Leidenschaft, die nie vergeht (German Edition)
antwortete Serina ganz heiser.
„Und wenn man bedenkt, dass er jetzt keine Konzerte mehr geben kann! Mir sind fast die Tränen gekommen, als ich das von dem Unfall hörte. Aber was er gemacht hat, war echt mutig.“
„Ja“, pflichtete Serina ihrer Tochter ein weiteres Mal bei, diesmal mit etwas festerer Stimme. „Sehr mutig.“
Was auch stimmte. Irgendwann kurz nach dem Tod seiner Mutter war er spät nachts zu Fuß in der Londoner Innenstadt unterwegs gewesen, als ein vorbeifahrender Wagen aus der Kurve geschleudert wurde. Das Auto war mit hoher Geschwindigkeit gegen eine Mauer geprallt und prompt in Flammen aufgegangen. Nicolas war zur Unfallstelle gerannt und hatte die bewusstlose Fahrerin aus dem Wagen befreit. Die Frau war bereits in Sicherheit gewesen, als er das Baby schreien hörte. Die Rettung des Säuglings, der in seinem Kindersitz festgeschnallt war, hatte einige Zeit in Anspruch genommen. Dabei hatte er sich beide Hände verbrannt, die linke Hand so schlimm, dass der Daumen amputiert werden musste.
Die Sache, von den Medien damals breit ausgeschlachtet, war Serina schrecklich nahegegangen. Greg, der sie schluchzend im Schlafzimmer angetroffen hatte, hatte angenommen, dass sie weinte, weil sie nicht schwanger wurde, und sie hatte ihn in dem Glauben gelassen. Wie hätte sie ihm auch erklären sollen, dass sie in Wirklichkeit um Nicolas weinte?
Wieder einmal hatte sie sich schuldig gefühlt, wie so oft im Lauf ihrer Ehe. Das war – falls man das überhaupt so sagen konnte – das einzig Positive an Gregs Tod: Endlich war sie ihre Schuldgefühle los.
Dafür verspürte sie jetzt eine quälende Anspannung.
Zum hundertsten Mal wanderte ihr Blick zu der Uhr an der Wand. Erst Viertel nach zehn. Wenn er mit dem Auto aus Sydney kam, konnte er auf keinen Fall schon in Port sein. Aber vielleicht hatte er ja das Flugzeug genommen. Obwohl sie die Strecke noch nie geflogen war, wusste sie, dass gegen zehn eine Maschine aus Sydney landete. Wenn sie pünktlich war, würde Nicolas alles in allem etwa eine halbe Stunde brauchen, um sein Gepäck zu holen und zu seinem Hotel zu fahren. Was bedeutete, dass sie jederzeit mit seinem Anruf rechnen konnte.
Genau in diesem Moment klingelte das Telefon. Nicht das Festnetztelefon, sondern ihr Handy.
„Bestimmt ist er das!“, rief Allie vom Empfang aus.
„Dann kann er aber nicht mit dem Auto gekommen sein“, wandte Serina ein.
„Natürlich nicht!“, gab Emma ungeduldig von ihrem Schreibtisch aus zurück. „Ein Mann wie er fährt doch so eine lange Strecke nicht mit dem Auto, wenn er besser fliegen kann.“
Die beiden Mädchen waren bestens im Bilde über Nicolas’ Besuch – und über den Mann selbst natürlich ebenso – dank Felicity, die jeden zweiten Tag vorbeischaute, um sie auf dem Laufenden zu halten. Zum Glück waren Allie und Emma zu jung, um mit Serina oder Nicolas auf der Highschool gewesen zu sein, sodass Serina ihre Beziehung zu Nicolas ganz in ihrem Sinne darstellen konnte.
Aber das hielt Allie und Emma nicht davon ab sich auszumalen, wie sich das, was „bloß eine ganz normale Freundschaft“ zwischen Serina und dem berühmten Nicolas Dupre gewesen war, weiterentwickeln könnte, wenn sie sich jetzt wiedersahen. Die beiden hatten es sich nämlich schon seit einer geraumen Weile zur Herzensangelegenheit gemacht, Serina – zumindest verbal – mit jedem halbwegs passablen Junggesellen in Rocky Creek zu verkuppeln. Zum Glück gab es nicht allzu viele Kandidaten. Die meisten Männer in Serinas Alter waren entweder bereits vergeben oder schlicht zu unattraktiv in jeder Hinsicht.
Aber Serina hatte ohnehin kein Interesse. Sie wollte keinen Mann kennenlernen, und erst recht wollte sie nicht noch einmal heiraten. Das behauptete sie zumindest.
Nur dass Allie und Emma ihr nicht glaubten.
„Um Himmels willen, Serina“, sagte Allie. „Jetzt hören Sie schon auf, dieses blöde Handy anzustarren und gehen Sie endlich ran!“
Serina zuckte zusammen, bevor sie ihr Mobiltelefon aufnahm, das summend auf der Schreibtischplatte tanzte.
„Hallo?“, krächzte sie.
„Serina? Bist du das?“
Es war Nicolas. Seine Stimme war unverkennbar, dunkel und geschmeidig wie heiße Schokolade.
Serina, die einen Kloß im Hals hatte, räusperte sich. „Ja, ja, ich bin’s“, fuhr sie fort, in der Hoffnung, so ruhig und selbstbewusst zu klingen wie sonst auch. „Wo bist du denn?“
„In Port Macquarie.“
„Oh, dann bist du also geflogen. Und wo wohnst
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