Leidenschaft, die nie vergeht (German Edition)
gefragt? Irgendetwas wegen ihrer Mutter. Ach ja …
„Mum geht es gut“, sagte sie eilig. „Sie hat die alte Farm verkauft und ist in ein neues Seniorendorf hier ganz in der Nähe gezogen. Sie arbeitet sogar wieder stundenweise in der Firma mit und blüht richtig auf dabei. Das ist gut, weil ich auf diese Weise mehr Zeit mit Felicity verbringen kann.“ Sie fügte nicht hinzu, dass sich das alles erst nach Gregs Tod entwickelt hatte, als sie selbst vor Kummer eine Weile arbeitsunfähig gewesen war.
Sie hatte ihren Mann geliebt. Vielleicht nicht mit derselben Leidenschaft wie Nicolas, aber es war eine aufrichtige und tiefe Zuneigung gewesen.
Gleichwohl musste Serina zugeben, dass sie eine seltsame Erleichterung verspürt hatte, nachdem der erste Schock überwunden und ihre Trauer etwas abgeklungen war. Eine ähnliche Erleichterung hatte wahrscheinlich ihre Mutter nach dem Tod ihres Mannes empfunden. Ihrer Mutter hatte die hoffnungslose Situation so schwer zu schaffen gemacht, während Serina zerfressen gewesen war von Schuldgefühlen.
Nun, da sie verwitwet war, hatte sie geglaubt, dass dieses große Geheimnis, das sie mit sich herumtrug, sicher war.
Bis jetzt …
Was mochte in Nicolas vorgehen, wenn er Felicity am Klavier sah? Das würde spätestens morgen der Fall sein. Zum Glück hatte ihre Tochter noch immer keinerlei äußerliche Ähnlichkeiten mit ihrem leiblichen Vater. Nur am Klavier hatte sie gewisse Eigenarten entwickelt – Eigenarten, die Serina von anderer Seite schmerzlich vertraut waren. Die temperamentvolle Geste, mit der sie die Tasten anschlug, der Schwung, mit dem sie am Ende eines Stücks die Hände in die Luft warf, die eigenwillige Art, wie sie beim Spielen den Kopf neigte …
Nun gut, das war eine Sorge, aber mehr auch nicht.
Gerade als sie anfing, sich langsam zu entspannen, fuhr Nicolas fort: „Könnte dich deine Mum nicht vielleicht heute für ein paar Stunden vertreten?“
„Oh … äh … nein, das geht nicht. Sie muss Mrs Johnson nach Newcastle zu einem Herzspezialisten fahren.“
„Geht es Mrs Johnson nicht gut?“
„Doch, eigentlich sogar erstaunlich gut. Aber sie wird eben nicht jünger. Vor ein paar Wochen wurde ihr plötzlich schwindlig, und da riet Mum ihr, mal ein paar Untersuchungen machen zu lassen. Die beiden werden heute erst spät zurück sein.“
„Ich verstehe. Dann bist du also für den Rest des Tages unabkömmlich?“
„Nein, nein, für ein Weilchen kann ich schon mal verschwinden“, ruderte sie eilig zurück, als sie sah, wie Emma und Allie die Augen verdrehten. „Ich bin ja nicht allein hier im Büro, außerdem ist so kurz vor Weihnachten sowieso nicht viel los.“
„Na prima. Dann schlage ich vor, wir sehen uns in etwa einer Stunde. Ich nehme an, die Holzhandlung ist immer noch am selben Ort, am Ende der Hauptstraße links, hinter der Autowerkstatt.“
„Stimmt.“ Um Serinas Mundwinkel spielte ein Lächeln. Seit Nicolas’ letztem Besuch in Rocky Creek vor zehn Jahren hatte sich der Ort – einschließlich ihrer Firma – mächtig verändert. Sie freute sich schon jetzt auf sein überraschtes Gesicht.
„Aber du hast dich auch verändert“, murmelte sie schon nicht mehr ganz so amüsiert in sich hinein, als sie sich wenig später im Spiegel über dem Waschbecken musterte.
Oberflächlich betrachtet war sie immer noch eine attraktive Frau. Sie hatte kaum zugenommen, und ihr dunkles Haar wies keine Spur von Grau auf. Aber ihre Haut hatte den Glanz der Jugend eingebüßt, in ihren Augenwinkeln nisteten kleine Fältchen. Und jetzt, wo sie ganz genau hinschaute, sah sie, dass die Haut um die Kinnpartie definitiv leicht erschlafft war.
Serina drückte die Handflächen an die Wangen und zog die Haut straff. Die New Yorker Karrierefrauen lösten dieses Problem kurzerhand mit Faceliftings und dem Einsatz von Botox.
Mit einem Seufzer ließ Serina die Hände sinken. Wie albern sie war. Wie eitel. Und das alles nur wegen Nicolas.
Normalerweise trug sie im Büro kaum Make-up, höchstens etwas Wimperntusche und einen Hauch Lippenstift. Heute Morgen aber war sie der Versuchung erlegen und hatte sich sorgfältig geschminkt. Außerdem hatte sie eins von den neuen Kleidern angezogen, die sie sich letztes Wochenende – in Erwartung von Nicolas’ Besuch – in Port Macquarie gekauft hatte.
Einfach nur, weil sie nicht wie ein Landei aussehen wollte, sondern so vorteilhaft wie möglich. Das verlangte ihr weiblicher Stolz.
Mit zitternder Hand zog sie sich
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