Leidenschaft der Nacht - 4
nutzte er ihren Schwung gegen sie, indem er sie an sich riss. Diesmal standen sie Brust an Brust, Bauch an Bauch.
Sie starrten einander an, zitternd und ein wenig atemlos.
»Gott, ich begehre dich! « Seine Stimme kam einem raspelnden Flüstern gleich, das ihr einen Schauer über den Rücken jagte, ihre Brustspitzen fest werden und Hitze zwischen ihren Schenkeln aufflackern ließ. »Wie kann ich so wütend sein und dich zugleich wollen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie wahrheitsgemäß. »Wie kannst du?«
Sein Lachen wehte wie ein warmer Sommerwind über ihr Gesicht.
Doch seine Augen blieben vollkommen ernst. Etwas Rohes und Verletzliches blitzte darin auf, bei dessen Anblick Olivia ein unangenehmes Kribbeln im Bauch empfand.
»Und du willst mich auch. Gib es zu! «
»Ja.« Leugnen war aussichtslos, auch wenn sie es gern getan hätte. »Ich will dich.«
»Was ist das zwischen uns, Liv?« Er nahm seine Hand von ihrer geballten Faust und legte sie sanft an ihre Wange. »Warum fühle ich mich nur bei dir lebendig?«
Schneller hätte er ihr den Atem nicht rauben können, hätte er sie gewürgt. Oh ja, in diesem Moment wurde ihr klar, dass sie für ihn weit mehr als eine Verantwortung war. »Ich … «
Weiter kam sie nicht, denn sein Mund lag auf ihrem, und er küsste sie mit einer Verzweiflung, die ihrer eigenen in nichts nachstand. Ihre Lippen, Zungen und Zähne begegneten sich mit identischer Ungeduld, die aggressiv anmutete. Währenddessen wurde Olivia von seinem reichen salzigen Aroma erfüllt, dessen exotisch-würzige Note sie schwindlig machte.
Es war sein Blut. Und sie wollte mehr davon. Mit ihren Zähnen fing sie seine Unterlippe ein und sog vorsichtig. Dabei schmerzten ihre Reißzähne, die es nicht erwarten konnten, sich so in ihn zu versenken, wie sie es sich wünschte.
Reign stöhnte kehlig und zog sie dichter an sich. Beider Atem ging in schnellen Stößen, als sie ihn kostete und von einer solchen Kraft und Sehnsucht gepackt wurde, dass sie vor Freude heulen wollte. Sie liebte es, ihn zu fühlen, ihn zu riechen, ihn zu schmecken.
Sie wollte ihn beißen, und sie wollte auch seine Zähne in sich fühlen.
Dieser Gedanke traf sie wie ein Schlag. Erschrocken gab sie seine Lippen wieder frei und schob ihn von sich, wobei sie sich die letzten Spuren von ihm ableckte.
Er beobachtete sie hungrig und erregt. Sein Mund war gerötet. »Was ist?«
Die Wahrheit konnte sie ihm schlecht sagen, denn so sehr sie es auch wollte, hatte sie immer noch Angst davor. Zum Glück hörte sie ein leises entferntes Geräusch, das ihr einen Ausweg bescherte. »Es kommt jemand.«
Reign holte ein Taschentuch aus seiner Jacke und tupfte sich den Mund ab. Soweit Olivia sehen konnte, blutete er nicht mehr, und als es schließlich an der Tür klopfte, wirkte er wieder vollkommen normal - ausgenommen, dass er sich hinter das Sofa stellte, um seine untere Körperhälfte zu verbergen.
»Herein!«, rief er.
Die Tür ging auf, und Watson kam ins Zimmer. Olivia mochte den Butler vor allem, weil er nie über sie zu urteilen schien wie Clarke. Allerdings blickte er interessiert von ihr zu Reign. Was in seinem Kopf vorgehen mochte, konnte sie nicht sagen; es war jedenfalls schlimm genug, dass er die Spannung zwischen ihnen bemerkte.
»Verzeihen Sie bitte die Störung, aber es ist eben ein Telegramm von Mr. Clarke eingetroffen. Ich dachte, eine Nachricht um diese Uhrzeit könnte wichtig sein.«
Reign trat mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. »ja, es ist gut, dass Sie es mir direkt bringen, Watson, vielen Dank. Sie dürfen sich jetzt zurückziehen.«
Der Butler verneigte sich kurz. »Sehr wohl. Gute Nacht, Sir, Madam.«
Olivia blickte ihm nach, ehe sie sich wieder zu Reign wandte, der mit strenger Miene das Telegramm las.
»Was ist? Ist es etwas über james?«
Als er aufschaute, rechnete sie zuerst mit einer schneidenden Bemerkung. Daran erkannte sie, dass die Nachricht sich nicht auf ihren Neffen bezog. Was auch immer dort stand, traf Reign zutiefst.
»Es geht ums Maison Rouge, nicht wahr?«, fragte sie, und ihr wurde unbehaglich.
»Gab es wieder einen Mord?«
Er nickte. »ja, verdammt! Clarke bittet mich, zurückzukommen und tätig zu werden. Madeline, die Leiterin des Maison Rouge, wird nicht gut mit der Situation fertig.«
»Was man von ihr wohl auch kaum erwarten kann.« Olivia wusste schließlich, wie furchtbar sie selbst sich fühlte, weil James verschwunden war; sie mochte sich gar nicht ausmalen, wie es
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