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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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Schatzkisten nicht gefunden, worauf er ihre Väter tötete“, mutmaßte Marie.
    „Schon möglich. Aber was hat Julia damit zu tun? Sollte sie sich mit dem Patron eingelassen und sein krankes Spiel verloren haben“, was über kurz oder lang immer passierte, davon ging Daniel aus, „hätten ihre Eltern doch dafür bezahlen müssen und nicht sie selbst.“
    „Frau Kranich war nicht auf der Beerdigung.“ Marie brauchte ihre Befürchtung nicht auszusprechen, Daniel verstand auch so, worauf sie hinauswollte. Möglicherweise tötete GeoGod zuerst ein Elternteil und dann den Spieler selbst.
    „Wo ist Ben jetzt?“ Plötzlich machte er sich große Sorgen um Maries Cousin. Seine Eltern lebten zwar noch, aber auf Heide Mannteufel waren schon zwei Mordanschläge verübt worden.
    „Ausnahmsweise mal in der Schule.“
    „Wir sollten jemanden engagieren, der ihn im Auge behält. Ich kenne einen Privatdetektiv.“
    „Und was ist, wenn Benjamin ...“ Marie stockte. „Was ist, wenn dieser Bekannte von dir dabei zufällig etwas herausfindet, das Ben belastet?“
    Auf dem Gang waren Männerstimmen zu hören. Daniel lauschte angestrengt, doch Vasili war nicht darunter. Nachdenklich kraulte er seinen gestutzten Bart. „Alle Spuren führen zu Julia. Ob eine der Personen allerdings etwas mit ihrer Ermordung zu tun hat, steht auf einem anderen Blatt. Sicher scheint jedenfalls, dass Schardt und Lenz ein und demselben Täter zum Opfer gefallen sind, denn beiden wurden Gliedmaßen abgetrennt und etwas in ihren Gesichtern verändert.“ Als wollte der Mörder sie entstellen. Oder ihr wahres Ich zeigen.
    Er wechselte zwischen den Akten hin und her, schaute sich diesen und jenen Vermerk an und stockte. Plötzlich fiel ihm ein Eintrag ins Auge – der in beiden stand. „Sie saßen beide in Ossendorf ein!“
    „In der JVA Köln?“ Das Klappern von Maries Schuhen begleitete ihre Worte, wahrscheinlich ging sie zum Musical Dome zurück.
    In der Justizvollzugsanstalt verbüßten seit 1969 Männer, Frauen und Jugendliche in neunhundertsechzehn Einzel- und dreiundfünfzig Dreierzellen ihre Haftstrafen. Es war durchaus denkbar, dass sich Mike und Schnapper eine Zelle geteilt hatten oder sich in den Spazierhöfen, den Hobbyräumen oder den Werkstätten begegnet waren. Waren sie dort jemandem auf die Füße getreten?
    Neunzig Prozent der Tötungsdelikte waren Beziehungstaten. Habgier, Rache und Eifersucht waren die häufigsten Motive für Mord. Was traf auf Schnapper zu, was auf Schardt und was auf Julia?
    „Ja, aber für gewöhnlich haben Kinderschänder keinen guten Stand bei den Mitgefangenen.“ Daniel schaute auf die Zwischentür, denn im Nebenbüro wurde laut gelacht. „Es gibt vieles, was ich klären und erst noch herausfinden muss. Das braucht seine Zeit, weil ich selten alleine im Büro bin.“
    „Kann ich in der Zwischenzeit etwas tun?“
    „Auf keinen Fall!“
    „’Kay.“
    Das klang wenig überzeugend für ihn. „Marie!“
    „Ich sagte: Okay.“
    „Wenn du Zugeständnisse flapsig aussprichst, meinst du sie nicht ernst.“ Durch ihr Kichern bekam er eine Gänsehaut, die sich über seinen gesamten Brustkorb erstreckte. Seine Nippel zogen sich vor Erregung zusammen, ganz tot war seine Libido also doch noch nicht. Wahrscheinlich sollte er Marie wirklich freigeben, damit sie einen Mann fand, der diese Bezeichnung auch verdiente. Aber sie tat ihm so gut. Wie sollte er es übers Herz bringen, sie wegzustoßen? Unter keinen Umständen wollte er ihr wehtun. Außerdem konnte er sich nicht vorstellen, ohne sie zu leben. Noch viel mehr als seinen Job beim KK 11 brauchte er doch sie!
    „Du kennst mich einfach zu gut, Daniel“, antwortete sie mit einem Lächeln in der Stimme.
    „Zucker!“, rief plötzlich jemand.
    Ertappt zuckte Daniel zusammen. Sein Puls beschleunigte sich. Er war so sehr darin vertieft gewesen, alle möglichen Theorien durchzugehen, dass er nicht mitbekommen hatte, wie die Tür geöffnet worden war.
    Hatte er soeben seine Chance verspielt, jemals wieder bei der Polizei zu arbeiten, weil er die Datenbanken privat genutzt hatte?
     

19
     
    Tomasz stellte sich breitbeinig im Eingang hin, als wollte er ihn zum Duell auffordern, die Zigarettenpackung in der Hand wie ein Schießeisen.
    „Ich muss Schluss machen“, sagte er zur Marie, während sich sein Herzschlag langsam wieder beruhigte, und legte auf. Rasch loggte er sich aus der Datenbank aus und setzte, geübt durch unzählige Befragungen, sein Pokerface auf,

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