?«, fragte er Simon, als dieser zurückgekehrt war. »Ich meine, hier ist noch eine zweite Öffnung.«
    »Ist für denselben«, erklärte Simme selbstbewusst, als hätte er den Kahn eigenhändig gebaut.

    Walter trug zu unserer kollektiven Erleichterung Jeans und ein Polohemd, aber während ich neben ihm ging, konnte ich nicht damit aufhören, mir die Wäsche darunter vorzustellen. Oder die Sexpraktiken, die Sofie – seine Frau – und er bevorzugten. Finn-Lukas ging an meiner anderen Seite, neben Henner, mit dem er über irgendeinen Fantasyroman sprach und dessen Hand er hielt, nicht nur eine Geste der Dankbarkeit, sondern zugleich auch eine des Protests gegen den fahrlässigen Vater. Hinter uns Sofie, eingerahmt von Mark und Simon; während sie unablässig schwätzte oder übertrieben über eine Antwort von Mark oder Simon lachte, wanderte ihr Blick unablässig von einem zum anderen, hauptsächlich aber zu Simme – sie flirtete. Kein guter Tag für den dickbäuchigen Walter.
    Templin, die »Stadt der sieben Seen«, bot eine unspektakuläre, gepflegte Kulisse – gedrungene, saubere Häuschen anKopfsteinpflastergassen, in deren Erdgeschossen wie überall in der Republik zu viele Handyshops und Drogeriekettenfilialen um Kundschaft buhlten. In der Nähe des Marktes entdeckten wir ein Restaurant mit Außenbereich, der teilweise im Schatten lag. Bürgerliche Küche. Wir bestellten Schnitzel, Fleischspieße und solches Zeug, dazu Wernesgrüner vom Fass, was mich etwas überraschte – meine Kameraden hatten sich zwar ab dem Nachmittag deutlich gesundet gezeigt, aber dass Simon sein Kein-Alkohol-Versprechen so umgehend brach, fand ich doch verblüffend. Finn-Lukas trank Cola, zwei Halblitergläser kurz nacheinander, danach rülpste er vernehmlich, den Blick auf den Vater gerichtet, der das mit einem schmalen, fast unterwürfigen Lächeln quittierte.
    Wir erfuhren, dass Walter Abteilungsleiter in einem Baumarkt war. Er versprach uns allen satte Prozente (»Einkaufspreise! Ihr bekommt natürlich Einkaufspreise!«), wenn wir mal in Cottbus wären, aber ich nahm nicht an, je dorthin zu fahren, um ausgerechnet einen Baumarkt aufzusuchen, was selbst in Berlin nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte.
    Wir aßen unsere verölten Salate aus Möhren, Gurken und Kraut, tranken eine zweite Runde Bier, Henner sprach respektvoll mit Finn-Lukas, der vom Tennis erzählte, Mark malte seltsame Skizzen auf die Papiertischdecke, aber der Knaller waren Sofie – ich schätzte sie auf Anfang vierzig – und Simon, der Jeans und ein helles Shirt trug und fast ein bisschen fesch aussah, die erkennbar aneinanderrückten, sich sogar heimlichtuerisch gegenseitig in die Ohren flüsterten. Walter schien das nicht zu bemerken, denn er fragte mich darüber aus, was Lektoren so tun.
    Nach dem Hauptgang folgte mir Simon aufs Klo. Ich nutzte die Gelegenheit, eine Keramikschüssel zu benutzen, und lauschte auf Simons Gestruller.
    »Sag mal«, sagte Simon durch die Klotür.
    »Ja?«
    »Klingt vielleicht ein bisschen komisch.« Er schnaufte. »Also. Meinst du, äh, ihr könntet, also du, Henner und Mark, den Kleinen ein bisschen beschäftigen? Also für eine Stunde vielleicht.«
    »Ja. Klar. Wozu?«
    »Sofie und ich und, äh, Walter. Wir haben was vor.« Eine Pause, dann etwas energischer: »Nichts Besonderes. Geht dich überhaupt nichts an. Ich bitte dich nur um was. Also, geht das?«
    Ich murmelte »Klar«, wiederholte es lauter und fragte mich, was Walter, Sofie und Simon wohl gemeinsam auszuhecken hätten.
    »Super, danke. Wir hauen dann auch gleich ab.«
    Gleich nach dem etwas hastigen Bezahlen gingen sie davon, zügig in Richtung Hafen. Für Finn-Lukas schien das nichts Ungewöhnliches zu sein. Mark und Henner sahen mich fragend an, aber ich zuckte nur die Schultern. »Vielleicht will ihm Walter einen Job anbieten. Sie sind ja schließlich in der gleichen Branche, irgendwie.«
    Wir aßen Eis mit Finn-Lukas, der aß dann noch eines und noch eines, was sich vermutlich endlos fortgesetzt hätte – und den Körperumfang des zunehmend sympathischen Jungen erklärte –, hätte Henner nicht gesagt: »Ab dem nächsten besteht akute Lebensgefahr.« Immerhin brachten wir so die erste halbe Stunde hinter uns – es war erst kurz vor halb acht. Wir schlenderten durch den Ort, entdeckten eine Buchhandlung, in der ich erst die paar Titel

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