Leidenschaft des Augenblicks
dir, Hatch.«
»Das gefällt dir, was? Nun, ich hätte da noch einen klugen Vorschlag zu machen.«
Jessie neigte den Kopf, da sie einen ungewohnten Tonfall aus seiner Stimme heraushörte. »Und das wäre?«
»Ich glaube, es wäre das beste, wenn du bei Valentine Consultations kündigen würdest.«
»Meinen Job kündigen?« Jessie fuhr hoch, sprang aus dem Bett und funkelte ihn empört an. »Bist du verrückt geworden? Das ist der beste Job, den ich jemals hatte.«
»Ich möchte nicht, daß du nochmal in eine Rettungsaktion wie die von letzter Nacht verwickelt wirst.«
Hatch setzte sich langsam auf und schwang die Beine über die Bettkante. »Und ich fürchte, sobald die Neuigkeit von der Presse publik gemacht wird, rufen jede Menge verzweifelter Eltern bei Valentine Consultations an und wollen, daß ihre Kinder zurückgeholt werden, die irgendeiner Sekte anheimgefallen sind. Und du wirst versuchen, jedes einzelne höchstpersönlich zu retten. Das ist viel zu gefährlich. Ich werde das nicht zulassen.«
»Hatch, so wird es nicht kommen. Das war ein Einzelfall. Ein Zufallstreffer.«
»Mag schon sein. Aber je länger du im Geschäft bist, desto eher wirst du merken, daß es einen Haufen Einzelfälle und Zufallstreffer gibt. Jessie, ich möchte mich mit dir nicht darüber streiten.«
»Gut. Das möchte ich nämlich auch nicht.« Sie drehte sich um, marschierte ins Bad und knallte die Tür hinter sich zu.
Eine halbe Stunde später gingen sie zu den anderen in den Frühstücksraum hinunter. Aus der Küche kam der Duft von frisch gebrühtem Kaffee, Pfannkuchen, Spiegeleiern und gebratenem Speck. Alex, Susan und David saßen bereits an einem großen runden Tisch. Sie blickten auf, als Jessie und Hatch den Raum betraten.
»Oh, oh«, murmelte David, als er Jessies beleidigte Miene sah. »Sehe ich da vielleicht schon die erste Verstimmung zwischen den Frischverlobten?«
»Jessie hatte schon immer Schwierigkeiten, sich anzupassen«, bemerkte Hatch, während er sich setzte und nach der Speisekarte griff.
»Er meint, ich ordne mich nicht allen Befehlen bedingungslos unter«, korrigierte Jessie und bedachte Hatch mit einem bitterbösen Blick.
»Sie wird es schon noch lernen«, sagte Hatch leichthin.
16. Kapitel
»Also liebst du ihn doch?« Elizabeth lehnte sich über das Geländer und spähte in das schlammig trübe Grün der Elliott-Bay hinab. Möwen schwammen auf dem Wasser und suchten zwischen Styroporbechern, Papier und anderem Müll nach Pommes frites und ähnlichem Eßbaren.
Die Uferpromenade von Seattle mit ihren Restaurants, Geschäften und dem Aquarium war an diesem Nachmittag nur spärlich besucht. Lediglich einige Touristen schlenderten hinter Elizabeth und Jessie am Wasser entlang, und ein paar unermüdliche Jogger liefen auf den Park zu, der sich in einiger Entfernung an die Promenade anschloß.
»Selbstverständlich liebe ich ihn. Warum sollte ich ihn sonst wohl heiraten?« Jessie blickte mit gerunzelter Stirn auf den ganzen Abfall, der die wunderschöne Bucht verschandelte.
»Vielleicht weil die ganze Familie es von dir erwartet?«
»Ich tue viel für die Familie, Elizabeth, aber ich würde niemals jemanden heiraten, nur um sie zufriedenzustellen.«
»Tante Glenna sagt, manche Menschen machen die verrücktesten Dinge, nur um ihren Verwandten zu gefallen.«
»Etwas derartig Verrücktes würde ich nie in Erwägung ziehen«, versicherte Jessie ihrer Schwester. »Mach dir also um mich keine Sorgen, Kind. Ich tue es weder für dich noch für David oder die Moms. Ich tue es ganz allein für mich.«
Die Sonne spiegelte sich in Elizabeths Brillengläsern, als sie den Kopf hob. Ihr kleines, schmales Gesicht zeigte einen Ausdruck ernster Besorgnis. »Bist du dir da ganz sicher?«
»Ja, das bin ich.«
»Wie kommt es, daß sich deine Meinung über Hatch geändert hat? Du hast mir doch gesagt, du würdest ihn niemals heiraten.«
»Damals kannte ich ihn noch nicht so gut.«
Elizabeth nickte. »Du meinst, du hast herausgefunden, daß er Dad doch nicht so ähnlich ist?«
Jessie lächelte ein wenig. »Nun, was immer Hatch sein mag -er ist völlig anders als jeder andere Mann, den ich je kennengelernt habe.«
»Schon gut. Wenn du meinst, du weißt, was du tust, ist es wohl okay.« Elizabeth trat vom Geländer zurück. »Sollen wir jetzt noch ins Aquarium gehen?«
»Natürlich.«
»Tut es dir leid, daß du damals deinen Job dort verloren
hast?«
Jessie schnitt eine Grimasse. »Nicht im mindesten.
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