Leidenschaft, Die Dich Verfuehrt
noch mal. Ich glaube, das ist die beste Medizin für mich.«
Aislinn versuchte auch zu lachen, aber statt dessen begann sie zu schluchzen, und die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sie presste zwar schnell die Hand auf den Mund, aber es war zu spät. Liebevoll schlang Shay einen Arm um sie, zog sie an seine Brust und hielt sie fest.
»Ist ja gut«, flüsterte er. »Die Sache ist ausgestanden. Und ich lebe noch.«
Sie schniefte leise. »Aber diese Männer kommen zurück- und dann beginnt alles wieder von vorne, und ich...«
»Ssscht!« Er küsste ihre Stirn. »Ich hatte einfach Pech. So etwas wird mir nicht noch einmal passieren. In den nächsten Tagen wird der Bezirksrichter in die Stadt kommen, der Billy und seinen Vater verurteilen wird. Dann werden sie ins Staatsgefängnis gebracht, wo sie hingehören, und hier wird alles wieder friedlich sein. Ganz bestimmt.«
Aislinn richtete sich auf und blickte Shay in die Augen. »So einfach ist es nicht. Nicht, wenn jemand betroffen ist, der so reich und mächtig wie Mr. Kyle ist.«
Shay zog Aislinn an seine Brust zurück und strich ihr mit der Hand über den Kopf. »Ssscht«, machte er noch einmal, und nur allzu bereitwillig ließ Aislinn sich beruhigen. Sie schloss die Augen und la u sch te dem Herzschlag des Mannes, den sie über alles liebte.
Wenig später berichtete ein Hausierer, der von Ort zu Ort zog, daß er einige Meilen außerhalb von Prominence einen Toten gefunden hatte. Der Mann war am Ast einer Eiche aufgehängt worden.
Es dauerte nicht lange, bis man herausfand, daß es sich bei dem Toten um den Bezirksrichter handelte, der auf dem Weg in die Stadt gewesen war, um die Gerichtsverhandlung abzuhalten.
9
Vier Tage lang gelang es Aislinn, Shay die Nachricht vom Tod des Bezirksrichters zu verheimlichen. Die meiste Zeit hatte der Marshall geschlafen und zwischendurch ergeben die Kraftbrühe gelöffelt, die Aislinn und Dorrie ihm abwechselnd eingeflößt hatten. Er hatte Aislinn in seinen wachen Stunden gebeten, ihm laut aus dem Tagebuch seiner Mutter vorzulesen, das diese während des Trecks geführt hatte. Shay hatte Aislinn zugehört, aber sein Blick war in weite Feme gewandert.
Sie war froh gewesen, daß er sie nicht angesehen hatte, denn während sie Mattie Killigrews Geschichte vorlas, als sie von den Hoffnungen und Träumen dieser jungen Frau erfahren hatte, von ihrer Schwangerschaft und ihrem schrecklichen Ende, waren Aislinn manchmal die Tränen gekommen. Sie hatte sie heimlich wegwischen können, ohne daß Shay es bemerkt hatte.
Am fünften Tag erschien Tristan zu seinem üblichen Besuch, den er jeden Morgen machte. Er trug den Marshall ste rn und sah Shay so ähnlich, daß Aislinn sich nicht wunderte, daß immer noch viele Leute in der Stadt rätselten, wer eigentlich wer war. Einige behaupteten sogar, daß es drei Brüder gab, die alle gleich aussahen. Über diese Theorie freuten sich besonders die unverheirateten Frauen der Stadt - und aus diesem Grund bewachte Aislinn auch eifersüchtig die Tür zu Shays Krankenzimmer.
Tristan lächelte Aislinn beim Eintreten entschuldigend an, zog sich einen Stuhl ans Bett, drehte ihn um und setzte sich rittlings darauf, wobei er wie üblich die Arme auf der Lehne abstützte. »Morgen«, begrüßte er seinen Bruder mit einem freundlichen Kopfnicken.
Aislinn knetete die Hände ineinander und hielt den Atem an. Sie wusste , daß Shay noch mehr Zeit brauchte, um sich zu erholen und um seine Verletzungen auszukurieren, die er bei der letzten Begegnung mit der Powder- Creek-Bande erlitten hatte. Aber sie wusste auch, daß Shay McQuillan als U. S.- Marshall eingeschworen war - und daß er seine Pflicht erfüllen muss te. Sie konnten ihm nicht länger die Wahrheit verschweigen, das hätte er weder ihr noch Tristan je verziehen.
Mit zwei Kissen im Rücken saß Shay halb aufrecht im Bett. Die Brust war noch bandagiert, aber er trug kein Hemd. Er hatte zwar noch ein paar Schrammen im Gesicht - ein paar Narben würde er wohl für den Rest seines Lebens zurückbehalten -, doch er konnte sich schon fast wieder schmerzfrei bewegen. »Morgen«, erwiderte er gut- gelaunt. »Der Stern steht dir wirklich gut. Ich überlege ernsthaft, ob ich ihn dir nicht dauerhaft verleihen soll.«
»Sicher ist so ein Stern eine feine Sache«, meinte Tristan gedehnt. »Aber wer ihn trägt, muss auch das Gesetz vertreten - und dafür bin ich nicht geschaffen.«
Aislinn biß sich auf die Unterlippe. Es fiel ihr schwer, ruhig zu
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