Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
einem geckenhaften Anzug inspizierte eine Kiste mit Zigarren, und ein anderer, ein Farmer, strich liebevoll mit der Hand über ein Werkzeug, das er wohl kaufen wollte.
Cornelia blickte Aislinn scharf an. »Da bist du ja endlich. Ich dachte schon, du glaubst, daß du dafür bezahlt wirst, bei meinem Bruder die Krankenschwester zu spielen, anstatt dich hier im Laden nützlich zu machen.«
Die Frau in dem farblosen Kleid hatte Mühe mit dem schweren Mehlsack, aber sie lächelte Aislinn mitfühlend an, bevor sie das Geschäft verließ.
Aislinn beugte sich über die Verkaufstheke und sprach mit leiser Stimme: »Warum haben Sie Dorrie all die Jahre im Glauben gelassen, Leander würde zurückkommen?«
Cornelia war einen Moment geschockt, aber sie fand schnell ihre Fassung wieder. »Ich habe es nicht nötig, deine unverschämten Fragen zu beantworten, du undankbares Ding! Ich habe endgültig die Nase voll von dir. Pack deine Sachen, und verlass auf der Stelle mein Haus und mein Geschäft!«
Der Zigarren-Käufer und der Farmer drehten sich verwundert um, weil Cornelia mit schriller Stimme sprach. Sie schaute die beiden Männer mit einem eisigen Blick an, worauf sich beide wieder abwandte n .
»Eher würde ich auf der Straße schlafen, als von Ihnen eine Gefälligkeit anzunehmen«, antwortete Aislinn offen. Sie sprach leise und freundlich, denn Cornelia McQuillan bedeutete ihr so wenig, daß sie diese Frau nicht einmal hassen konnte. »Shay wird sich um Dorrie kümmern, wenn Sie es nicht tun.«
Das Blut schoss Cornelia ins Gesicht, und diesmal senkte sie die Stimme. »Ich habe Dorrie dieses dümmliche Spiel spielen lassen, damit sie beschäftigt war. Sie war doch vollkommen verzweifelt, als Pa sie nach Prominence zurückgebracht hatte. Sie war in diesen Leander verliebt, und die Leute in der Stadt haben hinter Dorries Rücken get u sch elt, weil sie glaubten, daß meine Schwester eine Affäre mit diesem Tunichtgut gehabt hätte. Ich dachte, es sei das beste, sie in dem Glauben zu lassen, daß ihr Geliebter eines Tages wieder zurückkommen würde.«
Aislinn war klar, daß Cornelia das Gerede und den Skandal gefürchtet hatte, wenn die Leute die Wahrheit erfahren hätten. »Sie wollten nicht Ihrer Schwester helfen, sondern sich selbst, weil Sie sich geschämt haben.«
»Unsinn«, erwiderte Cornelia schrill. »So lange sie träumen konnte, war sie ruhig und hat sich nicht selbst zum Narren gemacht.«
Bevor Aislinn etwas entgegnen konnte, trat Dorrie aus dem Hinterzimmer in den Verkaufsraum. Sie war bleich und wirkte vollkommen erschüttert. Sie hatte eine Hand vor den Mund gepreßt, und in ihren Augen glitzerten Tränen. »Leander kommt nicht mehr zurück?« fragte sie mit kindlicher Stimme.
»Zufrieden, Aislinn?« zischte Cornelia, die sich zuerst gefaßt hatte.
Aislinn ging um die Verkaufstheke herum und legte einen Arm um Dorries schmale Taille. Sie spürte, daß ihre Freundin zitterte wie ein Vögelchen, das aus dem Nest gefallen war. »Komm, ich bringe dich nach Hause«, sagte sie leise. »Dort mache ich dir eine schöne Tasse Tee.«
»Du wirst mein Haus nicht mehr betreten, Aislinn Lethaby«, rief Cornelia und hob drohend den Zeigefinger. »Und wenn du es doch wagst, werde ich ... werde ich ...«
»Was werden Sie dann tun?« fragte Aislinn ruhig und lächelte spöttisch. »Werden Sie dann den Marshall rufen, um mich verhaften zu lassen?« Sie wartete keine Antwort ab, sondern führte Dorrie am Arm auf die Straße.
»Leander ist also schon lange tot«, murmelte Dorrie leise.
»Ich fürchte, ja«, erwiderte Aislinn. Ihr war zum Weinen zumute, denn Dorrie tat ihr schrecklich leid.
»Cornelia hat mir immer wieder gesagt, daß ich fest daran glauben solle, daß Leander eines Tages zu mir zurückkehren wird. Sie hat ständig betont, daß Leander mich liebt.«
»Es tut mir leid, Dorrie.«
»Ich weiß nicht, ob ich das Cornelia jemals verzeihen kann. Es ist, als hätte sie mir Leander zurückgegeben, nur um ihn mir wieder wegnehmen zu können. Sie hat ihn nie leiden können. Wahrscheinlich war sie auch neidisch, weil mich ein Mann geliebt hat und sie keinen hatte.«
Dorrie plapperte unentwegt weiter, bis sie zum Haus kamen. Aislinn unterbrach sie nicht, denn sie ahnte, daß die Freundin nur so viel redete, um gegen den Schmerz anzukämpfen. Aber alles, was Dorrie sagte, hatte Hand und Fuß. Verrückt war diese Frau auf keinen Fall.
»Cornelia hat einmal etwas ganz Schlimmes gemacht«, wisperte Dorrie, als sie
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