Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leidenschaft in den Highlands

Leidenschaft in den Highlands

Titel: Leidenschaft in den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
Vom Netzwerk:
Halt geben, den sie benötigte, um über Vaters Tod hinwegzukommen. Sicherlich würde es einige Zeit brauchen. Aber mit einem Mann wie ihm an ihrer Seite und der Aussicht auf baldiges Mutterglück hatte sie genügend Säulen, die sie stützten.
    In ihrem eigenen Leben ging es um ganz andere Dinge. Um Politik, um Krieg, um Besitz. Niemals um Liebe. Es ging darum, sich zu behaupten, Macht auszuüben und zu führen, Vertrauen und Respekt zu gewinnen – was sich als deutlich schwieriger erwies, als sie angenommen hatte.
    »Sie beraten, wer der neue Chief wird«, sagte Avery gedankenverloren. Ann legte sich neben sie ins Bett, wie früher, wenn sie nachts Angst vor einem Gewitter hatten, das draußen tobte.
    Für Avery war es seltsam, diesen kleinen, zarten Frauenkörper, der trotz des Schwangerenbauches zerbrechlich wirkte, an ihrem zu spüren. Es erinnerte sie daran, wie wenig Weiblichkeit sie selbst ausstrahlte.
    Als sie zuletzt gemeinsam in einem Bett gelegen hatten, war der Größenunterschied geringer gewesen. Irgendwann in ihren Jugendjahren hatte Avery einen mächtigen Wachstumsschub bekommen, während Ann klein und fraulich geblieben war. Allein die feinen Glieder ihrer Finger sahen gegen Averys Hände, die eher an die eines Holzfällers erinnerten, bezaubernd elegant aus.
    »Und du denkst, sie werden sich für Amus entscheiden?«, fragte Ann behutsam.
    Avery antwortete, ohne lange zu überlegen. »Er wird alles daransetzen, dass sie es tun. Die Chieftains denken, ich verstünde nichts von Politik. Das Schlimme ist:Ich fürchte, dass sie nicht ganz unrecht haben.«
    »Wieso sagst du so etwas? Athair hat dich unterwiesen. Oft genug habt ihr euch beraten, bevor er seine Entscheidungen öffentlich machte.«
    »Das meine ich nicht. Ich fürchte, dass sich der Clan spaltet und Blut vergossen wird. Und das ist meine Schuld. Ich habe sie so weit getrieben. Viele Männer stehen hinter Amus, aber einige auch hinter Athair und mir. Ich weiß nicht, wie ich sie wieder einen könnte. Das Schlimme ist: Je mehr Zwietracht innerhalb des Clans herrscht, desto leichteres Spiel haben unsere Feinde.«
    Ann strich Avery eine feuchte rotgoldene Strähne aus dem Gesicht. »Das wäre schrecklich. Athair war immer derjenige, der alles zusammenhielt. Gab es Streit unter den Männern, rief man ihn, um zu schlichten. Er war ein Meister darin, Frieden zu schaffen. Gott hab ihn selig, er wäre sehr enttäuscht, wenn sich seine Mannen gegenseitig umbringen würden.«
    Avery atmete tief ein. Sie konnte sich sehr gut vorstellen, dass die Entwicklung ihrem Vater missfallen hätte. Umso schuldiger fühlte sie sich, weil sie der Grund für den Streit war. »Wenn es so weitergeht, wird genau das geschehen. Ich sollte meine Ansprüche zurückstellen.«
    »Nay, Ave. Das wäre ganz falsch. Athair hätte das nicht gewollt.«
    »Er hätte auch nicht gewollt, dass der Clan an der Führungsfrage zerbricht.«
    Die Schwestern schwiegen. Ann seufzte schwermütig und schmiegte ihren Kopf an ihre Brust, während Avery Anns braune Locke um ihren Zeigefinger wickelte. »Ich wünschte, ich könnte noch einmal mit Athair sprechen und ihn um Rat bitten. Meine größte Sorge ist MacCallen. Er könnte uns spielend zerschlagen, wenn wir uns nicht organisieren.«
    »Die Chieftains sind keine Narren. Sie werden es nicht so weit kommen lassen. Und sie werden Amus rasch durchschauen und sich besinnen. Glaube mir das.Ich verstehe zwar viel weniger von der Politik als du, aber ich habe einen gesunden Menschenverstand. Männer spielen sich gern auf. Am Ende, wenn sie sich genügend beschimpft und bedroht haben, beruhigen sie sich wieder und saufen ein Ale zusammen. Du wirst es sehen.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr.«
    »Oh, mir genügt es schon, wenn meine klugen Worte in deinem Ohr ankommen.«
    Avery lachte leise. Ann hatte die Fähigkeit, sie aufzuheitern, völlig gleich, wie niedergedrückt ihre Stimmung war.
    »Weißt du, woran ich gerade denken muss?«
    Avery schüttelte den Kopf und sah ihre Schwester neugierig an.
    »An den Sommer in den Bergen. Athair ging mit uns jeden Tag dorthin. Er hat nur dich und mich mitgenommen. Anola war noch zu klein. Während ich Blumen gepflückt und Kränze geflochten habe, habe ich eure Kämpfe beobachtet. Er hatte dir dieses Kinderschwert anfertigen lassen, mit dem du noch Jahre später trainiert hast. Damals war es aber etwas zu groß für dich. Trotzdem hast du es geschafft, es zu benutzen, ohne vornüberzufallen. Athair hatte dir

Weitere Kostenlose Bücher