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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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und gleichzeitig ihr Bein abspreizte und festhielt. Mit erweiterten Pupillen, so rot wie glühende Kohlen, hockte Maik auf ihrem anderen Oberschenkel und steckte Julia gerade den Flachenhals in den Hintern.
    Als er mitbekam, dass Benjamin nach seinem Filmriss wieder wach war, zuckte er mit den Achseln. „Sie mag ja keine Schwänze, sonst hätte sie mich rangelassen, also besorg ich es ihr so.“
    Benjamins Wangen waren nass, ohne dass er mitbekommen hatte, dass er heulte. Dämonen mussten in Maik und Denis gefahren sein, wie er das in einem Buch gelesen hatte. Die Jungs da vor ihm konnten nicht mehr seine Freunde sein. Fuck! Ben kam sich nicht einmal mehr wie er selbst vor, sonst würde er nicht hier liegen und tatenlos zusehen. Aber noch immer fühlte er sich wie unter einer Glasglocke. Er konnte die Welt da draußen sehen, aber nicht erreichen und somit auch nicht eingreifen.
    Eine Weile wand sich Julia, doch dann blieb sie liegen und wimmerte nur noch. Offenbar verlor Maik dadurch das Interesse, deutete Denis an, er solle die Flasche in sie hineinpressen, und zündete sich einen weiteren Blunt an. Er betrachtete die glühende Spitze, dann Julias Unterleib. Sein Grinsen wurde immer breiter.
    Julia, die über ihre Schulter prüfte, was er tat, erkannte wohl, was er Teuflisches vorhatte. Just in dem Moment, als Denis begann, sie erneut zu penetrieren, sprang sie unerwartet auf, doch er hielt sie am Rock fest. Die Flasche rutschte aus Julia heraus, ein Stück vom Hals fehlte. Blut floss an Julias Beinen hinab. Kreischend wie eine Furie stieß sie Denis fort, aber er ließ den Stoff nicht los, gleich einem Köter, der sich festgebissen hatte.
    Ein Gerangel entstand.
    Plötzlich gab Denis sie frei. Er formte mit beiden Händen eine einzige große Faust, holte weit aus und schlug ihr seitlich gegen den Kopf, direkt aufs Ohr. Julia kippte um. Ohne einen Laut von sich zu geben, fiel sie. Hart schlug sie auf den Kilometerstein auf und blieb reglos liegen. Blut sickerte aus der Wunde an ihrer Schläfe.
    Ihr Brustkorb hob und senkte sich nicht mehr.
    Stille trat ein.
    Schmerzhaft zogen sich Benjamins Eingeweide zusammen, als würde ihm jemand die Luft unter der Glocke, die ihn abschirmte, absaugen – bis er endlich bemerkte, dass er lediglich vergaß zu atmen. In einem Tunnelblick sah er nur noch Julia.
    Panik brach aus.
    Wie von Sinnen schüttelte Denis Julia, doch sie regte sich nicht. Er hörte erst auf, als Benjamin zu ihnen wankte und ihn von ihr fortriss. Ein Vakuum herrschte in seinem Kopf, als Ben ihren Puls fühlte. Nichts. Er legte sein Ohr an ihre Brust, konnte ihr Herz aber nicht schlagen hören. Aus Verzweiflung hielt er ihr die Hand vor den Mund und heulte auf, weil er ihren Atem nicht spürte. Er nahm sie in seine Arme und glaubte, dass sie bereits kalt wurde, war sich aber nicht sicher, ob er sich das nicht nur einbildete. Um endlich klarer zu werden, kroch er zum Ufer und schaufelte sich Wasser ins Gesicht.
    Fluchend schleuderte Maik den Drahtbügel weit auf den Fluss hinaus. Er ließ die Schultern hängen, sodass seine Muskeln viel kleiner aussahen als zuvor, als hätte jemand mit einer Nadel reingestochen und die Luft herausgelassen.
    In einer Kurzschlussreaktion versenkten Maik und Denis Julias Leiche mithilfe des Kabels und einem Mauerstein zum Beschweren im Rhein. Der Schock lähmte Benjamin. Außerdem war er immer noch zu breit, um sie daran zu hindern. Während die beiden aufgescheucht umherliefen – Denis besorgte Grillkohle, um Julias Blut auf dem Boden, zu überdecken, und Maik brach in die Spedition ein und goss das dort erbeutete Motorenöl auf die Stelle, wo sie umgekommen war –, fühlte sich Benjamin, als wäre er neunzig Jahre alt und nicht siebzehn.
    Die beiden Jungs schleppten ihn zurück zur Party, setzten sich um den Grill, der inzwischen zum Lagerfeuer umfunktioniert worden war, und taten so, als wären sie nie weg gewesen, damit sie ein Alibi hatten.
    Maiks Lederarmband war voller Blut. Das musste passiert sein, als er Julias Leiche ins Wasser gezerrt hatte. Unauffällig warf er es in die Flammen, neigte sich zu Benjamins Ohr und beschwor ihn, ja die Klappe zu halten. „Jetzt ist die Sache eh nicht mehr zu ändern. Glaub mir, wenn ich es könnte, würde ich es ungeschehen machen. Aber es war ein Unfall. Wir sind doch mehr als nur Freunde. Wir sind das Rat Pack, verdammt noch mal! Einer für alle und alle für einen, vergiss das nicht.“
    Leise und erbärmlich weinte Benjamin.

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