Leidenschaft, die nie vergeht (German Edition)
sie dir nämlich früher schon einen Korb gegeben, und zwar gleich zweimal. Weil sie – anders als du – das Leben in der Kleinstadt liebt. Und weil sie ihre Familie – und Rocky Creek – schon immer mehr geliebt hat als dich.
Doch all diese Erkenntnisse und Überlegungen änderten nichts an seiner Entschlossenheit, sie noch einmal zu verführen. Es war dieselbe Entschlossenheit, mit der er dem Leben und seinen Herausforderungen stets begegnet war. Gut möglich, dass er mit Serina keine Zukunft hatte. Aber er würde Australien nicht verlassen, ohne sie noch ein letztes Mal in den Armen gehalten zu haben, ohne ein letztes Mal diese einzigartige Verbundenheit gespürt zu haben. Das war ihm nie wieder begegnet. Er hatte es nicht vergessen und Serina auch nicht, davon war er überzeugt. Sie wollte es nur nicht zugeben.
Nun, zu gegebener Zeit würde er sie daran erinnern.
Vorher musste er allerdings noch diesen Besuch in der Schule hinter sich bringen.
Nicolas hielt vor dem Schultor und schaute zu dem alten Schild mit der Jahreszahl 1870 auf. So alt war die Grundschule von Rocky Creek schon. Er hatte sie zwar nur ein Jahr lang besucht, aber glücklich war er hier nie gewesen. Damals hatte er noch rebelliert, weil sie aus Sydney weggezogen waren. Irgendwann war er sogar in Hungerstreik getreten. Doch da es niemanden zu interessieren schien, ob er verhungerte, hatte er wieder angefangen zu essen.
Nicolas gehörte nicht zu den Menschen, die allzu lange mit dem Kopf gegen die Wand rannten. Ab einem bestimmten Punkt war es klüger, die Realität zu erkennen und zu akzeptieren. Deshalb hatte er Serina damals auch gehen lassen. Weil er genau wusste, dass jeder Versuch, sie zu halten, zum Scheitern verurteilt war. Und es war nicht allein sein Stolz gewesen, der ihn zu dieser Einsicht gebracht hatte.
Aber es gab Unterschiede. Auch wenn sie ihn nicht als Lebenspartner wollte, konnte sie ihn doch begehren, oder?
Die Hast, mit der sie aus dem Wagen sprang, verriet ihm, dass sie ihr Zusammensein auf engem Raum nicht gleichgültig ertragen konnte.
„Deine Sachen kannst du eigentlich gleich im Auto lassen“, schlug er vor, während die Wagentür ins Schloss fiel.
Er konnte ihr ansehen, wie unbehaglich sie sich fühlte. Sie umklammerte ihre Tasche noch fester und warf ihm einen frostigen Blick zu. „Ich kann mich nicht erinnern, zugestimmt zu haben, mit dir essen zu gehen.“
Konnte es sein, dass es ihm nicht einmal gelang, sie dazu zu überreden? Unvorstellbar. „Meinst du nicht, es könnte seltsam wirken, wenn du mir einen Korb gibst? Emma und Allie würden es bestimmt nicht lustig finden, von Felicity ganz zu schweigen. Wovor hast du Angst, Serina? Dass ich in aller Öffentlichkeit über dich herfalle oder was?“
„Mach dich nicht lächerlich“, fuhr sie ihn an. „Die Zeiten sind längst vorbei. Hier entlang“, fuhr sie kühl fort und marschierte durch das Schultor und einen Weg hinunter, der an dem alten Schulgebäude vorbei zu einem L-förmigen Neubau führte, den man auf dem Gelände des früheren Bolzplatzes errichtet hatte.
Nicolas, der zunehmend frustriert hinter ihr her stapfte, musste widerwillig einräumen, dass die neue Primary School zweifellos ein Gewinn für Rocky Creek war. Der Weg zum Schulhaus und darum herum war überdacht, sodass die Kinder vor Regen ebenso geschützt waren wie vor den sengenden Strahlen der heißen Sommersonne. Die makellos gepflegten Blumenbeete und Rasenflächen wirkten natürlich und lebendig.
„Hübscher Schulgarten“, brummte er.
„Den haben wir auch Gus zu verdanken.“
„Braver Junge.“
„Du brauchst nicht gleich zynisch zu werden.“
„Das war nicht zynisch gemeint“, wehrte sich Nicolas, obwohl er nicht bestreiten konnte, dass sich seine Stimmung in Windeseile verdüsterte.
Serina wirbelte herum, ihre Augen sprühten wütende Blitze. „Hör zu, ich weiß, was du über Rocky Creek denkst. Es steht dir quer über deine arrogante Stirn geschrieben. Egal wie gut sich die Stadt auch entwickelt, für dich wird sie immer finsterste Provinz bleiben, wo es in deinen Augen nichts, aber auch gar nichts Interessantes gibt. Womit du natürlich recht hast. Es gibt hier kein Opernhaus und nur ein kleines Theater, und Luxusvillen, in denen Prominente und Superreiche ihre dekadenten Spielchen treiben, haben wir auch nicht. Außerdem fehlen uns teure Kunstgalerien, spektakuläre Museen und schnurgerade Straßen, auf denen man mit überzüchteten Motoren protzen kann.
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