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Leiden sollst du

Leiden sollst du

Titel: Leiden sollst du Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Wulff
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als hätte er nicht eben außeramtliche Nachforschungen angestellt.
    „Du solltest deine Arme beim Dienstsport trainieren, wenn sie deinen Rollstuhl nicht einmal mehr bis in die richtige Abteilung schieben können, Herr Kriminalhauptkommissar.“
    „Mit denen schaffe ich es sogar einmal komplett über den Kölner Ring.“ Daniel hob beide Hände, um seinem Freund und ehemaligen Kollegen seine neueste Errungenschaft zu zeigen: schwarze Halbfinger-Rollstuhlhandschuhe aus weichem Leder mit verstärkter Daumenumgebung, Polsterung an den Innenflächen und Klettverschluss. Er hatte sich bisher gegen jegliche Hilfsmittel gewehrt, weil er dachte, er würde sich dadurch nur noch schwächer fühlen, doch eigentlich sahen sie recht cool aus und er kam schneller voran. Außerdem versteckte er darunter etwas vor Marie.
    „Und warum sitzt du dann bei Papa ?“
    „Direktor Voigt will sich dafür einsetzen, dass ich wieder in der Direktion Kriminalität und nicht im Direktionsbüro für zentrale Aufgaben eingesetzt werde. Er meint, das wäre Verschwendung. Aber das KK 11 soll ich mir abschminken.“ Murrend schob Daniel seinen Rolli so, dass er in Richtung Ausgang saß und seinen Freund direkt ansehen konnte. „Heute schaue ich mir mal für einige Stunden das KK 35 an, aber mir tut jetzt schon der Arsch weh.“
    Tomasz warf die Zigaretten hoch und fing sie geschickt mit einer Hand auf. „Aber du spürst da unten doch gar nichts mehr.“
    Jeder andere Kollege hätte aus Taktgefühl geschwiegen, nicht so Tom, und genau deshalb hatte er bei Daniel ein Stein im Brett. „Zeigt das nicht erst recht, wie schlecht es mir hier drinnen geht? Phantomschmerzen! Ich fühle mich eingesperrt. Ich bin nicht dafür geschaffen, den ganzen Tag im Präsidium zu hocken.“
    Unentwegt drehte Tomasz die Packung zwischen seinen Finger hin und her. „Mittagessen um eins in der Kantine?“
    „Wenn nichts dazwischenkommt.“ Daniel hatte dann ohnehin Feierabend, da er aus arbeitsrechtlichen Gründen stundenweise wieder eingegliedert werden musste, was auch auf das Probearbeiten zutraf.
    Tom lächelte ironisch. „Du weißt ja, wie es ist.“
    „Es kommt immer etwas dazwischen.“ Sobald man Pause machen wollte, kam ein neuer Anruf rein, dass eine Leiche gefunden wurde. Immerhin gab es im Verantwortungsbereich des Kölner Polizeipräsidiums um die tausendfünfhundert Todesfälle jährlich, das machte vier bis fünf Leichen am Tag. Diese waren nicht alle Opfer von Bluttaten, sondern darunter fielen auch Selbstmorde und natürliche Todesursachen, wie das Ableben durch Altersschwäche. Aber selbst in diesen Fällen rückten Mitarbeiter des Kriminalkommissariats für Tötungsdelikte aus, um Fremdeinwirken auszuschließen.
    „Also um eins im Foyer.“ Tom zwinkerte, wandte sich ab und blieb auf dem Korridor noch einmal stehen. „Übrigens, danke für den Tipp, auf dem Gelände der ehemaligen Spedition unter der Grillkohle und dem Motorenöl nachzuschauen. Dort fanden wir tatsächlich noch Hinweise darauf, dass Julia Kranich an dieser Stelle umgebracht wurde.“
    Daniel nickte zwar, freute sich jedoch nicht darüber, schließlich ging es um ein brutales Verbrechen. Während er seinem Freund hinterherschaute, war er gedanklich schon wieder bei Schardt und Lenz.
    Dem Streetworker und dem Obdachlosen war genauso Gewalt angetan worden wie Julia, allerdings war der Täter bei den Männern gezielt vorgegangen. Bei dem Mädchen dagegen schien es blinde Wut gewesen zu sein, die sich bis zum Äußersten gesteigert hatte.
    War die Siebzehnjährigen das erste Opfer eines Psychopathen gewesen, eher zufällig, und ihre Tötung nicht geplant? Hatte dem Mörder gefallen, Macht über einen Menschen zu besitzen, ihn leiden zu lassen und ihm am Ende das Leben zu nehmen? Waren durch den Adrenalinschub alle Dämme gebrochen und seine Gewaltfantasien endlich real geworden, worauf er den Kick wiederholen wollte ... musste, sodass er sich weitere Opfer gesucht hatte?
    War Julia der Auslöser für einen Serienkiller gewesen? Womöglich hatte er in den Monaten darauf seine Foltermethoden verfeinert und sie bei den Männern angewandt. Die Hände von Mike wurden nicht am Tatort gefunden, genauso wenig wie die Füße von Schnapper. Waren die Gliedmaßen Trophäen?
    Vasili kehrte mit zwei Bechern zurück. Verständnisvoll lächelnd stellte er sie auf dem Schreibtisch ab, setzte sich neben ihn und rückte seinen Stuhl heran.
    „Danke.“ Daniel griff nach dem Kaffee, nippte daran

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