Leidenschaft, die nie vergeht (German Edition)
besser ist, wenn ich an dem Wettbewerb erst gar nicht teilnehme.“
„Das ist eine weise Entscheidung“, lobte Serina ihre Tochter.
„Aber ich wollte dich doch so gern spielen hören“, protestierte Nicolas.
„Keine Angst, das werden Sie auch“, versprach Felicity munter. „Aber ich spiele außer Konkurrenz, erst ganz zum Schluss. Und was ich spiele, ist topsecret, ich verrate nur so viel, dass es eine Huldigung an einen Pianisten ist, der leider nicht mehr auftreten kann.“
Serina unterdrückte ein Aufstöhnen. So wie sie ihre Tochter kannte, würde diese wahrscheinlich eins von Nicolas’ Lieblingsstücken spielen, vielleicht sogar die Polonaise von Chopin, die er bei diesem Konzertmitschnitt im Internet gespielt hatte. Der heutige Tag drohte ein schwieriger Balanceakt zu werden, der morgige jedoch ein Albtraum.
„Kommen Sie, Nicolas. Ich will Sie jemandem vorstellen“, sagte Felicity.
„Felicity!“, protestierte Serina. „Du kannst Mr Dupre doch nicht beim Vornamen nennen.“
„Das ist völlig okay, Serina“, mischte Nicolas sich ein.
„Ich finde es aber überhaupt nicht okay“, widersprach Serina heftig. „Meine Tochter muss lernen, älteren Menschen respektvoll zu begegnen.“
„Dann soll sie Mrs Johnson meinetwegen Mrs Johnson nennen, da ist nichts dagegen zu sagen“, konterte Nicolas verärgert. „Aber da ich mich noch nicht als ‚älteren Menschen‘ betrachte, ziehe ich es vor, von ihr Nicolas genannt zu werden. Sprich ruhig weiter, Felicity“, schloss er, und dann nahm er doch tatsächlich Felicitys Hand.
Felicity grinste süffisant, während Serina ihre Tochter am liebsten erwürgt hätte. Und Nicolas gleich mit dazu. Vielleicht war es ja ein Überlebenstrieb, aber plötzlich schlug ihre Stimmung von Verzweiflung in Wut um. Während ihr eben noch vor dem Gedanken, mit ihm essen gehen zu müssen, gegraut hatte, konnte sie es jetzt plötzlich kaum erwarten. Auf diese Weise würde sie wenigstens eine Gelegenheit bekommen, ihm alles an den Kopf zu werfen, was sich im Lauf der Jahre bei ihr angestaut hatte. Ihre Empörung eben war nur die Spitze des Eisbergs. Sie hatte viele Fragen, die ihr schon lange auf den Nägeln brannten. Besonders, warum er nach Beendigung seines Studiums nicht zu ihr zurückgekehrt war, obwohl er sie doch angeblich geliebt hatte.
Die entscheidende Frage aber war, warum er sich nach ihrer letzten leidenschaftlichen Begegnung in der Oper nie bei ihr gemeldet hatte. Warum hatte er ihren Brief nicht einfach ignoriert und hatte um sie gekämpft?
Kein Wunder, dass sie Greg geheiratet hatte.
Die Kiefer fest aufeinander gepresst lief sie hinter der nichts ahnenden Felicity und ihrem ebenso nichts ahnendem Vater den Weg hinunter. Als sie in der Aula angelangt waren, setzte sie ein Lächeln auf, während sie mit wachsendem Groll beobachtete, wie Nicolas im Nu alle Sympathien zuflogen. Das war nicht immer so gewesen.
„Voll cool, der Typ“, sprudelte Felicity irgendwann heraus, als Nicolas sich gerade ein Stück weiter entfernt mit dem Direktor unterhielt. „Und dann sieht er auch noch echt toll aus! Wow! Glaubst du, dass er in New York eine Freundin hat?“
„Wahrscheinlich“, sagte Serina, erstaunt, dass sie diese Möglichkeit noch gar nicht in Betracht gezogen hatte. Und noch erstaunter, wie weh ihr der Gedanke tat.
„Vielleicht ja diese japanische Geigerin“, fuhr Felicity fort. „Sie sieht auch so toll aus. Eigentlich könnte ich ihn doch fragen.“
„Lass dir das bloß nicht einfallen!“, fuhr Serina auf. „Das wäre wirklich sehr unhöflich.“
„Echt, findest du? Na, macht nichts, dann kannst du ihn ja fragen … später beim Essen.“
Serina verdrehte die Augen. „Wie kommst du darauf, dass ich mit ihm essen gehe?“
„Weil Nicolas es gesagt hat.“
„Ich verstehe“, sagte Serina aufseufzend. „Na schön, vielleicht bringe ich ja etwas in Erfahrung. Aber warum interessiert dich das eigentlich?“
Felicity grinste spitzbübisch. „Na ja, angenommen, er hat keine Freundin, dann … also ich dachte mir … dass ihr beide … äh … dass ihr ja dann vielleicht wieder zusammenkommen könntet … ich meine, ihr wart ja schließlich früher auch schon mal zusammen …“
„Um Himmels willen, Felicity, wie oft muss ich dir noch sagen, dass da eigentlich gar nichts war. Wir waren einfach nur befreundet, sonst nichts!“
„Mrs Johnson sagt aber was anderes. Sie behauptet, dass ihr verliebt wart. Und deine Mum sagt, dass du
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