Leidenschaft des Augenblicks
Irgendwie hat es mir nicht besonders behagt, ganz normale Fische zu zerstückeln, um damit irgendwelche exotischen Ziermonster zu füttern. Das schien mir irgendwie ziemlich unfair.«
Elizabeth grinste. »Haben sie dich deshalb entlassen, weil du immer wieder versucht hast, die normalen Fische zu retten?«
»Die Arbeit im Aquarium war ganz offensichtlich nicht das Richtige für mich«, schloß Jessie dieses unerfreuliche Thema ab.
»Meinst du, die Arbeit für Valentine Consultations ist das Richtige? Die Moms sagen, sie hoffen, daß du dir einen richtigen Job suchst, wenn du erst einmal mit Hatch verheiratet bist.«
Jessie erinnerte sich an die Auseinandersetzung, die sie und Hatch über dasselbe Thema gehabt hatten. Seit sie gestern nachmittag von den San Juan Islands zurückgekehrt waren, hatte niemand mehr über ihre Karriere bei Valentine Consultations gesprochen. Doch sie kannte Hatch gut genug, um zu wissen, daß die Sache damit keineswegs erledigt war.
»Ich weiß beim besten Willen nicht, warum alle etwas dagegen haben, daß ich für Mrs. Valentine arbeite«, murmelte Jessie. »Schließlich habe ich zum ersten Mal richtigen Erfolg im Beruf. Und in wenigen Tagen, wenn die Medien erst einmal über die Attwood-Sache berichten, wird das Geschäft so richtig boomen.«
»Hast du den Bericht für Mrs. Valentine schon fertig?«
»Nein, noch nicht. Ich arbeite noch daran. Ich möchte, daß er wirklich gut wird. Eindrucksvoll. Dieser Fall wird das Geschäft von Valentine Consultations unheimlich beleben, und ich möchte, daß sie meinen Beitrag dazu richtig einschätzt und auch das neue Potential der Firma erkennt.«
Elizabeth kicherte und blickte dann einen Moment lang wieder schweigend über das Geländer in die Tiefe. »Weißt du, ich frage mich, wie die Elliott Bay aussah, bevor die Leute angefangen haben, Abfall hineinzuwerfen.«
»Bestimmt wunderschön.« Jessie blickte zu den majestätischen Olympic Mountains hinüber. Aus einiger Entfernung war die Bucht bestimmt immer noch genauso eindrucksvoll wie vor zwei- oder dreihundert Jahren. »Sie ist immer noch wunderschön. Man müßte sie nur säubern, und das ist verdammt viel Arbeit und würde einen Haufen Geld kosten. Es gibt keine Patentlösungen, dafür aber jede Menge offener Fragen, und im Prinzip wissen wir immer noch viel zu wenig über unsere Umwelt.«
»Irgendwie verstehe ich, daß die Leute auf Edwin Bright reingefallen sind.«
»Ich auch«, sagte Jessie. »Zu schade, daß er ein Betrüger war.«
Ein paar Stunden später betrat Jessie die Diele des Hauses, in dem sich das Büro von Valentine Consultations befand. Wie gewöhnlich schimmerte das grüne Licht von Alex' Computer durch den Türspalt zu seinem Büro. Sie klopfte kurz, steckte dann den Kopf durch die Tür und mußte unwillkürlich lächeln, als sie Susan Attwood und Alex dicht nebeneinander vor dem Bildschirm sitzen sah.
»Woran arbeitet ihr beiden denn?« erkundigte sich Jessie.
»Hi, Jessie.« Susan lächelte schüchtern.
Alex drehte sich zu ihr um und blinzelte gegen das Licht, das aus dem Gang in sein Büro drang. »Oh, hallo, Jessie. Susan und ich gehen für die Polizei noch ein paar DEL-Dateien durch. Oben wartet jemand auf dich.«
»Wow. Ein neuer Klient? Hat. sich schnell rumgesprochen.«
»Freu dich nicht zu früh. Es ist deine Tante Glenna.«
Jessie rümpfte die Nase. »Wahrscheinlich will sie wissen, ob ich mir über sämtliche Konsequenzen im klaren bin, die eine Heirat mit Hatch mit sich bringt. Ich beruhige sie besser gleich. Wenigstens hat sie mich nicht wie letztes Mal in ihr Büro zitiert, um mich auszuhorchen.«
Alex zuckte die Schultern und wandte sich wieder dem Bildschirm zu. »Überlaß sie doch einfach Hatch. Der weiß schon, wie er mit ihr umgehen muß.«
Susan nickte beifällig. »Ja, warum tust du das nicht?«
»Ich weiß sehr gut selber, wie ich mit meiner Familie umgehen muß, vielen Dank.« Jessie verzog das Gesicht und schloß die Tür.
Während sie die Treppe zum ersten Stock hinaufstieg, dämmerte ihr plötzlich, daß sich anscheinend niemand mehr daran erinnerte, daß sie es gewesen war, die die Befreiungsaktion organisiert hatte. Sie hätte Hatch nicht so einfach mit in den Fall hineinziehen dürfen. Das Problem war seine Führernatur. Er erteilte wie selbstverständlich Befehle, und alle befolgten sie ganz selbstverständlich. Und hinterher war er derjenige, der die ganze Anerkennung einsteckte. Auch ganz selbstverständlich. Niemand
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